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Zum journalistischen Leitbild von t-online.Kampf gegen Höffner-Bau Demonstranten übergeben 12.000 Unterschriften an OB Kämpfer
Die Kieler Bürger geben nicht auf, eine Strafe für den Verstoß gegen Naturschutzauflagen durch Höffner zu erkämpfen. Dazu zogen sie nun vor die Ratsversammlung.
Wohl mehr als 100 vielfach in grün gekleidete Menschen hatten sich am Donnerstagnachmittag vor dem Kieler Schloss versammelt. Als "menschliche Hecke" waren sie dem Aufruf des "Projekts Grüner Park" gefolgt, um der hier tagenden Ratsversammlung ihren Unmut über die mutmaßlich illegale Umweltzerstörung auf dem Möbel-Höffner-Baugelände am Prüner Schlag deutlich zu machen.
Im Gepäck hatten die Aktivisten die Unterschriftenliste der Online-Petition, in der harte Konsequenzen für den Höffner-Konzern gefordert werden. Mehr als 12.000 Stimmen waren bis zur Übergabe an den eigens anwesenden Oberbürgermeister Ulf Kämpfer zusammengekommen.
OB erwägt Verschärfung von Straf- und Ordnungsrecht
Der Oberbürgermeister nahm die Liste zusammen mit einer Pflanze von dem zerstörten Gelände entgegen. "Es ist gravierend Lebensraum für geschützte Arten zerstört worden", so Kämpfer. "Da bin ich sauer, und da sind zurecht die Anwohner und Naturschützer sauer. Das ist nicht gut für die Stadt, nicht gut für die Natur und nicht gut für das Projekt." Sehr viel Vertrauen sei verloren gegangen, so Kämpfer weiter. "Es wird schwierig sein, das wieder aufzubauen. Ich erwarte, dass sich Möbel Höffner an geltendes Recht und Verträge hält. Und das werden wir, soweit wir können, auch durchsetzen."
Die Stadt selbst hat nach Ansicht des Oberbürgermeisters richtig gehandelt. "Im Moment, als wir von den Störungen erfahren haben, haben wir konsequent reagiert. Ich glaube, es wäre utopisch, dass wir immer und überall bei jeder Baustelle dabeistehen."
Zur Frage, ob Straf- und Ordnungsrecht in Fällen wie diesen ein zahnloser Tiger seien, sagte Kämpfer, man werde über Verschärfungen nachdenken müssen. Zunächst müsse aber erst einmal festgestellt werden, wie groß der entstandene Schaden sei und wo die Schuld liege. "Meiner Erfahrung nach ist immer eher Fahrlässigkeit als böser Wille verantwortlich", so Kämpfer.
Aktivisten fordern Baustopp
Das "Projekt Grüner Park" besteht teils aus Anwohnern des Baustellengeländes sowie Kleingärtnern, deren Schrebergärten für das Möbelhaus weichen mussten. Sie fordern ein Ende des Möbelhauses und stattdessen einen städtischen Naturpark auf dem Gelände. Unterstützt werden sie unter anderem von vom BUND Kiel, Fridays for Future und TKKG.
Geht es nach dem Willen der 12.000 Petitionsunterzeichner, sollen zumindest die Ausgleichsflächen erweitert werden und zudem zeitlich unbefristet bestehen bleiben. "Die Flächen müssen vor dem Investor geschützt werden", so Johanna Brüggemann, die die Petition ins Leben rief, vor dem Kieler Schloss. "Es kann nicht sein, dass wir das Desaster nochmal von vorne haben, wenn wieder Pflegearbeiten an den Ausgleichsflächen anstehen." Wünschenswert wäre nach ihrer Vorstellung zudem ein Zaun um das Gelände, um es vor den Besuchern des Möbelhauses zu schützen.
Die Demonstranten waren am Donnerstag auch deshalb vor Ort, um die Ratsmitglieder dazu aufzufordern, den Anträgen von Linken uns SSW zuzustimmen – was einen sofortigen Baustopp bedeuten würde, bis das Ausmaß des angerichteten Schadens sowie die daraus folgenden Konsequenzen geklärt sind. Die Anträge wurden am 4. Februar bereits im Bauausschuss von der Mehrheit abgelehnt.
Kritik richtet sich auch gegen die Stadt
Die im Raum stehende Ordnungsstrafe für Möbel Höffner in Höhe von 50.000 Euro ist aus Sicht der Demonstranten deutlich zu niedrig. "Ich glaube nicht, dass die das großartig juckt", sagt Brüggemann. "Bei ihrem Jahresumsatz werden die die Strafe bezahlen und weiter nach ihrem Plan vorgehen. Deshalb brauchen wir künftig Vertragsstrafen, die von solchem Verhalten abhalten. Die Stadt Kiel ist da bisher zu blauäugig vorgegangen."
Jannick Klitzschmüller vom "Projekt Grüner Park" hatte die Demonstration angemeldet. Das Verhalten des Möbelkonzerns verurteilt er scharf. "Ich gehe davon aus, dass sie das absichtlich gemacht und die Strafe in Kauf genommen haben." Die Reaktion der Stadt bezeichnet er als unzureichend und zahnlos. "Ich erwarte leider, dass Möbel Höffner mit ihrem Verhalten durchkommen. Ihr Ziel haben sie erreicht: Die Sichtachsen zum Möbelmarkt sind frei."
Ulrike Hunold vom BUND Kiel sagte: "Man sieht ganz deutlich die Macht der Millionäre. Höffner ist sich seiner Sache sicher und meint, sich seine eigene Rechtlichkeit schaffen zu können. Die Stadt schützt nicht die Bürger, sondern die Investoren und versucht, alles unter den Tisch zu kehren."
- Gespräche mit Demonstrierenden in Kiel
- Gespräch mit Ulf Kämpfer