Völkermord an Armeniern 1915
Anfang des 20. Jahrhunderts bilden Armenier nach den Griechen die zweitgrößte christliche Minderheit im Osmanischen Reich. Schon in den 1890er Jahren werden mehrere Zehntausend Armenier Opfer von Massakern. In der Folge bilden sich militante armenische Bewegungen wie die Daschnak-Partei (Armenische Revolutionäre Föderation), die für mehrere Anschläge verantwortlich zeichnet.
Am 14. November 1914 tritt das Osmanische Reich an der Seite der Mittelmächte in den Ersten Weltkrieg gegen die Entente ein, zu der Russland gehört. In Hoffnung auf Unabhängigkeit unterstützen einige Armenier die russische Seite. Obwohl der Großteil der Armenier sich loyal gegenüber dem Osmanischen Reich verhält, macht sie die jungtürkische Regierung für militärische Probleme verantwortlich. Das Denkmal zeigt Mustafa Kemal Pascha - den späteren türkischen Staatsgründer Atatürk - vor der Schlacht von Gallipoli 1915.
Armenische Soldaten müssen ihre Waffen abgeben. Sie werden in Arbeitsbataillonen zusammengefasst und später gruppenweise hingerichtet. Das Bild zeigt ein Massengrab mit den Leichen getöteter Armenier.
"Es gibt Individuen innerhalb des Landes, die beseitigt werden müssen. Wir verfolgen diese Perspektive", erklärt Hilmi Bey, Inspektor des "Komitees für Einheit und Fortschritt", das als treibende politische Kraft hinter dem Völkermord gesehen wird. Am 27. Mai 1915 erlässt die osmanische Regierung ein Deportationsgesetz - das eindeutige Ziel ist die Vernichtung der armenischen Bevölkerung.
Die Armenier werden von Norden nach Süden in Richtung der syrischen Wüste deportiert. Oft werden die armenischen Männer von den Frauen und Kindern getrennt, aus den Dörfern und Städten gebracht und exekutiert.
Die Deportationszüge bestehen so größtenteils aus Frauen und Kindern. Immer wieder werden sie von speziell zu diesem Zweck freigelassenen Straftätern überfallen. Statt sie zu beschützen, beteiligt sich die Gendarmerie, die die Märsche begleitet, sogar an den Gewalttaten. Massaker, Krankheit, Mangelernährung und Durst führen dazu, dass nur wenige die Bestimmungsorte in Mesopotamien erreichen, wo weitere Gräuel auf die Armenier warten.
In Jerewan, der Hauptstadt des heutigen Armeniens, befindet sich dieses Monument zum Gedenken an die Opfer des Völkermords. Wie viele Armenier bei Massenhinrichtungen, Massakern und Todesmärchen ums Leben kamen, lässt sich nicht mit Sicherheit sagen. Schätzungen variieren zwischen 800.000 und über 1,5 Millionen.
Enver Pascha (links), Oberbefehlshaber der türkischen Armee, mit General Arnold von Winckler, Oberbefehlshaber der deutschen Armee in Mazedonien: Das Deutsche und das Osmanische Reich sind Verbündete im Ersten Weltkrieg. Es gilt als sicher, dass Deutschland die Völkermordpläne der osmanischen Regierung kennt. Doch eine politische Reaktion bleibt in Deutschland aus - die gemeinsamen militärischen Ziele haben Vorrang.
Angesichts machtpolitischer Überlegungen muss die Moral zurückstehen: "Unser einziges Ziel ist, die Türkei bis zum Ende des Krieges an unserer Seite zu halten, gleichgültig, ob darüber Armenier zu Grunde gehen oder nicht", erklärt Reichskanzler Theobald von Bethmann-Hollweg.
Der Lyriker, Erzähler, Essayist und Hörspielautor Armin T. Wegner (1886-1978) kommt 1915 als Sanitäter ins Osmanische Reich und wird Zeuge des Völkermords. Er ist der Erste, der die schrecklichen Ereignisse fotografisch festhält. Sein Buch "Die Austreibung des armenischen Volkes in die Wüste" ist bis heute im Handel.
Die Karte zeigt die Entwicklung des armenischen Siedlungsgebiets.