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Zum journalistischen Leitbild von t-online.ZDF-Meteorologe zum Hochwasser "Es sind katastrophale Fluten und Erdrutsche zu erwarten"
Ein Tief kommt vom Mittelmeer auf Mitteleuropa zu – und bringt Unmengen an Regen mit sich. Wie gefährlich das ist, erklärt ZDF-Meteorologe Özden Terli im Interview.
Schon seit Wochenbeginn wird vor kommenden Unwettern gewarnt. Auch die aktuellen Modellrechnungen geben nur bedingt Entwarnung: Deutschland wird vom sogenannten Mittelmeertief gestreift. Im Südosten könnten demnach 140 Liter pro Quadratmeter fallen. Lokal ist sogar noch mehr möglich. Die Hauptregenmenge wird in Tschechien und Polen niedergehen. In Tschechien drohen 300 bis 400 Liter pro Quadratmeter.
Wie gefährlich das Tief tatsächlich ist, was Menschen in den betroffenen Regionen jetzt tun sollten und welche Rolle der Klimawandel bei der Wetterlage spielt, erklärt ZDF-Wettermoderator Özden Terli im Interview mit t-online.
t-online: Herr Terli, die Prognosen für Tschechien klingen dramatisch: 300 bis 400 Liter pro Quadratmeter. Wie gefährlich ist das?
Özden Terli: Sehr. Das sind äußerst extreme Regenmengen. Die Regenmengen eines Jahres kommen in drei Tagen runter. Das ist schwer zu verkraften. Es sind katastrophale Fluten und Erdrutsche zu erwarten.
Welche Auswirkungen auf Deutschland hat das?
Wir sind sehr nah dran. Katastrophale Situationen im Berchtesgadener Land, Bayerischen Wald und dem Erzgebirge können deswegen nicht ausgeschlossen werden. Sicher ist: Die Pegelstände der Oder und Elbe werden kommende Woche steigen. Es wird Hochwasser geben.
Ist ein Jahrhunderthochwasser möglich?
Das ist jetzt noch schwer zu sagen. Es kommt darauf an, welche Regionen in den Nachbarländern betroffen sind und wie viel Regen in die Zuflüsse von Elbe und Oder strömt.
Zur Person
Özden Terli ist seit 2013 Redakteur und Moderator in der Wetterredaktion des ZDF. Zuvor studierte er Meteorologie in Berlin. 2021 wurde er mit dem Umweltmedienpreis der Deutschen Umwelthilfe in der Kategorie "Fernsehen und Online" ausgezeichnet.
Wie können sich Menschen in diesen Regionen vorbereiten?
Vor allem die Situation im Auge behalten. Sobald das Hochwasser da ist, sollten sie überflutete Straßen und Unterführungen vermeiden. Nicht in überflutete Keller steigen, da besteht Lebensgefahr durch Stromschlag. Auch die Behörden sind bestimmt schon im Austausch mit dem Deutschen Wetterdienst, das hoffe ich jedenfalls.
Ist der Klimawandel für die hohen Regenmengen verantwortlich?
Die globale Erhitzung ist der Faktor im Hintergrund. Diese katastrophale Situation ist natürlich eine Extremwetterlage. Extremwetter nehmen weltweit weiter zu, und auch Deutschland ist da nicht außen vor. Bei dieser aktuellen Wetterlage ist allerdings das Mittelmeer so heiß wie noch nie. Durch die hohen Wassertemperaturen steigt viel Feuchtigkeit in die Luft. Wenn sich dann dort ein Mittelmeertief, wie das aktuelle Genuatief, bildet, dann nimmt es diese Feuchtigkeit mit – weiter nach Norden. Das lokale Wettersystem ist also mit mehr Energie aufgeladen, und das setzt das Tief um. Es gelten physikalische Grundgesetze.
Was ist besonders an dieser Wetterlage?
Das Tief wird von zwei Hochs eingekesselt. Eines befindet sich im Westen, das andere liegt über Russland – es blockiert förmlich die Zugbahn des Tiefs. Auch das ist immer häufiger zu beobachten und ist ein Teil der zunehmenden Veränderungen in unserem Klimasystem. Anders gesagt: Gäbe es dieses Hoch auf dem Kontinent nicht, könnte das Tief weiterziehen. Die Situation wäre weniger drastisch. Stattdessen kommt es nicht weg. Es dreht sich beinahe ortsfest und sorgt für viel Regen auf vergleichsweise kleinem Gebiet.
Herr Terli, vielen Dank für das Gespräch.
- Telefonisches Interview mit Özden Terli