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Zum journalistischen Leitbild von t-online.BVB-Trainer Edin Terzic Meistermacher auf Klopps Spuren
Er wandelt auf den Spuren von Jürgen Klopp und hinterlässt seine eigenen Abdrücke: Edin Terzic kann beim BVB an diesem Samstag zum Meistertrainer werden.
Seit Jürgen Klopp, da ist man sich bei Borussia Dortmund einig, hat kein Trainer mehr diesen Verein und sein Innenleben so gut verstanden wie Edin Terzic. Und seither hat niemand diesen Profikader mit all seinen nicht immer einfachen Charakteren und bisweilen großen Egos so gut moderiert. Terzic streichelt die Seele der Anhänger, er mahnt und motiviert, er lebt Bescheidenheit und Erfolgshunger gleichermaßen vor.
Er ist der legitime Erbe des Kloppschen Vollgasfußballs. Und wenn sein BVB an diesem Samstag noch einmal gewinnt, wird Edin Terzic seine Arbeit direkt in seiner ersten kompletten Saison als Cheftrainer von Borussia Dortmund mit der Meisterschale krönen.
Am vergangenen Sonntag, unmittelbar nach dem Sieg in Augsburg und der Rückkehr an die Tabellenspitze, bot der 40-Jährige ein gutes Beispiel für das, was ihn auszeichnet. Im Moment des Triumphs gab es keine Jubel-Statements, keine Freudensprünge, sondern eine eindringliche, emotionale Mahnung an seine Profis. "Die Jungs können sich alles kaufen: das nächste Auto, den nächsten teuren Urlaub, das nächste Haus. Aber was sie sich nicht kaufen können, ist diesen Moment. Jetzt geht es darum, den letzten Schritt zu gehen, um die Meisterschale zurück nach Dortmund zu holen."
Terzic war Scout beim BVB
Terzic findet immer wieder die richtigen Worte, um die Mannschaft zu erden. Und die passenden Worte, um das Umfeld mitzunehmen. Er wirkt ebenso empathisch wie ehrlich. Und dabei so emotional, dass die Wirkung nicht ausbleibt. Auch das erinnert an "Menschenfänger" Jürgen Klopp und seine rhetorischen Fähigkeiten.
Wenn Terzic das Westfalenstadion "das schönste Stadion der Welt nennt", nimmt man ihm das ab. In Menden im Sauerland geboren, nur ein paar Kilometer vor Dortmund, trägt Terzic das schwarz-gelbe Gen seit Kindheitstagen in sich. 2012 erlebte er den Double-Triumph unter Klopp als Fan auf der Tribüne des Berliner Olympiastadions mit. Er war Scout beim BVB, Jugendtrainer und nach seiner Auslandszeit als Co-Trainer in der Türkei und in England auch Co-Trainer beim BVB unter Favre – immer loyal, immer engagiert. Als Interimscoach holte er 2021 den DFB-Pokal zurück nach Dortmund, trat aber ohne Murren wieder ins zweite Glied, weil die Borussia sich bereits mit Marco Rose einig war.
"Lasst uns so hungrig sein wie noch nie"
Als Edin Terzic im letzten Sommer als Rose-Nachfolger sein Amt als Cheftrainer beim BVB antrat, sprach er von einem besonderen Tag für ihn, von einer großen Chance und großer Verantwortung gleichermaßen. Und er wandte sich per Video direkt an die Fans. Seine Botschaft damals: "Lasst uns so hungrig sein wie noch nie. Lasst uns so hart arbeiten wie noch nie. Lasst uns aber auch positiv sein wie noch nie. Und lasst uns so laut sein wie noch nie. Dann bin ich mir sicher, dass wir eines Tages die große Chance haben, zu feiern wie noch nie. Darauf hätte ich mega Bock!"
Dass sich diese Hoffnung so schnell erfüllen kann, hätte wohl auch der Familienvater, der so wenig Privates nach außen trägt, nicht erwartet. Zu wenig konstant verlief die Saison, immer wieder mussten Trainer und Mannschaft Rückschläge auf und neben dem Platz wegstecken. Aber Terzic und sein Team haben nie gehadert, stattdessen akribisch gearbeitet und die Profis im Kopf und im Herzen erreicht. Sie haben gezeigt, dass sie Spieler besser machen können.
Terzic: Neue Identifikationsfigur nach Ära Klopp
Profis wie Jule Brandt, Emre Can oder Donyell Malen standen schon zur Disposition, heute sind sie Leistungsträger. Aber auch eine BVB-Legende wie Marco Reus auf die Bank zu setzen, ohne den Respekt des Spielers zu verlieren und ohne ihn zu beschädigen, zählt zu den Verdiensten von Edin Terzic. Er ist die Identifikationsfigur, nach der sich die Borussia fast acht Jahre nach dem Ende der Ära Klopp so gesehnt hat.
Als Terzic mit dem BVB den DFB-Pokal gewann, war das für ihn "einer der schönsten Tage im Leben eines Borussen". Und doch fehlte damals inmitten der Corona-Pandemie etwas Entscheidendes – die Fans. Jetzt, an diesem Samstag, könnte eine der größten schwarz-gelben Partys aller Zeiten steigen. Erst vor ausverkauftem Haus im Stadion, dann beim Jubelkorso um den legendären Borsigplatz. Wenn es so kommt, kann und wird sich auch Edin Terzic feiern lassen. Bislang hat er sich eher im Hintergrund gehalten, hat noch nie allein vor der imposanten Südtribüne gejubelt. Mit der Meisterschale in der Hand wird er darum nicht mehr herumkommen.
- Eigene Recherchen