Kieler Problempromenade Ärger über ewigen Bauzaun in Kiel
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Zum journalistischen Leitbild von t-online.Die Kieler Förde ist des Kielers Stolz: Die Promenade entlang des Ostseeufers ist ein touristisches Highlight der Stadt. Doch ein Bauzaun entlang der Kiellinie verschandelt seit mehreren Jahren den Genuss. Die Bewohner sind verärgert. t-online.de-Autor Sven Raschke hat vor Ort mit den Menschen gesprochen.
Kiel ist nicht gerade für sein hübsches Äußeres bekannt. Doch immerhin ist da die Förde. Auf sie kann der Kieler verweisen, hierhin führt er Besuch von außerhalb zuallererst, wenn er ihm die Schokoladenseite seiner Stadt präsentieren will. Doch um einen 500 Meter langen Abschnitt dieses Kieler Stolzes muss er dabei seit mehr als drei Jahren einen Bogen machen. Entlang der Kiellinie verschandelt ein Bauzaun den Blick aufs Wasser.
Auf dem schmalen verbliebenen Abschnitt der Flaniermeile sind die Passanten mittlerweile reichlich genervt. "Ein Schandfleck", heißt es dort. "Es nervt, wenn man als Jogger den Fußgängern in die Quere kommt." Oder: "Ich möchte die Schiffe endlich auch mal wieder ohne Zaun sehen." Eine alteingesessene Kielerin merkt an: "Wenn die Touristen da sind, ist das schon peinlich."
Kieler sind genervter als Besucher
Eva-Maria Zeiske von Kiel-Marketing beschwichtigt: "Bei uns kommen keine Beschwerden an." Die meisten Touristen würden gar nicht so weit nördlich der Förde spazieren. "Mag sein, dass es die Einheimischen mehr stört", so Zeiske.
Grund für die Absperrung sind Unterspülungen. Das Salzwasser der Förde nagt kontinuierlich an der Spundwand und zieht den Sand darunter hervor. Gehwegplatten sanken ein, gefährliche Löcher entstanden. Das passierte nicht über Nacht, das Problem ist seit Jahrzehnten bekannt. Doch unternommen wurde so lange nichts, bis der Abschnitt am Berthold-Beitz-Ufer so marode war, dass er 2016 gesperrt werden musste.
Seitdem ist äußerlich nicht viel passiert. Dafür ist die ewige Baustelle inzwischen Wahlkampfthema.
Altlasten des Zweiten Weltkriegs sind im Weg
"Der Zaun muss weg!", heißt es auf Wahlplakaten der CDU zur Oberbürgermeisterwahl Ende des Monats. Untätigkeit will man sich vonseiten der Stadt jedoch nicht vorwerfen lassen. Die Planungen zur Sanierung laufen bereits seit Jahren, heißt es von dort. Der größte Zeitfresser sind laut Oberbürgermeister Ulf Kämpfer Altlasten aus dem Zweiten Weltkrieg: In Kiels Untergrund schlummern noch immer massenhaft Bomben und Munition. Knapp 1.000 Verdachtspunkte fand man bei der Durchsuchung des Areals. Das machte mehrere Sondierungen notwendig, jede davon musste europaweit ausgeschrieben werden.
Wie geht es weiter?
Die Sondierungen und Räumarbeiten sind laut Stadtsprecher Arne Gloy seit einigen Monaten abgeschlossen. Sie allein können jedoch nicht die mehr als drei Jahre scheinbaren Stillstands erklären. "Da ist auch die Kostenfrage", fasst Gloy zusammen. Nach Schätzungen des Tiefbauamts wird die Sanierung 8,8 Millionen Euro kosten. Um das zu stemmen, ist die finanziell klamme Stadt auf Fördermittel vom Land angewiesen. Das wird nun 90 Prozent der Kosten tragen.
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Mindestens ein Jahr werden Spaziergänger den ungeliebten Zaun noch ertragen müssen. Mit dem Beginn der Bauarbeiten, ursprünglich für diesen Herbst geplant, ist nun Anfang 2020, vielleicht auch erst 2021 zu rechnen. Sie sollen Teil einer umfangreichen Umgestaltung der gesamten Uferpromenade sein. "In der Zeit", so eine Passantin an der Kiellinie, hätte man den Zaun ja wenigstens hübscher machen können. "Mit Efeu zum Beispiel."
- Gespräche vor Ort
- Eigene Recherche