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Zum journalistischen Leitbild von t-online.Eigentor, Siegtor, Genugtuung 1. FC Köln: Kilian ist mehr als nur ein "Holzfuß"
Der 1. FC Köln erlebt 90 denkwürdige Minuten gegen den 1. FSV Mainz 05. Insbesondere Siegtorschütze Luca Kilian schrieb ein besonderes Kapitel.
Als Luca Kilian in der 82. Minute den Ball aus kurzer Distanz über die Linie drückte, bebte Müngersdorf. Der Siegtorschütze zum 3:2 für den 1. FC Köln schrie seine Freude über seinen ersten Bundesliga-Treffer heraus, rannte wie von Sinnen in Richtung Eckfahne und ließ sich von Mitspielern wie Fans gleichermaßen feiern. Kilians Tor war der Höhepunkt eines fulminanten Nachmittags.
Begonnen hatte alles mit einer eindrucksvollen Choreografie der aktiven Fanszene, die erstmals seit über 25 Monaten wieder geschlossen ins Stadion gekommen war. Die Hans-Schäfer-Südkurve verschwand in den Minuten vor dem Anpfiff hinter einer riesigen Szenerie aus Rot und Weiß, alles unter dem Motto: "Heute mit allen meinen Freunden feiern, bis es kein Morgen gibt." Dass es tatsächlich etwas zu feiern gab, dafür sorgte Kilian.
1. FC Köln: Die perfekte Inszenierung eines Fußballspiels
Der Fußballgott hätte den Verlauf des Spiels nicht passender orchestrieren können. Die emotionale Choreografie der Fans zum Anpfiff, die zunächst schwache Kölner Leistung und ein 0:2-Rückstand – auch wegen eines Eigentors von Kilian zum 0:1. Ein Dreifach-Wechsel durch Steffen Baumgart nach 58 Minuten und eine furiose Aufholjagd mit drei Toren zwischen der 60. und 82. Minute, gekrönt durch das erste Bundesliga-Tor von Luca Kilian – und das ausgerechnet gegen dessen Ex-Klub, den 1. FSV Mainz 05.
Nach dem Schlusspfiff rannte Kilian in die Arme von Assistenztrainer Kevin McKenna, mit dem er in den vergangenen Wochen an seiner Offensivstärke bei Kölns Standards gearbeitet hatte. Steffen Baumgart riss die Arme in die Höhe und vergaß zumindest für einen Moment die vielen Fehler, die seine Mannschaft in der ersten Stunde der Partie gemacht hatte. Die Fans feierten erst die Mannschaft, später einzelne Spieler und schließlich natürlich den Trainer. Und dieser Trainer sprach hinterher offen über den Torschützen.
"Holzfuß" Kilian betreibt Werbung in eigener Sache
"Holzfuß bleibt Holzfuß", sagte der FC-Coach über Kilian. Dieses Wort war zuletzt im Training gefallen, als der 22-Jährige im Torschusstraining einen frechen Lupfer versucht hatte. Baumgart hatte Kilian daraufhin im Scherz als "Holzfuß" tituliert, und am Samstag stellte er klar, dass das Siegtor an seiner Meinung nichts ändern werde. "Für heute freuen wir uns mit ihm. Ich schulde ihm und der Mannschaft ein Essen. Aber Holzfuß bleibt Holzfuß."
Baumgart muss also seine Wettschulden an den Bundesliga-Tor-Debütanten einlösen. Kilian derweil verfolgte mit dem Tor auch ein sehr persönliches Ziel: Er will beim 1. FC Köln bleiben und nicht zurück nach Mainz. Dafür müssen die Geißböcke die Kaufoption in Höhe von zwei Millionen Euro ziehen.
Doch können sich die Kölner diese leisten? Mit nun fünf Punkten Vorsprung auf Mainz und 43 Zählern nach 29 Spielen liegt der FC weiter in Reichweite zu den Europa-Rängen. Nicht nur Kilian weiß: Sollte Köln es tatsächlich nach Europa schaffen, stünden die Chancen für einen Kilian-Verbleib beim FC gut. Insofern war der Treffer gegen seinen eigentlichen Klub am Samstag auch Werbung in eigener Sache.
- Eigene Recherchen und Beobachtungen des GEISSBLOG