Auftakt Drogenprozess gegen Rechtsextreme: Angeklagte schweigen
Es geht um Drogenhandel im Wert von hunderttausenden Euro, Erpressung und Zwangsprostitution. Zum Auftakt eines großen Drogenprozesses gegen mehrere Angehörige der rechtsextremen Szene haben die Angeklagten geschwiegen. Die Verteidiger erklärten am Mittwoch, dass sich ihre Mandanten nicht zu den ihnen zur Last gelegten Vorwürfen äußern wollten. In dem Verfahren vor dem Erfurter Landgericht, das aufgrund seiner Größe in einen Saal der Erfurter Messe verlegt wurde, müssen sich sechs Männer und drei Frauen wegen bandenmäßigen Drogenhandels verantworten.
Zu Beginn der Verhandlung wurden zahlreiche Details zur mutmaßlichen Arbeitsweise bei den angeklagten Drogengeschäften öffentlich. So habe eine der Angeklagten nicht nur ihre eigene Wohnung in Gotha für die Lagerung und Zuteilung der Drogen genutzt, sondern auch Räumlichkeiten ihrer Mutter und Großmutter, sagte eine Vertreterin der Staatsanwaltschaft Gera. Die Staatsanwaltschaft ist in Thüringen für die Verfolgung von Straftaten der organisierten Kriminalität zuständig.
Neben dem bandenmäßigen Handel mit Betäubungsmitteln werden einzelnen Angeklagten unter anderem auch die Mitgliedschaft in einer kriminellen Vereinigung, Erpressung, Zwangsprostitution sowie Verstöße gegen das Waffengesetz vorgeworfen. In den Jahren 2020 und 2021 sollen die Angeklagten nach Gerichtsangaben mit Drogen im Wert von ungefähr 800.000 Euro gehandelt haben.
Bei der mehr als dreistündigen Anklage-Verlesung ließ die Staatsanwältin keine Zweifel daran, dass es sich bei den Angeklagten nach Erkenntnissen der Ermittler um Rechtsextreme handelt. Sie hätten sich in einer Gruppierung "Bruderschaft Thüringen" zusammengeschlossen. Deren Mitglieder würden sich zu einer völkisch-nationalistischen Gesinnung bekennen und dazu verpflichten, jede staatliche Autorität abzulehnen. Die "Bruderschaft Thüringen" gliedert sich laut der Staatsanwältin in zwei Untergruppen: die "Turonen" und die "Garde 20".
Ausführlich widmete sich die Staatsanwaltschaft der Rolle eines in diesem Prozess angeklagten Anwaltes, der in der Vergangenheit immer wieder Rechtsextreme vertreten hatte. Er soll sich laut Anklage der Geldwäsche schuldig gemacht haben, indem er Bandenmitgliedern über Scheinarbeitsverträge und ein von ihm kontrolliertes Firmengeflecht Drogengelder ausgezahlt habe.
Nach Ansicht der Grünen-Landtagsabgeordneten Madeleine Henfling sollte mit dem Prozess zugleich ein neues Verständnis der Rolle extrem Rechter als Teil der organisierten Kriminalität entstehen. Auch die damit verbundenen erheblichen Einnahmen für die "Turonen/ Garde 20" sollten in den Blick genommen werden, erklärte die Sprecherin für Antifaschismus. Die "Bruderschaft" habe bereits mit Rechtsrockkonzerten in Thüringen hohe Einnahmen erzielt und die Vernetzung der Szene vorangetrieben.
Der Prozess soll am 11. Juli fortgesetzt werden.