Erfurt Linke für Neustart bei Verfassungsreform
Die Landtagsfraktion der Linken plädiert nach der geplatzten Landtagswahl für mehr Bürgerbeteiligung und einen Neustart bei der Verfassungsreform. In einem ersten Schritt sollte die Hürde für Bürgeranträge gesenkt werden, sagte ihr Vorsitzender Steffen Dittes am Donnerstag in Erfurt. Die dafür erforderlichen Unterschriften sollten von bisher 50.000 auf nur noch 5000 verringert werden. Seine Fraktion greife damit einen Vorschlag des Vereins Mehr Demokratie auf.
Über ein Verfassungsreform hatte die rot-rot-grüne Minderheitskoalition bereits über viele Monate mit der oppositionellen CDU verhandelt. Vor der ursprünglich im Juli geplanten Landtagsauflösung hatte die CDU wegen Meinungsverschiedenheiten in einigen Punkten das Projekt für gescheitert erklärt.
Jetzt gebe es aber eine neue Situation mit der Fortsetzung der Legislaturperiode, sagte Dittes. Er teile die Befürchtung, dass in Thüringen wegen der schwierigen Mehrheitsverhältnisse im Parlament politischer Stillstand drohe, nicht. "Ich glaube das nicht. Die Abgeordneten werden weiter ihre Arbeit machen."
Bevor es einen neuen Anlauf für eine große Verfassungsreform gebe, sollte zunächst die Hürde für Bürgeranträge gesenkt sowie die elektronische Verkündung von Gesetzen ermöglicht werden - das schlage die Linke vor. "Wir würden damit auch ein politisches Signal an die Bürger setzen", sagte Dittes.
Die Linke-Abgeordnete Anja Müller kündigte an, ihre Fraktion wolle den Bürgerantrag zudem in einen Einwohnerantrag umwandeln. "Jeder, der in Thüringen lebt - unabhängig von seiner Staatsangehörigkeit - könnte sich dann beteiligen."
Per Bürgerantrag könnten Vorschläge in den Landtag eingebracht werden, über die die Abgeordneten dann entscheiden müssten. Ein- Gesetzesentwurf von Linker, SPD und Grünen zum Absenken der Hürde liege im Verfassungsausschuss, eine Anhörung dazu habe es noch nicht gegeben. Auch dafür wäre letztlich eine Verfassungsänderung nötig, die der Landtag mit Zweidrittelmehrheit beschließen müsste.
Rot-Rot-Grün verfügt im Parlament in Erfurt nur über 42 der 90 Sitze und ist damit bei allen Entscheidungen auf Stimmen der Oppositionsfraktionen CDU oder FDP angewiesen. Von Stimmen der AfD will sich die Minderheitskoalition nicht abhängig machen.
Wegen dieser schwierigen Situation hatte die SPD einen runden Tisch vorgeschlagen, um Mehrheiten für bestimmte Projekte zu organisieren. Dittes meldete dagegen große Bedenken an: "Das ist das falsche Instrument, um über parlamentarische Arbeit zu reden." Das müsste im Landtag passieren. Runde Tische seien eher das Instrument, um außerparlamentarische Gruppen zu beteiligten.
Bei einer großen Reform sollen nach den Vorstellungen der Linken unter anderem der Schutz und die Förderung des Ehrenamtes, Nachhaltigkeit sowie Antifaschismus und Antirassismus als Ziele in die Verfassung aufgenommen werden. Zudem sollen die automatische Diätenanpassung für Abgeordnete abgeschafft, weitere Hürden für Formen der direkten Demokratie gesenkt und das Finanztabu bei Volksbegehren gelockert werden.
Seine Fraktion könne sich vorstellen, dass letztlich die Bürger per Volksentscheid über eine modernisierte Verfassung abstimmten, sagte Dittes. Das könnte zusammen mit der nächsten Landtagswahl geschehen.