Lehrer fehlen So will Niedersachsen die Situation an Schulen verbessern
Für Hunderttausende Schüler in Niedersachsen beginnt in wenigen Tagen wieder der Alltag an den Schulen. Die Landesregierung will mehr Lehrer einstellen.
Mit mehreren Maßnahmen will Niedersachsens Landesregierung die Situation an den Schulen verbessern. Eine davon greift zum neuen Schuljahr, das am kommenden Montag startet. Fragen und Antworten zur Situation an den Schulen im Bundesland:
Wie ist die generelle Situation an den Schulen?
Auch in Niedersachsen fehlen viele Lehrkräfte. Die Unterrichtsversorgung ist in Niedersachsen seit Jahren ein Streitthema. Zuletzt lag dieser Wert bei 96,9 Prozent und stieg damit leicht an. Je nach Schulform ist der Wert höher oder niedriger. An Gymnasien lag die Unterrichtsversorgung mit Stand August 2023 bei fast 100 Prozent, an Förderschulen hingegen waren es nur 91,6 Prozent.
Wie will das Land die Situation verbessern?
Gegensteuern will die Landesregierung unter anderem mit einer höheren Bezahlung von Lehrkräften und mehr Stellen. Zu Beginn des neuen Schuljahres wird das Gehalt vieler Lehrkräfte angehoben. A13 bezeichnet die Besoldungsstufe, die bisher Gymnasiallehrer erhalten, nicht aber deren Kolleginnen und Kollegen an anderen Schulen. Die Stufe A12 liegt mehrere Hundert Euro im Monat darunter.
Im Landeshaushalt für das kommende Jahr sollen insgesamt 2.460 weitere Stellen an Schulen bereitgestellt werden, um allen Lehrkräften, die in diesem und kommenden Jahr in Niedersachsen den Vorbereitungsdienst absolvieren, ein Einstellungsangebot machen zu können.
Wird die Schülerzahl steigen?
Davon ist auszugehen. An Niedersachsens allgemeinbildenden Schulen werden nach den Sommerferien rund 890.000 Schülerinnen und Schüler erwartet. Das prognostiziert das Kultusministerium in Hannover. Damit steigt die Schülerzahl weiter an: Im vergangenen Schuljahr gab es rund 877.000 Schülerinnen und Schüler, vor zwei Jahren gingen etwas mehr als 868.000 Kinder und Jugendliche zur Schule.
Noch im November hatte das Land für dieses Jahr allerdings eine Schülerzahl von 906.000 prognostiziert. Der Anstieg fällt also geringer aus, als erwartet worden war. Bis 2030 rechnete das Land im vergangenen Herbst sogar mit mehr als einer Million Schülern. Dass die Zahl in diesem Jahr niedriger ausfallen dürfte als prognostiziert, erklärte das Ministerium unter anderem damit, dass die Schätzung für geflüchtete Schulkinder im Vergleich zum Herbst nun um rund 10.000 nach unten korrigiert wurde.
Als Erstklässler eingeschult werden dieses Jahr voraussichtlich rund 81.000 Jungen und Mädchen. Die Zahl, die auch davon abhängt, ob Eltern die Einschulung ihrer Kinder hinausschieben, liegt damit auf dem Niveau des Vorjahres.
Wie viele Lehrerstellen sind besetzt?
Kurz vor dem Start des neuen Schuljahres sind in Niedersachsen mehr als 80 Prozent der ausgeschriebenen Lehrerstellen besetzt. Mit Stand 22. Juli waren es laut Kultusministerium etwas mehr als 1.200 von 1.467 ausgeschriebenen Stellen. Das Ministerium sprach von einem guten Wert. Man sei zuversichtlich, dass weitere besetzte Stellen in den kommenden Tagen hinzukämen. Das Einstellungsverfahren werde zudem auch über den 1. August hinaus fortgeführt, sodass weitere Besetzungen erfolgen könnten.
An welchen Schulformen sind weniger Lehrer?
Für das neue Schuljahr liegen dazu noch keine Daten vor. In der Vergangenheit gab es Unterschiede je nach Schulform. So waren Stellen an Gymnasien zu einem höheren Wert besetzt als etwa an Haupt- und Realschulen.
In welchen Fächern werden mehr Lehrer benötigt?
Auch hierzu gibt es noch keine Informationen für das neue Schuljahr. In der jüngsten Vergangenheit waren etwa Lehrkräfte für Mathe, Naturwissenschaften, Kunst, Musik und Informatik besonders gefragt. Besser sah es hingegen in Deutsch oder Geschichte aus.
Welche Kritik gibt es?
Stefan Störmer, Landesvorsitzender der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW), sagte auf dpa-Anfrage, dass nicht zu erkennen sei, wie die Landesregierung die Situation an den Schulen mittel- und langfristig in den Griff bekommen wolle.
"Die bislang ausgeschriebenen Stellen reichen auch bei voller Besetzungsquote nicht aus, das Unterrichtsfehl auszugleichen. Zudem ist fraglich, ob durch die nach wie vor angespannte Situation auf dem Bewerberinnenmarkt überhaupt alle Stellen besetzt werden können", sagte Störmer. Er rechnete daher mit einer Verschärfung der Situation, die sich regional unterschiedlich ausprägen könne.
CDU-Fraktionsvorsitzender Sebastian Lechner kritisierte, dass es seiner Ansicht nach keine Anzeichen dafür gibt, dass sich die Lage an den Schulen nachhaltig verbessert. Die Schulen seien eine der größten politischen Baustellen der rot-grünen Landesregierung. "Seit ihrem Amtsantritt hat Kultusministerin Julia Willie Hamburg die bestehenden Probleme in den Schulen zwar angesprochen, jedoch keine effektiven Maßnahmen ergriffen, um diese zu lösen."
Lechner forderte unter anderem vereinfachte Anerkennungsverfahren für Lehrkräfte aus anderen Bundesländern und dem Ausland, weniger bürokratische Hürden für den Einsatz pensionierter Lehrkräfte und Quereinsteiger sowie eine Reform der Lehrkräfteausbildung.
AfD-Bildungspolitiker Harm Rykena sprach von miserablen Arbeitsbedingungen an den Schulen im Land. Außerhalb des Unterrichts würden Lehrern viel zu viele weitere Belastungen aufgebürdet wie IT-Aufgaben.
- Nachrichtenagentur dpa