Mehr als 150 Journalistinnen und Journalisten berichten rund um die Uhr für Sie über das Geschehen in Deutschland und der Welt.
Zum journalistischen Leitbild von t-online.Hotel-Öffnungen in Kiel Gäste trauen sich langsam wieder in die Hotels
Lange haben die Hoteliers in Kiel auf diesen Tag gewartet. Jetzt dürfen sie wieder Urlaubsgäste empfangen. Die Buchungszahlen gehen hoch, sind aber noch weit vom Normalniveau entfernt.
Das kann man wohl glückliches Timing nennen. Seit nicht einmal einem Monat ist das neue Hotel "Hampton by Hilton" am Exerzierplatz in Kiel fertig. Die ursprünglich für Anfang Mai geplante Eröffnung musste nur ein klein wenig verschoben werden, um pünktlich auf den 17. Mai zu fallen – den Tag, auf den die Hotelbetreiber in Kiel wie überall im Land seit Monaten gewartet haben.
Denn seit heute dürfen Beherbergungsbetriebe in Schleswig-Holstein wieder Gäste empfangen – sofern diese genesen, geimpft oder getestet sind. Touristen aus anderen Bundesländern müssen sich zusätzlich alle drei Tage auf Corona testen lassen. Damit hat die Landesregierung die für Modellregionen geltenden Regeln auf das gesamte Bundesland ausgeweitet.
Die Betten füllen sich langsam
Dass das "Hampton by Hilton" mit dem Termin Glück gehabt hatte, sieht auch der Direktor Dennis Maier so. "Aber ich glaube, alle Hoteliers in Schleswig-Holstein sind froh, dass es jetzt vorangeht." Auch mit der Reaktion der Kundschaft sei er den Umständen entsprechend zufrieden. "Wie wir es von den Gästen telefonisch mitbekommen, ist der Bedarf da, endlich wieder rauszugehen – was für uns natürlich erfreulich ist." Coronabedingt seien zwar noch viele der insgesamt 208 Zimmer frei. "Aber man sieht einen Trend. Seit Herr Günther die Öffnungen bekannt gegeben hat, bekommen wir sehr viel mehr Buchungen. Die Nachfrage steigt", sagt Maier.
Ähnlich sieht es beim "Atlantic Hotel Kiel" nahe dem Hauptbahnhof aus. Der 187-Zimmer-Betrieb ist stark auf Geschäftsreisende ausgelegt und konnte deshalb schon vor der großen Öffnung entsprechende Gäste bewirten. Allerdings reichte das gerade mal für eine Auslastung von knapp unter 20 Prozent. In Vor-Corona-Zeiten waren es laut Sprecher Holger Römer durchschnittlich 70 Prozent. Auch der Wegfall der Städtereisenden, die zweite große Zielgruppe des Hotels, war deutlich zu spüren.
"Gott sei Dank können wir jetzt auch wieder Touristen und Urlaubsreisende empfangen", sagt Römer erleichtert. "Die Nachfrage ist deutlich gestiegen. Es kommen vermehrt Anfragen und Buchungen, aber das normale Niveau ist noch nicht erreicht."
Hotels spüren den Wegfall der Kieler Woche
Dass die Zahl der Buchungen noch überschaubar ist, liegt laut Römer auch am Wegfall der Kieler Woche und anderer Großveranstaltungen. Die Kieler Woche, die 2019 über drei Millionen Besucher anlockte, findet für gewöhnlich im Juni statt, wurde aber für dieses Jahr wegen Corona in den September verschoben.
Stefan Scholtis, Hauptgeschäftsführer des Hotel- und Gaststättenverbandes Schleswig-Holstein (Dehoga-SH), bestätigt Römers Einschätzung: "Gerade in Kiel leben die Hotels von den Großveranstaltungen. Zur KiWo waren die Betriebe sonst 14 Tage definitiv ausgelastet. Der erneute Wegfall hat für die Kieler Hotellerie natürlich sehr negative Folgen."
Ein Lichtblick dagegen sind die Kreuzfahrtschiffe, die ab dem kommenden Pfingstwochenende wieder auslaufen dürfen – unter Voraussetzung von Corona-Tests und strengen Hygienevorschriften an Bord. "Das macht sich tatsächlich bemerkbar", sagt "Hampton by Hilton"-Direktor Dennis Maier. "Auch von dieser Seite haben wir schon viele Nachfragen."
"In der Vergangenheit hatten wir im Jahr ungefähr 800.000 Gäste aus Kreuzfahrten in Kiel", sagt Stefan Scholtis vom Dehoga-SH. Von dieser Zahl sei man dieses Jahr allerdings weit entfernt. "Je mehr Kreuzfahrtgäste kommen, umso mehr können die Hotels davon profitieren. Aber im Moment ist da noch zu wenig."
Zuversicht in der Branche
Die Hotelbetreiber zeigen sich dennoch zuversichtlich. "Man merkt ja, dass die Menschen wieder reisen möchten", sagt "Atlantic"-Sprecher Holger Römer. "Das wird sich auch auf die Städtereisenden auswirken. Die werden, glaube ich, ziemlich schnell wiederkommen. Wir hoffen, dass wir jetzt über kurz oder lang zur alten Auslastung zurückkommen."
Stefan Scholtis vom Dehoga-SH stimmt zu: "Ich denke, wir werden feststellen, dass es relativ schnell einen großen Anschub geben wird. Die Gäste müssen natürlich auch den Willen aufbringen, das Angebot zu nutzen. Das Gastgewerbe ist kein Pandemietreiber. Das muss nur auch in den Köpfen der Gäste ankommen."
Hoffen auf anhaltend niedrige Inzidenzwerte
"Wir hoffen jetzt natürlich auf weitere Lockerungen", sagt Maier. Was nach Meinung aller Hotelbetreiber auf keinen Fall kommen darf, sind erneute Schließungen. Die würden durch die bundesweite Notbremse automatisch eintreten, wenn der Inzidenzwert nicht konstant unter 100 bleibt.
"Die Hotels haben händeringend auf das 'Go' für den 17. Mai gewartet", sagt Stefan Scholtis vom Dehoga-SH. "Es war mehr als notwendig, dass wir nach einer so langen Zeit der Schließung wieder die Möglichkeit bekommen, Gäste zu bewirten und Umsatz zu erwirtschaften. Jetzt darf es keine Diskussion um einen Schritt zurück geben – das wäre fatal."
Die aktuellen Zahlen dürften ihn beruhigen. In Kiel lag die Zahl der Neuinfektionen pro 100.000 Einwohner zuletzt bei 66,5 . "Vor dem Hintergrund zunehmender Impfungen sind wir sehr zuversichtlich, dass wir weder im Tourismus noch im Handel erneut den Rückwärtsgang einlegen müssen", hieß es bereits mit Verkündung der Hotelöffnungen Anfang des Monats von Tourismusminister Bernd Buchholz (FDP).
- Gespräche mit
- Dennis Maier, Direktor "Hampton by Hilton"
- Holger Römer, Sprecher "Atlantic Hotel Kiel"
- Stefan Scholtis, Hauptgeschäftsführer des Hotel- und Gaststättenverbandes Schleswig-Holstein
- RKI