Der Gesprächspartner muss auf jede unserer Fragen antworten. Anschließend bekommt er seine Antworten vorgelegt und kann sie autorisieren.
Zum journalistischen Leitbild von t-online."Helden des Monats" "Der beste Sanitäter ist der, der nicht auffällt"
Mit der Aktion "Held des Monats" werden in Erfurt ehrenamtliche Helfer für ihr Engagement geehrt. Dieses Mal: Jörg Winkler und Tim Sauerbier vom DRK Kreisverband Erfurt e.V.
Sie sind da, wenn man sie braucht: Die Mitarbeiter des Deutschen Roten Kreuzes (DRK) in Erfurt. Egal ob im Rettungsdienst, im Katastrophenschutz, bei der Pflege, der Durchführung von Corona-Tests, Erste-Hilfe-Ausbildungen oder bei Blutspende-Aktionen: Auf die rund 200 hauptamtlichen und über 400 ehrenamtlichen Helfer des DRK Kreisverbandes Erfurt e.V. ist Verlass.
Zu ihnen gehören auch Jörg Winkler und Tim Sauerbier. Beide sind langjährige hauptamtliche Mitarbeiter im bodengebundenen Rettungsdienst und engagieren sich zusätzlich ehrenamtlich als Leitungskräfte im Katastrophenschutz und in der sanitätsdienstlichen Absicherung.
Von der Stadt Erfurt werden die beiden Ehrenämtler in Zusammenarbeit mit der Ströer Content Group für ihr Engagement als "Helden des Monats" geehrt.
In den kommenden Wochen werden ihre Gesichter unter anderem auf den digitalen Stadtinformationsanlagen in der ganzen Stadt zu sehen sein und auf die Bedeutung der Ehrenamtlichen für die Erfurter Gesellschaft aufmerksam machen. Im Gespräch mit t-online erklärt Tim Sauerbier, worauf es bei seinem Ehrenamt ankommt, warum die Politik Ehrenamtliche besser unterstützen sollte und wieso die kommenden Wochen für ihn teuer werden könnten.
t-online: Sie und Ihr Kollege Jörg Winkler engagieren sich beim DRK Kreisverband Erfurt e.V. ehrenamtlich als Leitungskräfte in der sanitätsdienstlichen Absicherung und im Katastrophenschutz. Was sind Ihre Aufgaben?
Tim Sauerbier: Wir als Deutsches Rotes Kreuz werden von Veranstaltern oder der Stadt für Straßenfeste, Volksfeste, Sportveranstaltungen, Konzerte etc. beauftragt, dort die sanitätsdienstliche Absicherung bereitzustellen. Auf solchen Events kommt es immer wieder zu kleineren Verletzungen, manchmal auch zu schwerwiegenderen Unfällen. Unser DRK-Sanitätsdienst steht dann bereit, um die Menschen zu versorgen. Herr Winkler und ich sind hier für die Planung und Durchführung verantwortlich. Bei größeren Veranstaltungen sorgen wir selbst als Einsatzleiter dafür, dass alles reibungslos funktioniert und wir im besten Fall überhaupt nicht gebraucht werden. Das ist immer das Schönste.
Der Katastrophenschutz kommt hingegen bei größeren Unfällen, Schadensereignissen aber auch Naturkatastrophen zum Einsatz – etwa bei Hochwassern und oder zur Evakuierung bei Bombenfunden. Hier ist meist eine Vielzahl von Helfern in den verschiedensten Bereichen im Einsatz. Ob Betreuungsdienst – also die Versorgung von Personen über einen längeren Zeitraum –, Unterkunftsgabe, seelische Betreuung, Verpflegung, aber auch die Versorgung von Verletzten und Betroffenen: All das muss koordiniert und angeleitet werden. Dafür sind wir als Führungskräfte zuständig.
Zusätzlich kümmern wir uns auch außerhalb der Einsätze um die Verwaltung und administrative Aufgaben, die anfallen.
Wie läuft ein typischer Einsatz für Sie im Katastrophenschutz bzw. der sanitätsdienstlichen Absicherung ab?
Einsätze im Rahmen der sanitätsdienstlichen Absicherung sind meist gut planbar, da im Vorfeld bekannt ist, wann etwa ein bestimmtes Stadtfest stattfindet und wie viele Kräfte ungefähr benötigt werden.
Beim Katastrophenschutz ist das natürlich anders. Der liegt zum Teil auch in behördlicher Hand. Die Stadt Erfurt ist etwa dafür zuständig, dass der Katastrophenschutz sichergestellt ist. Hier gibt es vorgefertigte Strukturen, die alarmiert werden, wenn gewisse Ereignisse eintreten. Man kann sich das wie einen Katalog vorstellen, der vorgibt, wann wer auszurücken hat. Wenn also etwa ein Hochwasser eintritt, dann wird die entsprechende Einheit aktiviert und die Einsatzkräfte telefonisch verständigt, dass sie sich an einem zentralen Sammelpunkt einfinden sollen. Dort werden dann die weiteren Aufgaben verteilt.
Hauptamtlich arbeiten Sie beide ebenfalls beim DRK im Bereich des bodengebundenen Rettungsdienstes. Schon das ist eine herausfordernde Tätigkeit. Wie kommt es, dass Sie sich zusätzlich auch noch ehrenamtlich beim DRK engagieren?
Ich bin damit von klein auf groß geworden. Schon mit 14 Jahren bin ich zum Deutschen Roten Kreuz gekommen. Über die Jahre haben sich so meine Interessen dahingehend entwickelt und auch mein Freundeskreis ist rund um diese Arbeit entstanden. Weil ich mit vielen meiner Kollegen befreundet bin, fühlt sich die ehrenamtliche Arbeit weniger wie eine Belastung an, sondern mehr wie ein Hobby, an dem man viel Spaß hat.
Worauf kommt es bei Ihrem Ehrenamt besonders an?
Wichtig ist es, offen zu sein – für Menschen, neue Aufgaben und auch für Herausforderungen. Erste Hilfe zu leisten oder im Sanitätsdienst mitzuwirken, ist auch für mich und meine Kollegen eine herausfordernde Arbeit. Schließlich übernimmt man Verantwortung für die Gesundheit anderer. Davor sollte man sich nicht scheuen. Am wichtigsten ist meiner Meinung nach aber, Interesse, Lust und Spaß daran zu haben, anderen zu helfen. Solange die Lust da ist, finden wir für jeden einen Platz beim DRK.
Was wünschen Sie sich für die Zukunft Ihres DRK-Kreisverbandes?
In fast jedem Ehrenamt und in vielen Vereinen gibt es Probleme, genügend Nachwuchs zu bekommen. Corona hat das natürlich weiter verschärft. Es fehlt aber nicht nur an jungen Menschen, sondern wir brauchen auch erfahrene Kräfte. Oft bilden wir Jugendliche aus, die dann aber wegziehen, etwa um zu studieren. Das ist natürlich wichtig und richtig, dadurch fehlen uns jedoch vor allem Ehrenamtliche im Alter zwischen 25 und 50 Jahren.
Während der Pandemie sind wir etwa durch unser Corona-Testzentrum wieder mehr ins Bewusstsein der Bürger gerückt. Ich hoffe, dass die Sichtbarkeit erhalten bleibt und die Menschen Lust bekommen, sich ehrenamtlich beim Deutschen Roten Kreuz zu engagieren. Familie, Privates und Arbeit stehen natürlich immer an erster Stelle. Wer aber noch fünf oder zehn Stunden im Monat übrig hat und sich engagieren will, ist bei uns herzlich willkommen.
Es kommt bundesweit immer wieder zu Angriffen auf Rettungskräfte. Haben Sie selbst oder Ihre Kolleginnen und Kollegen auch schon Erfahrung damit gemacht? Fühlen Sie sich in Ihrer Tätigkeit – vor allem Ihrer ehrenamtlichen – genug wertgeschätzt?
Ich selbst bin von Gewalt gegen Rettungskräfte glücklicherweise noch nicht betroffen gewesen. Einige meiner Kollegen hingegen schon, obwohl es sich dabei um absolute Einzelfälle handelt. Insgesamt sind die Menschen sehr froh, wenn wir da sind, bzw. wenn sie uns gar nicht brauchen. Ich sage immer: "Der beste Sanitäter ist der, der nicht auffällt."
Trotzdem wird unsere Arbeit immer wieder auch für selbstverständlich genommen. Da wäre ein wenig mehr Wertschätzung von allen Seiten – auch von der Politik – sehr schön. Auf Stadt-, Land- und Bundesebene wird in meinen Augen zu wenig für Ehrenamtliche vor allem in Hilfsorganisationen getan. Hier wünsche ich mir mehr Anerkennung. So könnte man sicher auch dem Mitgliedermangel entgegenwirken.
Welche Form der Wertschätzung würden Sie sich denn von der Politik wünschen?
Ehrenamtliche könnten etwa Vergünstigungen in kommunalen Schwimmbädern oder im Personennahverkehr bekommen. Das sind Kleinigkeiten, die den Ehrenamtlichen Entlastung bringen und gleichzeitig Anerkennung vermitteln würden. Dann würde sich ein Ehrenamt auch für den Einzelnen mehr lohnen. Es gibt viele kreative Ansätze, wie die Politik den Ehrenamtlichen mehr Wertschätzung entgegenbringen könnte.
Wie fühlt es sich für Sie an, nun auf Werbetafeln im gesamten Stadtgebiet für Ihr Engagement geehrt zu werden?
Ich freue mich darauf und bin auf die Reaktionen aus meinem Umfeld gespannt. Da werden sicher viele positive, aber auch einige aufziehende Kommentare kommen. Für mich ist das eine echte Wertschätzung, genau das meine ich mit "Kleinigkeiten". Es ist toll, diese Anerkennung zu bekommen.
Wir werden wegen dieses Interviews aber wahrscheinlich auch etwas leiden. Die Kollegen werden sehr wahrscheinlich eine Getränkerunde einfordern (lacht).
Vielen Dank für das Gespräch!
Disclaimer: Das Nachrichtenportal t-online ist ein Angebot der Ströer Content Group, in deren Zusammenarbeit die "Held des Monats"-Aktion entstanden ist.
- Gespräch mit Tim Sauerbier