Regional Kampf gegen Clan-Kriminalität in NRW: Razzien und Festnahmen
Mit einem massiven Polizeiaufgebot ist die Polizei in Nordrhein-Westfalen am Samstag in vielen Städten des Ruhrgebiets gegen Clan-Kriminalität vorgegangen. Bis zum Nachmittag wurden Razzien in Essen, Mülheim, Bochum, Herne, Hattingen, Dortmund und Gelsenkirchen bekannt. Mehrere Hundert Beamte waren im Einsatz, darunter auch Spezialkräfte. Nach Angaben der Polizei Essen waren auch andere Behörden wie Zoll, Steuerfahndung und kommunale Behörden an den Durchsuchungen beteiligt. Bis zum Mittag vollstreckten die Beamten fünf Haftbefehle. Weitere sechs Personen seien vorläufig festgenommen worden, sagte NRW-Innenminister Herbert Reul (CDU) der Deutschen Presse-Agentur. Das Ruhrgebiet gilt als eine Hochburg der Clan-Kriminalität in Deutschland.
"Mit diesen Razzien verfolgen wir vor allem drei Ziele: Erstens erwischen wir Menschen, die sich strafbar gemacht haben, zweitens klären wir Strukturen auf und finden Beweismittel und drittens wollen wir natürlich auch Unruhe stiften", sagte Reul. "Kriminelle Clanmitglieder sollen wissen, dass wir vielleicht morgen oder übermorgen wieder da sind." Laut Reul lief der Einsatz seit den frühen Morgenstunden landesweit, vor allem in Städten und Landkreisen des Ruhrgebiets.
"Dabei nehmen wir ganz gezielt unterschiedliche kriminelle Geschäftsmodelle unter die Lupe", sagte Reul weiter. So wurde in Essen mit Hilfe von Spezialkräften ein 24-Jähriger mit Kontakten ins Clan-Milieu festgenommen, der mit fünf Komplizen Menschen mit überteuerten Monteursleistungen ausgenommen haben soll. Allein im Zusammenhang mit diesem Tatkomplex waren rund 200 Beamte an Durchsuchungen in insgesamt vier Städten beteiligt. In einem anderen Fall in Bochum ging es unter anderem um den Verdacht illegaler Abfallentsorgung und illegalen Schrotthandels. In einem Gewerbegebiet wurden dabei zwei Gebäude durchsucht. Auch dort waren zahlreiche Beamte im Einsatz. In Mülheim standen Barbershops im Fokus.
Die nordrhein-westfälische Landesregierung geht seit einigen Jahren mit einer sogenannten Null-Toleranz-Strategie gegen Clan-Kriminalität vor. Landesweit hat die Polizei 112 türkisch-arabischstämmige Großfamilien im Blick. 2020 ordnete die NRW-Polizei knapp 5800 Straftaten der Clan-Kriminalität zu. Tatverdächtig waren mehr als 3800 Menschen. Bei einem Fünftel der Ermittlungskomplexe im Bereich der Organisierten Kriminalität gibt es laut Landeskriminalamt Bezüge zu Clan-Kriminalität.
Die mutmaßlichen Bandenmitglieder in Essen sollen sich als Schlüsseldienst, Rohrreiniger oder Kammerjäger ausgegeben und im Schnitt 1000 Euro von den Opfern verlangt haben. Da der 24-Jährige der Polizei unter anderem wegen Verstößen gegen das Waffengesetz bekannt war, holten ihn Spezialkräfte aus seiner Wohnung. Dem Mann wird gewerbsmäßiger Betrug vorgeworfen. Er soll mit seinen Komplizen schlechte oder gar keine Arbeiten abgeliefert haben - für die dann horrende Summen aufgerufen wurden. Laut Ermittlerkreisen buchten die Verdächtigen zudem über die EC-Karten ihrer Opfer in mehreren Fällen noch mehr ab.
Der nordrhein-westfälische Innenminister Herbert Reul (CDU) machte sich am frühen Samstagmorgen in Essen selbst ein Bild von dem Einsatz. "Das waren arglose Menschen, die Hilfe bestellten und Betrüger bekamen - das finde ich wirklich perfide", sagte Reul. "Diesen angeblichen Monteuren haben wir heute das Handwerk gelegt." Mit jeder einzelnen Festnahme rücke man den kriminellen Clans "mehr und mehr auf die Pelle", so der Innenminister: "Die sollen wissen, dass wir ihnen auf der Spur sind."