Chemnitz Apfelbäume für Chemnitz: Kunstprojekt nimmt Konturen an
Mit dem Pflanzen von vier Apfelbäumen ist am Samstag ein zentrales Projekt der Kulturhauptstadt Europas 2025 in Chemnitz gestartet. Unter dem Titel "We Parapom!" soll dazu eine Kette von bis zu 4000 Apfelbäumen quer durch die Stadt entstehen. Von einem "richtungsweisenden Projekt", das exemplarisch für die Anliegen des Kulturhauptstadtprogramms stehe, sprach der designierte Geschäftsführer, Stefan Schmidtke. So würden mit der "Europäischen Parade der Apfelbäume" symbolisch Grenzen überschritten, Verborgenes ans Licht und unterschiedliche Menschen zusammen gebracht.
Zum Auftakt am Vormittag griffen Kinder und Erwachsene in einem Plattenbaugebiet zu Spitzhacke sowie Hammer und Meißel, um einem Parkplatz Boden für Bäume abzutrotzen. Damit will die Künstlerin Folke Köbberling auf die fortschreitende Flächenversiegelung in Deutschland und damit verbundene Umweltprobleme hinweisen. "Wir entsiegeln hier ganz wenig, aber es ist ein Anfang", sagte sie. An der Stelle neben einer Grundschule sollen künftig ebenfalls Apfelbäume als Teil der Parade gedeihen. Direktorin Jana Kupfer-Zwingelberg berichtete, dass an der Schule Kinder verschiedener Muttersprachen gemeinsam lernen: "Sprache setzt uns Grenzen, aber der Apfel als Symbol bringt uns zusammen."
Die Parade der Apfelbäume soll eine Vielzahl von Themen ansprechen und Raum für weitere künstlerische Interventionen bieten. Dabei gehe es etwa um die Repräsentation von Macht, um den Umgang mit der Umwelt, das künftige Zusammenleben und das Überschreiten von Grenzen, erklärte die künstlerische Leiterin Barbara Holub. Einerseits stehe der Apfel mit seinem Sortenreichtum für Vielfalt. Andererseits sei er im Handel sehr stark normiert. "Wenn der Apfel durch die Norm fällt, kann er im Supermarkt nicht vermarktet werden", erläuterte Holub. Auch Menschen würden darauf reduziert, auf eine bestimmte Art und Weise funktionieren zu müssen. "Ich glaube, dass es die Gesellschaft spannend macht, wenn sie einer Vielfalt Raum bietet."
Das Projekt versteht sich als sozialer Prozess. So sollen die Bäume künftig von Paten gepflegt und Menschen über Stadtteilgrenzen hinweg zusammenbringen. So könnten sie auch zu Treffpunkten werden - etwa bei der gemeinsamen Apfelernte oder dem Mosten der Früchte, erklärte Holub. Dabei soll das Vorhaben viele Jahrzehnte über das eigentliche Kulturhauptstadtjahr hinaus wirken. Es schlägt zugleich einen Bogen zu anderer internationaler Kunst wie dem Werk "7000 Eichen" von Joseph Beuys zur Kunstschau documenta 7 in Kassel.
Vor einem Jahr hat Chemnitz den Zuschlag als Kulturhauptstadt Europas 2025 erhalten. Die Stadt wird den Titel zusammen mit Nova Gorica in Slowenien tragen. Das Motto des Kulturhauptstadtprogramms in Chemnitz steht unter dem englischen Titel "C the Unseen". Zu den Vorhaben gehören neben der Europäischen Parade der Apfelbäume ein kreativer Hub im virtuellen Raum, ein Kulturpfad "Purple Path" durch das Umland und ein Projekt zu Garagen als versteckte kreative Orte.