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Zum journalistischen Leitbild von t-online.Sanitäter in der EM-Fanzone "Wenn sich plötzlich alles dreht"
Für Sanitäter in den Fanzonen geht die EM mit der Hitze erst richtig los. Wie Fußballfans sich vorbereiten können, erklärt Lucas Stachetzki von den Maltesern.
Wie viel Arbeit macht eine Fußball-EM aus Sicht der Sanitäter, die Menschen versorgen, denen es im Gedränge plötzlich nicht mehr so gut geht? Lucas Stachetzki leitet den sanitätsdienstlichen Einsatz der Malteser in der Fanzone am Reichstag.
t-online: Sie sind in der Fanzone am Reichstag in Berlin im Einsatz. Was behandeln Sie am meisten?
Lucas Stachetzki: Am häufigsten versorgen wir kleine Wunden an den Füßen. Viele Menschen tragen sommerliche Schuhe und bekommen Blasen oder laufen sich Splitter ein.
Was ist mit Ausfällen durch Alkohol?
Bisher hatten wir nicht außergewöhnlich oft mit übermäßigem Alkoholkonsum zu tun. Die Fußballfans nehme ich bislang als sehr fröhlich wahr, ohne dabei über die Strenge zu schlagen. Natürlich haben wir schon Kreislaufprobleme behandelt, aber bisher wurden diese noch nicht durch Rauschmittel verursacht. Für sie steht der Sport im Vordergrund, das Festivalfeeling.
Zur Person
Lucas Stachetzki ist Notfallsanitäter und Referent Katastrophenschutz bei den Maltesern in Berlin.
Für andere würde da ein Griff zu Rauschmitteln erst recht dazugehören. Was waren die schwersten Fälle, die Sie bisher behandelt haben?
Wir hatten schon die eine oder andere Ohnmacht, weil jemand zu wenig oder eben auch einmal zu viel getrunken hat. Oder den Fans laufen die Emotionen über, dann kommt es auch zu Schwindel.
Und jetzt kommt auch noch die Hitze dazu. Worauf bereiten sie sich vor?
Dass Menschen direkt von der Arbeit zu den Spielen kommen und sich nicht vorbereiten. Dann kommt es zu Fällen von Kopfschmerzen, Schwindel oder Ohnmacht.
Das gilt es ja zu vermeiden. Worauf sollten Besucher und Besucherinnen achten?
Ideal ist es, schon im Vorfeld viel zu trinken – natürlich Wasser oder Tee. Dann sollten alle Sonnencreme verwenden, einen Hut tragen, den gibt es auch in allen Teamfarben. Es gibt auch Handy-Apps, die einen daran erinnern, regelmäßig Wasser zu trinken. In der Fanzone gibt es kostenlose Trinkwasser- und Sonnencreme-Spender. Es gibt also keinen Grund, hier einen Sonnenbrand oder Sonnenstich zu bekommen!
Was sind Warnsignale, auf die Menschen achten sollten?
Warnsignale sind Schwindel oder Übelkeit, aber auch ein roter Kopf, ein Sonnenbrand oder wenn der Nacken steif wird. All das kann auf einen Sonnenstich hindeuten.
Und dann?
Dann heißt es: raus aus der Sonne, den Kopf kühlen, sich in den Schatten legen – und keinen Alkohol mehr!
Gibt es einen Punkt, ab dem professionelle Betreuung durch ihre Kräfte notwendig wird?
Ja – wenn Sie merken, dass sich plötzlich alles dreht oder der Kopf beginnt, weh zu tun. Wir sprechen auch proaktiv Menschen an, die nicht fit wirken, und fragen, ob wir helfen können.
Wie helfen Sie dann?
Wir versuchen herauszufinden, wo die Menschen herkommen, welche Sprache sie sprechen und ob es Angehörige gibt, die wir informieren können. Auf der Sanitätsstation prüfen wir die Vitalfunktionen, etwa den Blutdruck. Dann gibt es ein kühles Wasser oder bei Bedarf Kühlpads zum Abkühlen. Wer bei uns ist, kann sich im Kühlen ausruhen und wir klären, ob die Person von Familie oder Freunden abgeholt werden kann oder ob sie in die Klinik muss.
Sie haben schon viele Einsätze bei Großereignissen geleitet. Was unterscheidet den EM-Einsatz von anderen Großereignissen?
Hier kommen Menschen aus vielen Nationen zusammen. Da haben wir im Vorfeld schon die eine oder andere Reiberei erwartet. Aber diese EM ist so friedlich! Es herrscht ein großes Wir-Gefühl. Das Fanfest erfüllt seine Idee auf allerbeste Weise. Es ist überraschend angenehm.
Was schätzen Sie an der EM am meisten?
Ich genieße die Atmosphäre. Die Fangesänge sind großartig. Ich komme hier aber auch einfach immer wieder mit Menschen aus aller Welt ins Gespräch, nicht nur über Fußball.
Welche sind bisher ihre Lieblingsfans? Die Schotten? Die Holländer?
Da möchte ich mich gar nicht festlegen. Ich habe mit vielen Nationen gute Erfahrungen gemacht.
- Telefoninterview mit Lucas Stachetzki, 26.6.2024