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Gil Ofarims Anwälte wollen Prozess kippen: "Zulassung der Anklage unwirksam"


Zweiter Befangenheitsantrag
Ofarim-Anwälte: "Zulassung der Anklage unwirksam"

Von t-online, anra

Aktualisiert am 27.09.2022Lesedauer: 3 Min.
Gil Ofarim (Archivfoto): Die Anwälte des Musikers stellten nun bereits einen zweiten Befangenheitsantrag gegen einen Richter am Landgericht Leipzig.Vergrößern des Bildes
Gil Ofarim (Archivfoto): Die Anwälte des Musikers stellten nun bereits einen zweiten Befangenheitsantrag gegen einen Richter am Landgericht Leipzig. (Quelle: Eventpress Golejewski)

Die Anwälte des Sängers Gil Ofarim haben einen zweiten Befangenheitsantrag gegen einen Richter in Leipzig gestellt. Können sie den Prozessstart damit verhindern?

"Nichtigkeit des Eröffnungsbeschlusses/Unwirksamkeit der Zulassung der Anklage!", so überschreiben die Anwälte des Sängers Gil Ofarim eine Nachricht, die sie am Montagmittag veröffentlichten.

Sie teilen darin mit, dass sie einen weiteren Befangenheitsantrag gegen den Vorsitzenden Richter im kommenden Strafprozess gegen Ofarim vor dem Landgericht Leipzig gestellt haben.

Leipzig: Befangenheitsantrag kann den Prozessstart verzögern

Dies bestätigt Markus Hennig, einer der Anwälte des Sängers, im Gespräch mit t-online. "Wenn unserem Antrag stattgegeben wird, hätte das zur Konsequenz, dass der Eröffnungsbescheid unwirksam wäre", sagt er t-online. Das würde bedeuten, dass der Prozess gegen Gil Ofarim höchstwahrscheinlich nicht wie angekündigt am 24. Oktober starten könnte.

In diesem zweiten Befangenheitsantrag geht es um die öffentliche Ankündigung des Landgerichtes zum Prozessstart im Oktober. Diese war am 21. September erfolgt, den Anwälten sei sie aber nicht rechtzeitig zugestellt worden, sodass Ofarim und seine Anwälte von der Zulassung und Eröffnung des Prozesses aus den Medien erfuhren.

Wie die "Jüdische Allgemeine" am Sonntag berichtete, habe das Landgericht Leipzig dazu erklärt: "Nach den hier getroffenen Feststellungen hatten die Verteidiger vor Herausgabe der Pressemitteilung den Eröffnungsbeschluss erhalten."

"Ich kann da nur mit dem Kopf schütteln", sagt Anwalt Hennig. "Das stimmt einfach nicht." Auf die Frage, ob es üblich sei, dass die Verteidiger von der Eröffnung eines Hauptverfahrens erfahren, bevor das Landgericht eine Pressemitteilung herausgibt, sagt Henning: "In einem Rechtsstaat schon, ja."

Ofarim-Anwälte: "Richter versucht, den Angeklagten bloßzustellen"

Er und seine Kollegen meinen darum, dass die Eröffnung des Prozesses "rechtswidrig" sei. Und über den Ofarim-Richter: "Es besteht der begründete Verdacht, dass der Vorsitzende versucht, den Angeklagten in der Öffentlichkeit bloßzustellen." Darauf begründen sie ihren zweiten Befangenheitsantrag.

Bereits Mitte August warfen die Ofarim-Verteidiger dem Vorsitzenden Richter Jens Kaden Befangenheit vor und stellten einen entsprechenden ersten Antrag.

Der Richter soll in einem Vorgespräch geäußert haben, "er selbst könne sich den von Herrn Ofarim behaupteten Geschehensablauf schwer vorstellen", sagten sie damals der "Bild"-Zeitung. In Leipzig gebe es "bekanntermaßen kein erhebliches Problem mit Antisemitismus" soll der Richter weiter gesagt haben.

In einem "zweiten Statement" des Richters, schreiben die Anwälte jetzt, habe dieser "sinngemäß geäußert, sich in einem hochklassigen Hotel Antisemitismus schwer vorstellen zu können."

Ofarims Anwälte schließen daraus: "Mit dieser Aussage hat der Vorsitzende Richter aus objektiver Sicht bereits vor Prozessbeginn eine voreingenommene Meinung gebildet." Dies würde die Voraussetzung für eine tatsächliche Befangenheit erfüllen.

"Eine solche Aussage wäre vergleichbar dem Fall, dass eine Frau behauptet, Opfer sexueller Belästigung in einem Hotel geworden zu sein und der zuständige Richter bereits im Vorfeld äußern würde, dass er sich dies aufgrund der Preisklasse des Hotels nicht vorstellen könne?!"

Ofarim-Anwälte: "Hauptverfahren juristisch noch nicht eröffnet"

Dass die in der letzten Woche bekannt gegebene Zulassung der Anklage unter Mitwirkung eben dieses Richter erfolgt sei, kann für die Verteidiger nur eins bedeuten: "Das Hauptverfahren gilt juristisch weiterhin als noch nicht eröffnet!", schreiben sie.

Bisher hätte das Gericht den Ofarim-Anwälten Mitteilungen per Fax zukommen lassen, schreiben diese. Im Fall der Prozesseröffnung sei ihnen die Mitteilung des Gerichtes aber per Post zugestellt worden und erst zwei Tage nach der Veröffentlichung der Pressemitteilung des Landgerichtes bei ihnen eingetroffen.

"Dem Vorsitzenden Richter muss daher bewusst gewesen sein, dass der Angeklagte dem zu erwartenden Ansturm an Presseanfragen unvorbereitet und überrascht gegenüberstehen würde", meinen die Ofarim-Anwälte.

"Dem Vorsitzenden Richter war auch klar, dass dies bei dem Angeklagten zu für ihn möglicherweise ungünstigen Reaktionen sowohl im Hinblick auf das Verfahren als auch im Hinblick auf die Öffentlichkeit führen kann", schreiben sie weiter.

Das Landgericht Leipzig hat nun also mit einem neuen Befangenheitsantrag gegen seinen Vorsitzenden Richter zu kämpfen. Die Pressestelle des Landgerichtes war für t-online am Montag über Stunden nicht erreichbar.

Jetzt muss das Landgericht Leipzig, so ist es üblich, selbst feststellen, ob die subjektive Besorgnis der Anwälte über die Parteilichkeit des Ofarim-Richters auch objektiv begründet werden kann. Sollte dies der Fall sein, scheidet der Richter aus dem Prozess aus und wird von einem anderen Richter ersetzt.

Für Gil Ofarim würde das bedeuten, dass der Prozess gegen ihn mit hoher Wahrscheinlichkeit später als angekündigt beginnen würde.

Verwendete Quellen
  • Telefonat mit Rechtsanwalt Markus Hennig
  • Mitteilung der Ofarim-Anwälte per Mail
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