Erfurt Abgesagte Landtagsneuwahl: Finanzielle Verluste der Parteien
Fotos, Plakate, Flyer, Werbematerialien: Die Parteien in Thüringen waren eingestellt auf eine Landtagswahl im September. Doch nach der Absage haben sie nun auch einen finanziellen Schaden - sie bleiben auf bereits entstandenen Kosten für den Wahlkampf sitzen. Allein die SPD hat der Wahlkampf bis zur geplatzten Abstimmung über die Landtagsauflösung Mitte Juli etwa 100.000 Euro gekostet, wie ihre Landesgeschäftsführerin Anja Zachow der Deutschen Presse-Agentur sagte. Etwa die Hälfte dieser Summe sei nach einer ersten Schätzung verloren.
Auch Linke und Grüne hatten bis zur Wahlabsage nach Angaben der Landesverbände bereits beträchtliche Kosten für den geplanten Wahlkampf - etwa für die Gestaltung von Wahlplakaten und Fotos potenzieller Kandidaten, aber auch für Parteitage. Die Grünen hatten nach Angaben von Landesgeschäftsführer Michael Kost bereits etwa 150.000 Euro für den Landtagswahlkampfs ausgegeben. Der Landesschatzmeister der Linken, Holger Hänsgen, bezifferte die vergeblich angefallenen Kosten nach einer ersten Schätzung auf 600.00 Euro.
Davon hätten allein die Kreisverbände 10.000 Euro verloren, sagte Hänsgen. Manches bereits erworbene praktische Zubehör lasse sich aber auch für den Bundestagswahlkampf verwenden, beispielsweise die für 11.000 Euro angeschafften Kabelbinder zum Befestigen von Plakaten. Die SPD wiederum will Zachow zufolge eigentlich für den Wahlkampf bestimmte Materialien für ihre Profilierung nutzen. Immerhin seien noch keine Druckkosten für Plakate und Flyer, die nach der Absage nur noch Altpapier gewesen wären, angefallen. Die Aufträge hätten erst beim - nicht zustande gekommenen - Beschluss des Landtags zur Selbstauflösung erteilt werden sollen.
Deutlich geringer dagegen sind nach Parteiangaben die Verluste bei der FDP. Die Liberalen hätten noch kein Geld zur Vorbereitung eines möglichen Landtagswahlkampfes ausgegeben, sagte Landesgeschäftsführer Tim Wagner. "Wir haben im Vorfeld die Verträge so gestaltet, dass wir fast alle Verträge kostenfrei stornieren konnten." Lediglich Stornogebühren in Höhe von etwa 1200 Euro würden noch anfallen.
Wie hoch etwaige Verluste bei CDU und AfD sind, ist unklar. "Wir werden uns wie in der Vergangenheit nicht zu Wahlkampfkosten und Ausgaben äußern", sagte der Leiter der CDU-Landesgeschäftsstelle, Christoph Kern. Der AfD-Landesverband ließ eine dpa-Anfrage zu dem Thema unbeantwortet. Alle im Landtag vertretenen Parteien erhalten einen Teil ihrer Mittel aus Steuergeldern.
Eigentlich hatten am 26. September vorgezogene Neuwahlen zum Thüringer Landtag stattfinden sollen - gemeinsam mit der Bundestagswahl, die auch auf diesen Tag fällt. Nach einem monatelangen Ringen hatte sich allerdings kurz vor der entscheidenden Sitzung des Parlaments gezeigt, dass es keine Mehrheit für dessen Auflösung geben würde. Die Selbstauflösung des Landtages war die Voraussetzung für vorgezogene Neuwahlen im Freistaat.
Schwerer als der finanzielle Schaden für die Landesverbände wiege der politische, hieß es von SPD, Grünen und Linken. "Wir wollten unbedingt die vorgezogene Landtagswahl und haben dafür alles in unseren Kräften Stehende getan", sagte Linke-Schatzmeister Hänsgen. Grünen-Landesgeschäftsführer Kost bemerkte: "Es schmerzt weniger das Geld, die Zeit und die Arbeit, die wir in die Vorbereitung gesteckt haben, als vielmehr die bittere Erkenntnis, dass sich unter den demokratischen Fraktionen des Landtags keine Mehrheit für die Selbstauflösung des Landtags finden ließ."