Radioaktive Kapsel gefunden Eine lächerliche Strafe
Eine wenige Millimeter große radioaktive Kapsel ist in Westaustralien verloren gegangen – und wurde nun wiedergefunden. Aber warum herrschte so große Aufruhr?
Die winzige, hoch radioaktive Kapsel, die im australischen Bundesstaat Western Australia verloren gegangen war, ist wieder aufgetaucht. Wie die Regionalregierung mitteilte, wurde die Kapsel in der Nähe der Mine entdeckt, in der sie verladen worden war.
Doch wieso war der Verlust so gefährlich? Und wie gelang der Fund? t-online beantwortet die wichtigsten Fragen.
Was war passiert?
Die acht mal sechs Millimeter große Kapsel mit hoch radioaktivem Cäsium-137 war Teil eines Geräts zur Messung der Dichte von Eisenerz. Dieses war dem Bergbauriesen Rio Tinto zufolge am 12. Januar in einer Eisenerzmine nahe der Bergbaustadt Newman auf den Lastwagen eines speziell dafür beauftragten Unternehmens verladen worden.
Der Lastwagen war bis zum 16. Januar auf dem Weg nach Perth, doch erst beim Ausladen am 25. Januar wurde entdeckt, dass das Messgerät und der Container, in dem es sich befand, zerbrochen waren und die Kapsel fehlte. Daraufhin begann die Suche.
Warum war der Verlust so gefährlich?
Cäsium-137 kann sich laut dem Deutschen Krebsforschungszentrum (DKFZ) im Knochengewebe einlagern und dort das Erbgut schädigen. Langfristig kann das zu Knochenkrebs und Leukämie führen. Die australischen Behörden warnten die Bevölkerung, sich der Kapsel nicht auf weniger als fünf Meter zu nähern. Ein Aufenthalt im Radius von einem Meter wirke auf den menschlichen Körper wie zehn Röntgenbehandlungen pro Stunde und könne zu Hautschäden einschließlich Hautverbrennungen führen.
Woran erinnert der Fall?
Zwischen 1980 und 1989 ereignete sich in der Ukraine ein ähnlicher Nuklearunfall, der mehrere Menschenleben kostete. Damals ging Berichten zufolge im Karansky-Steinbruch in der Oblast Donezk der damaligen Ukrainischen Sozialistischen Sowjetrepublik (USS) eine radioaktive Kapsel verloren. Die Suche nach der Kapsel blieb erfolglos, und der Kies aus dem Steinbruch wurde für den Bau eines Mehrfamilienhauses genutzt.
Die Kapsel wurde 1989 in der Betonmauer des Wohnhauses gefunden. Zwei Familien lebten in der betroffenen Wohnung. In der ersten Familie starb 1981 eine 18-Jährige unerwartet, 1982 ihr 16-jähriger Bruder und beider Mutter. Alle drei Familienmitglieder litten an Leukämie. 1987 starb dann einer der beiden Söhne der zweiten Familie – ebenfalls an Leukämie, sein jüngerer Bruder erkrankte schwer. Der Vater ließ die Wohnung von einem Gesundheitsphysiker untersuchen, der die Kapsel in der Wand entdeckte.
Wie wurde die australische Kapsel gefunden?
Etwa 50 Kilometer südlich von Newman fand ein Einsatzteam in einem mit Strahlendetektoren ausgerüsteten Fahrzeug die Kapsel. Mehrere Expertenteams, Feuerwehr, die Polizei von Western Australia und das Gesundheitsministerium hatten sechs Tage lang die 1.400 Kilometer lange Strecke zwischen Newman und Perth nach ihr abgesucht. Auch die Behörde für Strahlenschutz und nukleare Sicherheit hatte sich eingeschaltet und entsandte Experten mit Spezialgeräten in den Westen des Landes.
Am Mittwoch wurde sie zunächst in einen Bleicontainer verladen und an einem sicheren Ort gelagert. Am Donnerstag sollte dann der ursprüngliche Transport fortgesetzt werden. "Der Fundort ist überprüft und restlos von Kontaminierung befreit worden", teilte der Katastrophenschutz mit.
Welche Folgen hat der Vorfall für das Bergbauunternehmen?
Rio Tinto, eines der größten Bergbauunternehmen der Welt, entschuldigte sich für den "extrem seltenen" Vorfall. Laut Medienberichten hat der Konzern nicht viel zu befürchten: Für den Verlust des kleinen Teils droht nach den bisherigen Gesetzen eine Strafe von maximal 1.000 australischen Dollar (rund 650 Euro).
Darauf angesprochen, sagte der australische Premierminister Anthony Albanese: "Natürlich ist diese Summe lächerlich gering, aber ich vermute, dass sie so lächerlich niedrig ist, weil niemand damit gerechnet hätte, dass so etwas verloren geht."
- Nachrichtenagenturen dpa und AFP
- bfs.de: "Strahlung und Strahlenschutz"