Erfurt Konjunktur wegen Engpässen und Energiekosten getrübt
Die Hoffnung auf einen schnellen Aufschwung mit Ende der Corona-Beschränkungen ist in der Thüringer Wirtschaft verpufft. Während eine Mehrheit der Unternehmen ihre aktuelle Lage noch mit gut oder befriedigend bewertet, rechnen viele in Zukunft mit stärkeren Beeinträchtigungen durch Lieferengpässe und hohe Energiepreise. Das ergaben Konjunkturumfragen der drei Thüringer Industrie- und Handelskammern (IHK), die am Donnerstag veröffentlicht wurden. Auch im Handwerk mehren sich laut Ostthüringer Kammer die Sorgen über die weitere Entwicklung.
Die wirtschaftliche Erholung sei ausgebremst, die Liste der Konjunkturrisiken werde länger, erklärte die IHK Erfurt. Der Krieg in der Ukraine, die Preisexplosion bei Energie und Rohstoffen sowie die Null-Covid-Strategie in China drückten die Stimmung der Unternehmer, berichtete die Kammer in Ostthüringen.
"Die Geschäftslage ist so gut wie zuletzt vor drei Jahren, doch für viele Unternehmen sind die nächsten Monate schwer absehbar", resümierte die IHK Südthüringen. Große Sorgen gebe es wegen der Gefahr von Arbeitsplatzverlusten in der energieabhängigen Thüringer Glasindustrie. Die Handwerkskammer Ostthüringen erklärte, die Energiekrise bremse den dringend benötigten Konjunkturaufschwung deutlich.
Branchenübergreifend bewerten laut IHK-Umfragen 77 Prozent der Firmen, die im Frühjahr 2022 an den Konjunkturumfragen der drei Kammern teilnahmen, ihre aktuelle Geschäftslage eher positiv. Lediglich 14 Prozent erwarteten in den nächsten Monaten eine Verbesserung der Situation. 43 Prozent rechneten mit einer ungünstigeren Entwicklung. Als größtes Risiko sähen 87 Prozent der befragten Firmenchefs stark steigende Energie- und Rohstoffpreise, gefolgt von Fachkräftemangel und einer Verschlechterung der wirtschaftspolitischen Rahmenbedingungen mit jeweils 58 Prozent.
Nach Angaben der IHK Erfurt sorgt die wachsende Unsicherheit für eine Investitionszurückhaltung. Während 18 Prozent der Befragten ihr Budget erhöhen wollten, planten 46 Prozent weniger oder keine Investitionen. 13 Prozent der Befragten wollten Mitarbeiter einstellen, 11 Prozent ihre Belegschaft verkleinern. Eine deutliche Mehrheit von 76 Prozent wolle den Mitarbeiterbestand jedoch konstant halten.
"Die Wirtschaft bleibe vorerst im Krisenmodus", bewertete die IHK Erfurt die Ergebnisse der Konjunkturumfrage. Gefordert wurde unter anderem eine maximale Nutzung der EU-Möglichkeiten für Notfallzahlungen wegen hoher Energiepreise. Überfällig sei eine Absenkung der Stromsteuer in Deutschland auf das EU-Mindestniveau.
Im Ostthüringer Handwerk bewerteten 84 Prozent der Betriebe ihre aktuelle Lage positiv, das sind 10 Prozentpunkte mehr als Ende 2021. Die Zukunftserwartungen seien aber eher pessimistisch - nur 16 Prozent der Handwerker rechnen mit einer guten Entwicklung. Fast alle Befragten (96 Prozent) erwarteten eine weitere Zunahme der Einkaufspreise, knapp 80 Prozent wollen deshalb ihre Verkaufspreise anheben.