Erfurt Voigt wirft Ramelow mangelndes Interesse an Neuwahl vor
Knapp eine Woche vor der geplanten Landtagsauflösung in Thüringen machen sich angesichts einer unsicheren Mehrheit CDU-Fraktionschef Mario Voigt und Ministerpräsident Bodo Ramelow (Linke) gegenseitig Vorwürfe. "Ich nehme wahr, dass wir mittlerweile einen sehr, sehr schweigsamen Regierungschef haben, wenn es um die Frage einer Neuwahl geht", sagte Voigt der Deutschen Presse-Agentur. Dabei habe Ramelow als Ministerpräsident eine Führungsverantwortung für das ganze Land, er müsse daher öffentlich Farbe bekennen, forderte Voigt.
Ramelow zeigte sich irritiert und wies die Vorwürfe mit Vehemenz zurück. "Der Ministerpräsident hat sich in die Dinge des Parlaments nicht einzumischen", sagte der Regierungschef der dpa und: "Der einzige, der nicht liefern kann, ist Herr Voigt."
Nach bisherigen Plänen soll der Thüringer Landtag am 19. Juli über seine Auflösung abstimmen. Nötig ist eine Zweidrittelmehrheit, also 60 Stimmen. Linke, SPD, Grüne und CDU kommen zusammen auf 63 Stimmen. Allerdings hatten vier CDU-Abgeordnete angekündigt, der Auflösung nicht zustimmen zu wollen - damit gäbe es eine Stimme zu wenig.
Kompensiert werden soll diese durch die Stimme der Abgeordneten Ute Bergner, die inzwischen aus der FDP ausgetreten, aber noch Mitglied der Fraktion ist. Gegen diese Lösung gibt es allerdings erhebliche Bedenken in Teilen der Linke-Fraktion. Mindestens zwei Abgeordnete wollen der Auflösung nicht zustimmen, wenn dafür Stimmen aus der FDP nötig sind. Dadurch ist die Zweidrittelmehrheit weiter in Gefahr.
Die beiden Linke-Abgeordneten beziehen sich dabei auf den Tabubruch vom 5. Februar 2020, als sich der FDP-Politiker Thomas Kemmerich von AfD, CDU und FDP für kurze Zeit zum Ministerpräsidenten wählen ließ. Stimmen der AfD lehnen alle Fraktionen ab.
Voigt sagte, er gewinne den Eindruck, dass Ramelow die Neuwahl gar nicht wolle. "So wie ich für die Geschlossenheit in der CDU und die Neuwahlen kämpfe, erwarte ich das natürlich auch von ihm", sagte Voigt. Ramelow sei Mitglied der Linke-Fraktion und könne damit auch in sie hineinwirken.
Ramelow betonte, dass er als Abgeordneter sich mehrfach zu einer Neuwahl bekannt habe. "Als Ministerpräsident und Regierungschef steht es mir nicht zu, dem Parlament öffentlich Ratschläge zu erteilen", sagte Ramelow. Er finde es "schräg", wenn der CDU-Fraktionsvorsitzende dem Ministerpräsidenten aufträgt etwas umzusetzen, was er selbst vertraglich zugesichert habe. "Ich bin irritiert", sagte Ramelow.
Er kritisierte die FDP-Fraktion dafür, sich bisher noch nicht positioniert zu haben. Der FDP-Fraktionschef und damalige Ministerpräsident Thomas Kemmerich habe am 6. Februar 2020 bekannt gegeben, das er für eine Auflösung des Parlaments sei. Seitdem aber erkläre er sich nicht dazu und habe nichts vorgelegt. "Ich finde, so darf man als Parlamentarier mit dem Wähler nicht umgehen", sagte Ramelow. Kemmerich und Voigt müssten Wort halten.