Neue Posten Zahl der Beauftragten der Bundesregierung gestiegen
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Zum journalistischen Leitbild von t-online.Antisemitismus, Drogen, Integration: Für viele Themen sind in der Regierung eigene Beauftragte zuständig. In den vergangenen Jahren wurden es ständig mehr, zeigt eine Anfrage der FDP-Fraktion.
Im Dezember verbrannten Demonstranten vor dem Brandenburger Tor in Berlin Israel-Flaggen. Anlass für die Proteste war die Entscheidung Donald Trumps, die US-Botschaft in Israel von Tel Aviv nach Jerusalem zu verlegen.
Als Reaktion auf die antisemitischen Vorfälle begann eine Debatte über die Notwendigkeit eines Antisemitismus-Beauftragten. Am 1. Mai nahm er die Arbeit auf. Felix Klein soll die Präventions- und Bildungsprogramme gegen Antisemitismus koordinieren – so wie alle Beauftragten die Politik zu einem Thema zusammenführen sollen.
Klein, ein Karriere-Diplomat, ist damit einer von 39 Bundesbeauftragten, Beauftragten und Koordinatoren der Bundesregierung. Das geht aus der Antwort der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage der FDP-Bundestagsfraktion hervor, die t-online.de vorliegt.
In der Antwort sind die Zahlen der vergangenen Jahre nicht enthalten. Ein Vergleich mit anderen Quellen zeigt aber: Es wurden zuletzt stets mehr.
Im Dezember 2010, als der wissenschaftliche Dienst des Bundestags eine Übersicht erstellte, zählte er noch 35. Zwei Jahre zuvor, in der 16. Wahlperiode, waren es ebenfalls nach Angaben des wissenschaftlichen Dienstes des Bundestags mindestens 32.
FDP stellt Notwendigkeit in Frage
Bundesbeauftragte, Beauftragte und Koordinatoren der Bundesregierung sollen bestimmte Themen bündeln, wenn verschiedene Ministerien zuständig sind.
Sie koordinieren zum Beispiel die Politik zu folgenden Großthemen: Ostdeutschland, Antisemitismus, Integration, Terror-Opfer, Bürokratieabbau, Drogen und Kindesmissbrauch.
"Die Zahl der Beauftragten der Bundesregierung hat in den letzten Jahren weiter zugenommen", sagt FDP-Fraktionsvize Frank Sitta. Jede einzelne Position lasse sich zwar begründen: "Allerdings stellt sich schon die Frage, ob das alles in diesem Ausmaß wirklich nötig ist."
Bei einigen Themen ist in der Tat kaum nachvollziehbar, warum genau dafür ein Posten existiert: So gibt es etwa Koordinatoren für die Zusammenarbeit mit Polen, Frankreich, den USA und Russland, außerdem einen Sonderbeauftragten für Pakistan und Afghanistan. Aber es gibt keine Koordinatoren für den Austausch mit Italien, Österreich, den Niederlanden, China oder Mali.
Dazu wird ein Persönlicher G8-Afrika-Beauftragter der Kanzlerin gelistet, eingeführt unter Gerhard Schröder – aber kein Beauftragter für Südamerika oder Südostasien oder andere Weltregionen.
Manche Themen fielen weg
Einige der Posten sind auf Dauer angelegt, wie die Integrationsbeauftragte im Kanzleramt. Viele Stellen soll es so lange geben, wie das Thema wichtig ist. Zum Pflegebevollmächtigten etwa schreibt die Regierung: "Die Stärkung und Weiterentwicklung der Pflege wird insbesondere auch bedingt durch den demografischen Wandel weiterhin massiv an Bedeutung gewinnen."
Die FDP wollte deshalb auch wissen, ob solche Bundesbeauftragten, Beauftragten und Koordinatoren überhaupt ab und an abgeschafft werden. Ergebnis: Im Laufe der Jahre wurden 29 von ihnen abgeschafft. Meistens, weil ihr Thema wegfiel: der Zivildienst etwa, innerdeutsche Beziehungen oder die Treuhand.
Weder der Koordinator für Bürokratieabbau noch der Beauftragte für Wirtschaftlichkeit in der Verwaltung überprüfe die Notwendigkeit und Wirtschaftlichkeit der anderen Beauftragten, teilte die Regierung mit. Das sei nicht ihre Aufgabe.
Viele Beauftragte sind Bundestagsabgeordnete
Wie viel all die Beauftragten zusammen kosten, geht aus der Antwort nicht hervor. Die Regierung führt nur die jeweiligen Haushaltsmittel auf und die Mitarbeiter, ohne für sie aber genaue Kosten aufzulisten. Die Berechnung wäre ohnehin kompliziert: Nur wenige Beauftragte haben eigene Haushaltsmittel, etliche aber eigenes Personal. Viele haben bereits ein Amt oder Mandat, sind etwa Beamte oder Abgeordnete. In diesen Fällen fielen keine zusätzlichen Personalkosten für die Beauftragten an, schreibt die Regierung.
Gleichzeitig werden so Abgeordnete zusätzlich in die Regierung eingebunden. Die FDP sieht das kritisch:
"Dass die Bundesregierung vermehrt Abgeordnete mit diesen Aufgaben betraut, finde ich unter dem Gesichtspunkt der Gewaltenteilung durchaus problematisch", kritisiert Sitta. Auf diese Weise nehme die Regierung einige Abgeordnete in die Pflicht, obwohl Parlamentarier die Regierung auch kontrollieren sollten.
- Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der FDP
- Kleine Anfrage der FDP
- Stellungnahme des Wissenschaftlichen Dienstes des Bundestags (2008)
- Stellungnahme des Wissenschaftlichen Dienstes des Bundestags (2010)