Chemnitz "Gute Macht Merkel": Ausstellung "Hinterm Nischel"
Der Bundestag ist neu gewählt, doch bis zu einer neuen Regierung wird noch Zeit vergehen. Diese Übergangszeit nehmen die Kunstsammlungen Chemnitz zum Anlass für eine künstlerische Intervention. In einer Pop-up-Ausstellung hinter dem Marx-Monument präsentiert sie sieben Positionen zu Macht und Repräsentation, gesellschaftlicher Teilhabe sowie Medien und Noch-Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU).
Das Künstlerkollektiv Susi Pop etwa hat ein großes, magentafarbenes Fries beigesteuert. Die Arbeit mit dem Titel "Selfies" zeigt Szenen aus dem Jahr 2015, als sich Merkel mit Flüchtlingen fotografieren lies. Kuratorin Annabell Burger sprach am Montag von einem Epochenbild, in dem sich das Migrationsgeschehen und das Aufkommen sozialer Medien verdichte. Zugleich steht das Fries mit seinem entspannten, freundlichen Ausdruck im Kontrast zur monumentalen Marx-Büste aus sozialistischer Zeit weniger Meter entfernt.
Die Schau "Hinterm Nischel" nimmt mehrfach Bezug auf das Chemnitzer Karl-Marx-Monument - im Volksmund "Nischel" genannt - in direkter Nachbarschaft der Schau. So hat Joerg Waehner neben dem Denkmal eine Skulptur in Form einer Bar errichtet. Als sozialer Ort soll sie zum Austausch über Kunst und Gesellschaft einladen. Zu sehen ist auch eine Dokumentation zur Skulptur "Darm", die Anetta Mona Chişa und Lucia Tkáčová voriges Jahr für die Schau "Gegenwarten" geschaffen haben. Es stellt dem riesigen Marx-Kopf im gleichen Maßstab von 1:24 den Darm des Philosophen und Vordenkers des Kommunismus gegenüber.
Hinterfragen die Künstlerinnen damit die männliche Heldenverehrung im öffentlichen Raum, so wirft Laura Horelli mit ihrer Arbeit "Current Female Presidents" einen Blick auf die männerdominierte Politik. Auch in Deutschland dürfte auf Angela Merkel ein Mann im Bundeskanzleramt folgen. An die Tradition der erzgebirgischen Volkskunst anknüpfend lässt derweil Osmar Osten auf Zeichnungen per Räuchermann einen Abschiedsgruß an Merkel in die Luft steigen. "Gute Macht Merkel", so der Titel, wirft zugleich die Frage in den Raum, was ihre Kanzlerschaft bewirkt hat und was davon zurückbleiben wird.
Die Ausstellung - kuratiert von Kasper König und Annabell Burger - sollte am Montagabend eröffnet werden. Sie ist bis Donnerstag (30. September) zu sehen, der Eintritt ist frei.