Corona-Impfstoff in Deutschland Spahn: "Ich gehe erstmal auf Nummer sicher"
In Deutschland werden laut Gesundheitsministerium ausreichend Corona-Impfstoff-Dosen verfügbar sein. In der Bundespressekonferenz nennt Minister Spahn auch einen ungefähren Zeitpunkt.
Im Rennen um die Corona-Impfstoffe hat Bundesgesundheitsminister Jens Spahn Kritik an milliardenschweren Vorverträgen mit zahlreichen Herstellern von Impfstoffen zurückgewiesen. Man werde sich am Ende über die Einkäufe der EU mehr Dosen sichern als Menschen in Deutschland lebten, sagte Spahn am Dienstag bei einer Pressekonferenz mit Forschungsministerin Anja Karliczek in Berlin.
Das liege aber daran, dass man nicht sicher sein könne, welche Impfstoff-Entwicklung am Ende erfolgreich sei. "Ich gebe nachher gerne anderen Ländern auf der Welt etwas von den mit uns vertraglich geklärten Impfstoffen ab, wenn sich heraus stellt, dass wir mehr haben als wir brauchen", sagte Spahn. "Aber ich gehe erst einmal auf Nummer sicher." Karliczek wies darauf hin, dass mit dem Förderprogramm von 750 Millionen Euro für die Impfstoffforschung, die an drei Unternehmen in Deutschland gehen, auch die Erwartung mit der Produktion für den deutschen Markt verbunden sei.
Ein europäisches Gemeinschaftsprojekt
Man habe sich in Europa mit Blick auf kleine EU-Staaten entschieden, gemeinsam Impfdosen einzukaufen, betonte Spahn. Deutschland und Frankreich seien zwar groß genug, selbst mit den Pharmafirmen zu verhandeln. Die EU-27 wollten dies aber gemeinsam machen. "Es ist ein europäisches Gemeinschaftsprojekt", sagte er. Allerdings zeigte sich der Gesundheitsminister deutlich reservierter gegenüber dem Plan der Weltgesundheitsorganisation (WHO) im Rahmen des sogenannten Covax-Programm für alle Staaten weltweit einzukaufen. Die Bundesregierung habe noch nicht entschieden, in welcher Form sie Covax unterstützen werde, sagte Spahn.
In der Europäischen Union wird die Initiative nach Angaben von EU-Diplomaten zwiespältig gesehen. Einerseits wolle man auch die Entwicklungsländer bei der Versorgung mit Impfstoff unterstützen. Andererseits gebe es auch den legitimen Wunsch von Regierungen der EU-Staaten, die eigene Bevölkerung zu versorgen.
Verfügbarkeit? "So schnell, wie möglich"
Der Impfstoff soll erst Mitte nächsten Jahres kommen. Deswegen sei es wichtig, dass wir uns weiterhin an die AHA-Regeln halten, so Spahn. "Ich bin davon überzeugt, dass wir im Vergleich zu anderen Ländern so geringe Infektionszahlen haben, weil viele Menschen diese Regeln verinnerlicht haben und anwenden." Damit endet die Pressekonferenz.
Eine Journalistin fragte in der Pressekonferenz: "Wie lange dauert es zwischen der Zulassung des Impfstoffs und der Verfügbarkeit in der Praxis?" Spahn spricht sich für eine schnelle Versorgung der Bevölkerung nach dem Abschluss der Studien aus. "So schnell wie möglich. Wenige Tage bis maximal wenige Wochen", sagt Spahn. Das sei möglich, weil die Impfstoffe schon parallel zur Impfstoffentwicklung hergestellt werden können.
Herdenimmunität durch freiwillige Corona-Impfung
Spahn hat außerdem erneut betont, dass keine Impfpflicht gegen das Coronavirus eingeführt werden soll. "Es wird zu einer freiwilligen Impfung kommen", sagte Spahn. Um eine Herdenimmunität zu erreichen, müssten sich in Deutschland demnach 55 bis 65 Prozent der Bürger impfen lassen. "Wir sind sehr, sehr zuversichtlich, dass wir das Ziel einer ausreichend hohen Impfquote freiwillig erreichen." Spahn und Karliczek gehen weiterhin davon aus, dass es im kommenden Jahr einen Corona-Impfstoff für große Teile der Bevölkerung geben wird.
Dafür wird die beschleunigte Impfstoffentwicklung des Tübinger Biotechunternehmens Curevac sowie der Mainzer Firma Biontech gefördert. Als drittes Unternehmen soll die Firma IDT Biologika aus Dessau-Roßlau finanzielle Mittel erhalten, die Gespräche dazu liefen aber noch, wie Karliczek betonte.
"Wir setzen nicht nur auf einen Impfstoff, nicht nur auf ein Entwicklerteam und auch nicht auf nur eine Technologie, sondern wir wollen ein breites Portfolio fördern", sagte Spahn. Mit der Förderung würde auch der Wissenschafts-, Wirtschafts- und Biotechnologiestandort Deutschland gestärkt.
- Eigene Recherche
- Nachrichtenagenturen dpa und rtr