Fall wird neu verhandelt Familie ließ kranke Tochter sterben – Gericht hebt Urteil auf
Der Bundesgerichtshof (BGH) hob am Mittwoch ein Urteil aus dem Jahr 2019 auf. Es geht um einen Todesfall in einer Familie aus Mittelhessen. Im ursprünglichen Urteil wurden zwei Bewährungsstrafen und ein Freispruch erteilt.
Der Fall einer kranken jungen Frau mit Downsyndrom, der die Familie beim Sterben zusah, ohne Hilfe zu holen, muss noch einmal neu vor Gericht verhandelt werden. Das Landgericht Limburg habe sein Urteil nicht ausreichend begründet, bemängelten die obersten Strafrichter in Karlsruhe.
Die ebenfalls an Diabetes erkrankte Tochter, die bis dahin stets gefördert und medizinisch versorgt worden war, war 2016 mit 21 Jahren durch Insulin-Mangel gestorben. Am Tag ihres Todes hatte sich ihr Zustand dramatisch verschlechtert. Die Eltern und ihre Schwester riefen jedoch keinen Arzt, sondern versammelten sich am Abend bei der Sterbenden im Wohnzimmer. Die Schwester hielt sie im Arm, als der Atem aussetzte. Erst dann wählte die Familie den Notruf – viel zu spät.
Die Richter am Landgericht, die kein Motiv finden konnten, hatten die Eltern 2019 wegen fahrlässiger Tötung verurteilt, nicht wegen Totschlags durch Unterlassen. Die Schwester, die wegen unterlassener Hilfeleistung angeklagt war, hatten sie freigesprochen.
Dagegen hatte die Staatsanwaltschaft Revision eingelegt. Die Karlsruher BGH-Richter stellten aber auch Rechtsfehler zuungunsten der Eltern fest. Damit ist der Ausgang eines zweiten Prozesses offen. Er soll nicht mehr in Limburg stattfinden, sondern am Landgericht Frankfurt.
Der Vorsitzende Richter Ulrich Franke sagte bei der Urteilsverkündung, das Landgericht habe zwar Indizien aufgezählt, diese aber nicht in der Gesamtschau gewürdigt. Stattdessen werde das Urteil nur mit dem Abstimmungsergebnis im Senat begründet.
Franke sagte, als Straftatbestand komme auch Körperverletzung mit Todesfolge infrage. Bei der Schwester werde zu prüfen sein, ob diese bei der Betreuung und Pflege eine Schutzfunktion übernommen habe, die sie auch unabhängig von den Eltern zum Eingreifen verpflichtet hätte.
- Nachrichtenagentur dpa