Cottbus Energietag beleuchtet Wandel zu Klimafreundlichkeit
Der Hauptsaal der Brandenburgischen Technischen Universität Cottbus-Senftenberg (BTU) hätte voller nicht sein können. Beim Energietag des Wirtschaftsministerium und der Universität stand auch mit Blick auf den Ukraine-Krieg und die derzeitige Energieversorgung die drängende Frage im Fokus, wie eine klimafreundliche Transformation der Wirtschaft gelingen kann. Wirtschaftsminister Jörg Steinbach (SPD) sprach zu Beginn auch gleich Klartext: Die heimische Industrie muss nach seinen Worten damit rechnen, dass sich die Anforderungen zur Reduzierung des CO2-Ausstoßes verschärfen.
Unternehmen sollten sich bereits heute auf steigende Anforderungen einstellen und alle Möglichkeiten der Energieeffizienz, Treibhausgas-reduzierter Technologien und innovativer Fertigungsprozesse nutzen, appellierte der Energieminister am Donnerstag in Cottbus. Es müsse einen Mentalitätswechsel geben.
Die Landesregierung arbeitet derzeit an einem Klimaplan, um Brandenburg bis 2045 klimaneutral zu machen. Noch sei nicht absehbar, welche konkreten Maßnahmen der Klimaplan für die heimische Industrie vorsehe, sagte Steinbach.
Nach Plänen der rot-schwarz-grünen Koalition in Brandenburg soll der Ausbau der Öko-Energien deutlich beschleunigt werden. Die Fraktionen von SPD, CDU und Grünen einigten sich nach Informationen der Deutschen Presse-Agentur auf höhere Ziele für den Ausbau und auf eine Solarpflicht, die zunächst für geeignete öffentliche und gewerbliche Gebäude sowie für Parkplätze gelten soll. In wenigen Bundesländern gibt es bisher eine solche Pflicht - in unterschiedlichem Ausmaß.
Auch die Windkraft wird weiter vorangetrieben. "Bis zum Jahr 2030 sollen mindestens 11,5 GW (Gigawatt) aus Windenergieanlagen als Kapazitätsausbauziel erreicht werden", heißt es in dem Antrag, der der dpa und der "Märkischen Allgemeinen" vorlag. Bisher waren 10,5 Gigawatt als Ziel ausgegeben.
Brandenburg ist Steinbach zufolge in einer "privilegierten" Situation. Das Land habe schon früh auf erneuerbare Energien gesetzt und im vergangenen Jahr 94 Prozent des Stroms daraus gespeist, so Steinbach. Bundesweit seien es 46 Prozent, die in 35 Jahren erreicht worden seien, rechnete er vor. Nun müsse die Transformation "im Zeitraffer" geschafft werden. "Die Lausitz kann ein Schwergewicht werden, um das zu erreichen", betonte der Wirtschaftsminister.
Von der Politik wünsche er sich die notwendige Reform der Netzentgelte, sagte der Wirtschaftsminister. Im Augenblick zahle Brandenburg den höchsten Betrag bundesweit.
Bei der Veranstaltung sprachen auch Vertreter großer Unternehmen in der Region, darunter BASF. "Wir müssen uns vor allem auf das Unbekannte einlassen", sagte der Geschäftsführer des Chemiekonzerns am Standort Schwarzheide, Jürgen Fuchs. Das Unternehmen sei bereits mitten in der Transformation, Geschäftmodelle und Strategien seien im Wandel. Der Chemiekonzern beginnt Fuchs zufolge zum Jahresende mit der Batterieproduktion.
Investiert werde beispielsweise in neue Hochleistungskunststoffe, auch Studien über biobasierte Stoffe würden berücksichtigt. Zudem investiere der Konzern in Schwarzheide sowohl in neue als auch in bestehende Anlagen, um auf erneuerbare Energien umzurüsten. Überdies sei die Modernisierung des standorteigenen Gas- und Dampfkraftwerks abgeschlossen. Dadurch werde der CO2-Ausstoß um 16 Prozent gesenkt, erklärte der Geschäftsführer.
Für die Zukunft brauche es aber Rahmenbedingungen wie die Infrastruktur für Stromnetze, Wasserstoffinfrastruktur sowie schnellere Genehmigungen für Projekte und Vorhaben. Wichtig sei vor allem ein Schulterschluss mit Politik, Wirtschaft und Wissenschaft.
BTU-Präsidentin Gesinde Grande sieht die Uni als Innovationsgeber für den Wandel, die mit Partnern aus Forschenden und Wirtschaft gemeinsam an praxisnahen Lösungen arbeite. "Wir brauchen eine rasend schnelle Transformation der Wirtschaft", sagte Grande. An der Universität würden die Kompetenzen gebündelt.
Hinter dem Uni-Campus soll ein neuer Ort für wirtschaftsorientierte Spitzenforschung entstehen - der Lausitz Science Park. Namhafte Forschungseinrichtungen und Unternehmen haben sich für den Standort zusammengeschlossen, darunter die Fraunhofer-Gesellschaft und das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt.