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Zum journalistischen Leitbild von t-online.Weniger PCR-Tests geplant Tausende Eltern fordern altes Testverfahren an Grundschulen
Grundschulen in NRW galten aufgrund eines PCR-Testverfahrens bislang als Vorreiter. Doch nun soll das System geändert werden. Zahlreiche Eltern protestieren in einem Brandbrief.
"Gerade bei der Altersgruppe, in der so viele nicht geimpft sind, wird auf PCR-Tests verzichtet. Das ist nicht hinnehmbar", sagt Nathalie Binz von der Stadtschulpflegschaft Köln. Sie hat im Auftrag der Autorinnen einen Protestbrief an die Landesregierung gesandt. Darunter stehen die Unterschriften von mehr als 5.000 Eltern, die sich binnen kürzester Zeit zur Unterstützung gemeldet haben. Die Veränderung der Teststrategie an den Grundschulen hat im bevölkerungsreichsten Bundesland für Aufregung gesorgt.
Bislang lief die zweimalige wöchentliche Testung so ab: Alle Schülerinnen und Schüler einer Klasse gaben mittels Lollitest Proben ab. Ein Teil des Probenmaterials wurde dann gesammelt und im sogenannten Pool-Verfahren getestet. Fiel das Ergebnis positiv aus, wurde erneut jeder einzelne Schüler mittels PCR-Test getestet, um herauszufinden, wer genau Corona hat.
Schulministerin Gebauer hatte vor wenigen Tagen wegen mangelnder Testkapazitäten diesen Schritt verändert – nun sollen nach einem positiven Pool-Test am nächsten Tag alle Schüler mit einem Schnelltest nachgetestet werden.
Doch ob das gerade mit Blick auf die Omikron-Variante ausreicht, ist umstritten. PCR-Tests können Omikron in der Regel bereits Tage vorher erkennen. Im schlimmsten Falle, so befürchten es die Eltern, bedeutete das: Der Pool-Test fällt positiv aus, bei der anschließenden Schnelltestung wird aber kein positiver Schüler entdeckt. Die Konsequenz: Die Schüler gehen so lange wie gewohnt zur Schule, bis der Infizierte entdeckt wird – und währenddessen weitere Klassenkameraden anstecken kann.
Kölner Mutter: Schnelltests für Grundschüler "ungeeignet"
Die Eltern machen sich daher Sorgen. Bis ein infiziertes Kind entdeckt wird, können Tage vergehen. So lange müssen sich die Kinder täglich testen. Für Eltern und Lehrer sind diese Selbsttests ein "gigantischer Aufwand". Für Grundschulkinder bedeute das jeden Morgen Stress. Außerdem bezweifeln die Eltern, dass die Kinder die Tests richtig durchführen. Nathalie Binz hält die Testkits für Grundschulkinder für ungeeignet.
"Die Fläschchen mit der Testflüssigkeit sind sehr schwer zu öffnen. Meistens braucht man dafür eine Schere. Das stelle ich mir bei Grundschülern schwierig vor", sagt die Mutter verärgert. Ist dann ein Kind positiv, wird es vor versammelter Mannschaft bloßgestellt, fürchtet sie. Anschließend müsse es schnellstmöglich von der Schule abgeholt werden. Das sei ein enormer psychosozialer Druck für Eltern und Kinder, sagt Binz.
"Das Infektionsgeschehen findet in den Schulen statt"
Zusätzlich hält die Mutter auch die Gesundheitsgefahren für nicht unerheblich. "Das PIMS-Syndrom und Long Covid kann auch Kinder treffen. Die Behauptung, Schulen seien sichere Orte und keine Pandemietreiber stimmt im Augenblick nicht mehr. Das Infektionsgeschehen findet im Moment hauptsächlich in Schulen statt", so Binz.
Ein Schutz vor Infektion könne in der aktuellen Situation nicht gewährleistet werden. Abstand halten, ausreichende Lüftung sowie Kontaktnachverfolgung seien zurzeit nicht möglich.
Eltern fordern Rückkehr zur alten Teststrategie
Die Änderung der Teststruktur sei ein Schlag ins Gesicht der vielen Eltern, Kinder und Lehrkräfte, die sich an jegliche Maßnahmen halten, heißt es in dem Brief der Eltern. Des Weiteren prangern die Unterzeichner die katastrophalen emotionalen Konsequenzen der Isolierung der Kinder an und machen Ministerpräsident Wüst, Schulministerin Gebauer und Gesundheitsminister Laumann für eine weitere Zunahme der Ängste unter den Kindern verantwortlich.
Gefordert wird daher die Rückkehr zur alten Teststrategie. Binz' Idee: "Wenn man die sensiblen Bereiche wie Krankenhäuser und Pflegeheime mit PCR-Tests versorgt hat und es noch Kapazitäten gibt, sollten diese den Grundschulen zur Verfügung gestellt werden“, wünscht sich die Mutter.
- Elternbrief an die Landesregierung NRW
- Gespräch mit Nathalie Binz