Geisterstation und Pornokino Was Sie noch nicht über den Hauptbahnhof wussten
Im Hauptbahnhof Hannover gibt es einige Geheimnisse zu entdecken: etwa eine ungewöhnliche Gleisnummerierung und eine nie fertiggestellte U-Bahn-Station.
Die erste Eisenbahnstrecke, die im Königreich Hannover in Betrieb genommen wurde, führte nach Lehrte. Von einem provisorischen Kopfbahnhof im Steinthorfeld fuhr der erste Zug am 22. Oktober 1843 ab. Heute hat Hannover einen Durchgangsbahnhof als Hauptbahnhof. Und der hat einige Besonderheiten.
Die Gleise 5 und 6 fehlen
Wer aufmerksam durch die Bahnhofshalle läuft, bemerkt es schnell: Die Gleise 5 und 6 gibt es nicht. Nach den Gleisen 3 und 4 folgt der Aufgang zu den Gleisen 7 und 8. Das liegt daran, dass es sich bei den Gleisen 5 und 6 nicht um Personenverkehrsgleise handelt – sie sind für den Güterverkehr sowie für Rangier- und Durchfahrten vorgesehen.
Das Gleis 6 verläuft mittlerweile auch gar nicht mehr zwischen den Gleisen 5 und 7. Im Zuge eines Umbaus in den 1970er-Jahren wurde es zwischen Gleis 8 und 9 gelegt (es heißt heute Gleis 80). Durchfahrtsgleis 5 befindet sich noch an der alten Stelle, wird mittlerweile aber Gleis 40 genannt.
Der Hauptbahnhof war Vorbild für Bahnhöfe weltweit
Der erste Bahnhof in Hannover sah noch ganz anders aus, die Bahngleise verliefen ebenerdig. Als in den 1870er-Jahren ein Neubau des Bahnhofs anstand, wurden in Vorbereitung darauf acht Kilometer Gleisanlagen im Stadtgebiet auf eine Höhe von 4,50 Metern hochgelegt. Der städtische Verkehr führte darunter hindurch.
Die Innovation erregte viel Aufmerksamkeit, wurde in Amerika als das "Hannover-System" bekannt und zum Vorbild für viele Bahnhöfe auf der ganzen Welt.
Geisterstation unter dem Hauptbahnhof Hannover
Es war im Jahr 1965, als der Rat der Stadt Hannover den Bau einer U-Bahn beschloss. Daraufhin wurde ein U-Bahn-Netz entworfen, das aus insgesamt vier Linien besteht: Linie A, B, C und D. Diese sollten in vier Tunneln unter der Innenstadt fahren. Mit dem Bau aller Linien wurde begonnen – fertiggestellt wurden allerdings nur die Linien A bis C.
Der Bau der Linie D, die von Westen aus Limmer kommend den Goethekreisel und das Steintor queren und dann über den Hauptbahnhof und die Marienstraße bis zur Bismarkstraße verlaufen sollte, wurde auf Eis gelegt. Von den Plänen für die Linie zeugen am Steintor und am Hauptbahnhof zwei fast fertige Stationen. Sie entstanden Anfang der 1970er-Jahre.
Die Geisterstation am Hauptbahnhof befindet sich unter dem Raschplatz, noch eine Ebene unter den bestehenden U-Bahn-Linien. Sie wurde damals im Rahmen der Umgestaltung des Raschplatzes mitgebaut, um weniger Aufwand zu haben und Kosten zu sparen.
Die Geisterstation können Interessierte besichtigen – allerdings nur im Rahmen einer Führung. Die kann über den Verein Stattreisen Hannover gebucht werden.
Im Hauptbahnhof gab es früher ein Pornokino
Es begann recht harmlos: Im rechten Seitenflügel des Hauptbahnhofs befand sich ab 1951 ein Kino. In den 1950er- und 1960er-Jahren wurden in dem Aktualitätenkino, kurz Aki, die Wochenschau gezeigt sowie Kurzfilme. Das Programm lief in einer Endlos-Schleife, die Zuschauer konnten kommen und gehen, wann sie wollten.
In dem Kinosaal fanden 480 Besucher Platz. Damit sie die Abfahrt ihres Zuges nicht verpassten, hing neben der Leinwand eine beleuchtete Uhr. Ein Ticket für das Kino kostete 1953 50 Pfennig.
Ende der 1960er ließ das Interesse an Aktualitätenkinos nach; es wurde auf Spielfilme umgestellt. Da auch das nicht für mehr Zuschauer sorgte, setzten die Betreiber ab Ende der 1970er-Jahre auf Sex- und zweitklassige Actionfilme. Die Schmuddelfilme führten allerdings dazu, dass das Ansehen des Akis sank. Da half dann auch der Umbau in ein Kino mit drei Filmsälen, die sich "Attraktion 1, 2 und 3" nannten, nicht mehr. 1989 verschwand das Kino aus dem Hauptbahnhof.
- deutschebahn.com: Hannover Hauptbahnhof
- uestra.de: Geschichte
- stattreisen-hannover.de: Der Hauptbahnhof Hannover
- hannover.de: Bis 1989 war hier das Aki zu finden
- Richard Deiss: "Das Hannover-System" In: Palast der tausend Winde und Stachelbeerbahnhof. Kleine Geschichten zu 200 Bahnhöfen in Mitteleuropa