Stade Rückenwind für LNG-Terminals, aber Start wohl nicht vor 2025
Auch nach dem Bekenntnis der Bundesregierung zu Flüssigerdgas (LNG) dürften noch Jahre vergehen, bis der erste Tanker an einem deutschen Terminal anlegt und entladen wird. In Wilhelmshaven wird im allergünstigsten Fall mit zweieinhalb bis drei Jahren bis zu einer Inbetriebnahme gerechnet. Brunsbüttel und Stade kalkulierten zuletzt mit dem Jahr 2026. Allein an diesen beiden Standorten geht es um insgesamt 1,5 Milliarden Euro Investitionen.
Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) hatte am Sonntag eine neue Dynamik in die Projektplanung gebracht und als Reaktion auf den Ukraine-Krieg und die Abhängigkeit von russischem Erdgas den schnellen Bau von zwei LNG-Terminals in Deutschland angekündigt. Dabei nannte er Wilhelmshaven und Brunsbüttel als Standorte.
Niedersachsens Wirtschaftsminister Bernd Althusmann (CDU) hob am Montag die dritte Option hervor. "Stade ist das Projekt, das am weitesten vorangeschritten ist. Noch bis Ostern werden die Planfeststellungsunterlagen eingereicht", sagte er am Montag am Rande eines Besuchs am Stader Standort. Die Projektgesellschaft Hanseatic Energy Hub (HEH) konkretisierte, die Unterlagen für das Terminal könnten Ende März und die für die Hafenanlage Ende April eingereicht werden.
Schleswig-Holsteins Wirtschaftsminister Bernd Buchholz (FDP) brachte für Brunsbüttel eine Staatsbeteiligung an der Betreibergesellschaft des geplanten LNG-Terminals ins Gespräch. "Auch wenn ich sonst angesichts vieler rentabler LNG-Terminals weltweit nicht viel von staatlichem Unternehmertum halte, scheint es mir in der jetzigen Ausnahmesituation ebenso geboten wie eine forcierte Beschleunigung sämtlicher Genehmigungsverfahren", sagte er der Deutschen Presse-Agentur.
Die Stadt Wilhelmshaven will nach der Ankündigung von Scholz sofort in das Projektmanagement einsteigen. "Wir sind gut aufgestellt, weil wir nicht bei Null anfangen. Die Pläne werden jetzt reaktiviert und aktualisiert, und wir wollen sie angesichts der geopolitischen Lage auch mit Geschwindigkeit und mit dem Bund und dem Land umsetzen", sagte Wilhelmshavens Oberbürgermeister Carsten Feist (parteilos).
Auch wenn die geopolitische Lage sich seit dem Angriff Russlands auf die Ukraine drastisch veränderte, betrachten Umweltschützer die LNG-Technologie und die Notwendigkeit eigener Terminals weiter mit Zurückhaltung. "Es gibt noch viele offene Fragen", so DUH-Geschäftsführer Sascha Müller-Kraenner.
So müsse zunächst geklärt werden, ob die bestehenden LNG-Kapazitäten in Europa und den europäischen Nachbarländern Deutschlands ausreichten, oder ob es darüber hinaus noch Bedarf gebe.
Bis dato habe es in Deutschland eine sehr gut ausgebaute Energieinfrastruktur gegeben mit großen Überkapazitäten im Bereich Gas. "Wenn es jetzt so ist, dass die Importe per Pipeline aus Russland völlig zum Erliegen kommen, dann muss man sich die verbleibenden Optionen anschauen."
LNG wird mit minus 162 Grad tiefgekühlt, flüssig per Schiff transportiert, angelandet, erwärmt, "regasifiziert" und dann in die Netze eingegeben. Ein höherer Anteil an LNG würde zwar die Bezugsquellen für Erdgas auf eine breitere Basis stellen, aber an der deutschen Importabhängigkeit nichts ändern.
95 Prozent des Erdgases muss Deutschland importieren. Die Eigenproduktion von 5 Prozent stammt fast ausschließlich aus Niedersachsen. Große weltweite LNG-Exporteure sind unter anderem Katar, Australien, die USA und Algerien.