Erfurt Ballstädt-Verfahren: Bewährungsstrafen gefordert
Im Prozess wegen eines mutmaßlich rechtsextremen Überfalls auf eine Kirmesgesellschaft im thüringischen Ballstädt hat die Staatsanwaltschaft Erfurt für sieben der elf Angeklagten Bewährungsstrafen in Höhe von einem Jahr und zwei Monaten gefordert. Sie hätten sich der gefährlichen Körperverletzung schuldig gemacht, sagte der zuständige Staatsanwalt, Hannes Grünseisen, am Montag bei der Verlesung der Plädoyers am Landgericht Erfurt. Für den Hauptangeklagten forderte er eine Bewährungsstrafe von zwei Jahren.
Für einen weiteren Angeklagten verlangte die Staatsanwaltschaft ebenfalls eine Bewährungsstrafe von zwei Jahren, die aber als Gesamtfreiheitsstrafe unter Einbeziehung eines anderen Gerichtsurteils gebildet werden solle.
Die Angeklagten, die der rechtsextremen Szene zugeordnet werden, sollen nach Überzeugung der Staatsanwaltschaft im Februar 2014 eine Kirmesgesellschaft in Ballstädt (Landkreis Gotha) brutal überfallen haben. Sie alle haben ihre Beteiligung an der Tat inzwischen gestanden.
Das erste Urteil des Landgerichts Erfurt in dem Verfahren war 2017 ergangen und 2020 dann vom Bundesgerichtshof gekippt worden. In der Begründung seines Beschlusses hatte der BGH die Beweiswürdigung des Landgerichts für "durchgreifend rechtsfehlerhaft" befunden. Es sei nicht zweifelsfrei erwiesen, hieß es damals, dass die Verurteilten an dem Angriff in Ballstädt beteiligt gewesen seien. Unter anderem habe sich das Landgericht in seiner Urteilsbegründung nicht ausreichend mit einem DNA-Gutachten auseinandergesetzt, auf das es seine Entscheidung aber maßgeblich gestützt habe.
Seit Mitte Mai wird der Prozess erneut aufgerollt. Eine andere Kammer des Gerichts muss nun über die Angeklagten urteilen.
Um das Verfahren abzukürzen, hatte das Gericht den Angeklagten auf Vorschlag der Staatsanwaltschaft Deals angeboten: Gegen ihre Geständnisse können sie auf geringere Strafen als in dem aufgehobenen Urteil hoffen. Daran hatte es massive Kritik unter anderem aus der Landespolitik, aber auch von Opferschutzorganisationen wie Ezra gegeben. Gegen zwei der Angeklagten ist das Verfahren gegen die Zahlung einer Geldauflage in Höhe von 6000 beziehungsweise 3000 Euro bereits eingestellt worden.
Grünseisen verteidigte die Entscheidungen der Staatsanwaltschaft Erfurt in diesem Verfahren. Er verwies in seinem Plädoyer darauf, dass das Landgericht Erfurt in seinem ersten Urteil oftmals über die Forderungen der Staatsanwaltschaft hinausgegangen war. Ein politisches Motiv für den Überfall auf die Kirmesgesellschaft könne man zwar unterstellen, aber nicht nachweisen, sagte Grünseisen zudem.
Die Nebenklagevertreter verzichteten anders als die Staatsanwaltschaft darauf, in dem Verfahren Plädoyers zu halten. Stattdessen gaben sie eine Erklärung ab, in der sie den Verlauf des Prozesses erneut scharf kritisierten. Das Ergebnis der Hauptverhandlung habe schon vor Beginn festgestanden, hieß es. Sie wollten die in dem Verfahren gemachten Deals nicht noch dadurch legitimieren, dass auch sie ein Plädoyer hielten.