Fotoserie: Die Schneekatastrophe 1978/79
Von der Außenwelt abgeschnitten: Dieses Gehöft im Kreis Rendsburg-Eckernförde versinkt am 16. Februar 1979 im Schnee. Ein Temperatursturz kurz vor dem Jahreswechsel führt zur bisher schlimmsten Winterkatastrophe in der Geschichte Norddeutschlands.
Zeitgleich wütet ein Sturm über dem Norden. Schneewehen türmen sich in Schleswig-Holstein und Hamburg meterhoch. Ein Räumfahrzeug bahnt sich Anfang Januar 1979 zwischen Eckernförde und Kappeln einen Weg durch die Schneemassen.
Schon am ersten Abend der Katastrophe stecken Fahrzeuge im Norden in Schneeverwehungen fest. Am nächsten Morgen geht in fast ganz Schleswig-Holstein nichts mehr.
Tausende Helfer der Bevölkerung und der NVA unterstützten Anfang Januar 1979 die Eisenbahner wie hier am Bahnhof in Neubrandenburg, um die Gleise von den Schneemassen freizuschaufeln.
Katastrophenalarm, Fahrverbot, Einsatz von schwerem Räumgerät - die Behörden versuchen mit allen Mitteln der Katastrophe Herr zu werden.
Großangriff auf die Schneemassen: Bergepanzer und Jeeps der Bundeswehr sind am 2. Januar auf der Autobahn 7 auf dem Weg zum Räumeinsatz in Schleswig-Holstein. Vielerorts fällt der Strom aus. Die medizinische und die Versorgung mit Lebensmitteln kommt zum Erliegen. Die Menschen sind auf sich gestellt.
Wie hier an einer Tankstelle in Neumünster ist die Bundeswehr im nördlichsten Bundesland mit 75 Bergepanzern im Einsatz.
Hubschrauber bringen Schwerkranke und Hochschwangere in Krankenhäuser oder retten Eingeschlossene aus dem Schnee. Eine Woche nach Beginn des Schneesturms, am 4. Januar, wird dieses Kleinkind mit Erfrierungen an Händen und Füßen von einem Helikopter der Bundeswehr in ein Flensburger Krankenhaus geflogen.
In der Bundesrepublik sterben in den vier Tagen - solange dauert der erste Schneesturm bei eisigen Minusgraden - 17 Menschen. Einige von ihnen werden erst Wochen später, nach Beginn der Schneeschmelze, zum Beispiel in ihren Fahrzeugen entdeckt.
Gespenstisches Bild: Fahrzeuge stecken auf der A 7 bei Rendsburg fest. Keine sechs Wochen nach dem ersten, verheerenden Schneesturm Ende Dezember 1978, muss der Norden Mitte Februar eine Fortsetzung der Katastrophe bewältigen.
Die Auswirkungen sind in manchen Regionen, wie hier bei Neuenbrook nahe Itzehoe, noch gravierender als beim ersten Sturm. Ein Lkw-Konvoi, begleitet von schwerem Räumgerat, bleibt auf Bundesstraße zwischen Hamburg und Husum stecken. Die 120 Menschen gelten als vermisst.
Die Bewohner des kleinen Ortes Neuenbrook stellen spontan einen Hilfstrupp mit Schaufeln zusammen, kämpfen sich in der Nacht zu den Eingeschlossenen in dem Konvoi durch und bringen sie in ihre Häuser in Sicherheit. Erst Tage später können die Lkw mit Radladern und Kranwagen aus dem Schnee gezogen werden.
Die Schneewehe mitten in Neuenbrook reichen bis zu fünf Meter hoch. Als sich die Wetterlage beruhigt, rodeln manche Kinder mit ihren Schlitten aus den Dachluken der Häuser.
Neuenbrook am 23. Februar 1979: Noch immer sind nicht alle Straßen im Ort geräumt.
Besonders Schlimm ist die Lage während der Schneekatastrophe auch im Norden der DDR. Die Energieversorgung bricht weitgehend zusammen. Mit schwerer Technik hilft die sowjetische Armee die Landstraße bei Lebbin (Kreis Altentreptow) von meterhohen Schneeverwehungen zu räumen (Archivfoto vom 03.01.1979).
Grund zur Freude in der Katastrophe: Auf mancher Landstraße im Rettungswagen oder auch auf eingeschneiten Bauernhöfen werden in diesen Tagen gesunde Kinder geboren. Zwanzig Jahre später zeigen Anke Dikun und ihre Tochter Julia in ihrem Haus in Torsballig bei Satrup (Kreis Schleswig-Flensburg) einen alten Zeitungsausschnitt hoch. Julia kam am 29.12.1978 im Feuerwehrwagen auf dem Weg von Torsballig ins Krankenhaus nach Flensburg zur Welt.