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Wie kommen die Karlsruher in Zukunft auf ihren Turmberg?


Streit um Ausbau
Wie kommen die Karlsruher in Zukunft auf ihren Turmberg?

Von Ariane Lindemann

28.04.2021Lesedauer: 3 Min.
Die Turmbergbahn fährt den Berg hinauf (Archivbild): Das Karlsruher Wahrzeichen ist in die Jahre gekommen.Vergrößern des Bildes
Die Turmbergbahn fährt den Berg hinauf (Archivbild): Das Karlsruher Wahrzeichen ist in die Jahre gekommen. (Quelle: Shotshop/imago-images-bilder)
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Die Turmbergbahn gehört seit über 130 Jahren zu Karlsruhe – und muss saniert und ausgebaut werden. Nur auf welche Weise, darüber scheiden sich die Geister. Eine Nachfrage bei den Anwohnern am Turmberg.

Deutschlands älteste Standseilbahn, die Passagiere seit 1888 mit rund sechs Stundenkilometern auf den Turmberg bringt, ist in die Jahre gekommen. Ihre Betriebserlaubnis läuft zum Herbst 2022 aus. Um die Zukunft der Bahn, die auf den rund 260 Meter hohen Durlacher Hausberg mit Aussichtsterrasse und zahlreichen Wanderwegen führt, wird gerade gerungen. Um den Individualverkehr auf den Turmberg einzudämmen, soll eine neue Bahn barrierefrei direkt an das Straßenbahnnetz angeschlossen und von jetzt 315 Metern Streckenlänge auf insgesamt 500 Meter verlängert werden. Kostenpunkt 21 Millionen Euro.

Die Stadt erwartet rund 60 Prozent Fördermittel vom Staat. Flankiert von einem 1,80 Meter hohen Drahtzaun durchschneidet die Verlängerung damit einen rund 200 Meter langen mittigen Grünstreifen in einer Wohnstraße. Wagen mit Glasdach und waagerechter Stellfläche sollen dann ab 2024 Fahrgäste auf den Hausberg in der Markgrafenstadt bringen. t-online-Reporterin Ariane Lindemann hat bei den Anwohnern nachgefragt, was sie von den Plänen halten.

Wirklich nachhaltig?

Seth Iorio ist Anwohner der Bergbahnstraße, die zur Talstation der Turmbergbahn führt. Er sagt: "Für die Verlängerung der Turmbergbahn wurde nie der CO2-Fußabdruck berechnet. Ebenso wenig wurde eine Besucherbefragung durchgeführt. Man weiß also nicht, ob aufgrund der Verlängerung wirklich weniger Autos fahren. Man weiß auch nicht, ob der CO2-Ausstoß der Bauarbeiten überhaupt durch weniger Autofahrten wieder ausglichen wird. Sicher scheint aber, dass durch die Bautätigkeit viel mehr CO2-Emissionen freigesetzt werden als durch einen E-Bus-Shuttle, der die ökologischere und weniger teure Alternative ist."

Ein wichtiges Argument der Verkehrsbetriebe für die Verlängerung der Turmbergbahn ist die Förderfähigkeit durch das Land bei Anbindung an den ÖPNV. "Es wurde nach wie vor nicht schlüssig dargelegt, welches die Kriterien für einen solchen Anschluss sind. So sind an vielen größeren Bahnhöfen längere Fußstrecken bei einem Umstieg zu bewältigen als die 200 Meter für die geplante Verlängerung", so Anwohner Marcus Gassmann.

"Momentan verkehrt an Wochenenden die Buslinie 29 zwischen Endstation Durlach und der Talstation Turmbergbahn. Diese ÖPNV-Anbindung könnte zum Beispiel bedarfsorientiert durch Ruftaxis unterstützt werden, um zu Stoßzeiten abzufedern." Aber auch über nachhaltigere Lösungen denkt Gassmann nach: "Mittelfristig könnte ein umweltschonender Anschluss über autonom fahrende elektrische Shuttle-Busse erreicht werden. Dies wäre eine deutlich kostengünstigere Alternative zur geplanten Verlängerung."

Mögliche Alternative zum Auto

Viele Anwohner klagen seit Jahren über die Autokolonnen, die vor allem am Wochenende und in den Abendstunden auf den beliebten Hausberg fahren. Auch Anwohnerin Dr. Sonja Klingert befürwortet deshalb eine nachhaltigere Verkehrsführung. "Allerdings stört mich unter anderem, dass die moderne Gestaltung nicht zum Turmberg passt, dessen Bebauung zum größten Teil aus der Gründerzeit stammt." Sie fordert im Rahmen einer Verlängerung eine Mittelstation auf Höhe der jetzigen Talstation, um auch den Bewohnern rund um die Talstation (vor allem auch älteren Menschen) die ÖPNV-Verbindung auf den Turmberg und nach Durlach zu erleichtern.

Um den städtebaulichen Aspekt dieses außergewöhnlichen Straßenzuges als optisches Entree zum Wahrzeichen von Durlach sorgt sich auch Anwohnerin Ulrike Elsen. Vor allem aber fürchtet sie eine Überbelastung der Seitenstraßen durch den Wegfall von Parkplätzen. Nur eines der Häuser in der Bergbahnstraße verfügt über eine eigene Garage, alle anderen Anwohner parken auf der Straße.

"Wohngebiet durchschnitten"

"Mit der Verlängerung der Turmbergbahn wird ein gewachsenes Wohngebiet durchschnitten und dem Durlacher Wahrzeichen das Entree genommen. Zur Sicherung der dann führerlos fahrenden Bahn soll beiderseits eine fast zwei Meter hohe Abgrenzung dienen. Die daraus resultierende Verkehrssituation bedeutet massive Einschränkungen und die Überbelastung einer kleinen Seitenstraße. Die vorgesehene Unterführung an der jetzigen Talstation ist nicht durchdacht. Das Ganze für extrem viel Geld." Auch sieht sie das Ziel einer Reduzierung des Individualverkehrs auf den Turmberg verfehlt: "Weniger Autoverkehr auf dem Weg zum Turmberg wird durch eingeschränktes Parken und Parkverbote deutlich kostengünstiger erreicht."

"Hier geht es nicht nur um die Lebensqualität einer Handvoll Anwohner", betont Carmen Reuter, die ebenfalls am Grünstreifen wohnt. "Eine nachhaltigere Verkehrsführung wäre sicher eine schöne Sache. Ich als Unternehmerin frage mich allerdings, wovon die Stadt das Ganze bezahlen will. Finanzierung der Kombilösung, Stadion-Neubau KSC, Staatstheater, Sanierung von Europahalle und Stadthalle, marode Schulen. Ganz abgesehen von den Steuerausfällen durch Corona. Die Bergbahn-Erweiterung ist deshalb für mich kein Must-Have. Schon gar nicht bei der jetzigen Finanzlage."

Verwendete Quellen
  • Eigene Recherchen
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