"Ein Attentat ersetzt keine politische Strategie"
Die USA und der Iran verschärfen ihre gegenseitigen Drohungen nach der gezielten Tötung des iranischen Generals Kassem Soleimani. Das schürt die Furcht vor einer Eskalation in der Region. International laufen die Bemühungen um eine Beruhigung der Lage auf Hochtouren. Das sagt die Presse dazu.
"Tagesschau" (Deutschland): "(...) eine taktische Entscheidung wie ein Attentat ersetzt keine politische Strategie. Wichtig wäre in Washington und Teheran die Einsicht, dass Militär und Druck allein eine politische Lösung nicht ersetzen können. Die Konfliktparteien brauchen dringend eine Ausweg aus der Konfrontation."
"Times" (Großbritannien): "Ungeachtet der kriegerischen Rhetorik von Präsident Trump werden sich die USA auf eine Reaktion einstellen. Die Iraner behaupten, die Botschaft Washingtons über einen Schweizer Mittelsmann an Teheran habe darin bestanden, dass die Reaktion 'verhältnismäßig' sein sollte. All das dürfte bedeuten, dass die Region nicht dabei ist, in einen ungezügelten Krieg abzugleiten. Dennoch werden die Folgen des Mordanschlags für den Nahen Osten und für die Welt noch lange Zeit zu spüren sein."
"Sonntagszeitung" (Schweiz): "Unzweifelhaft war Soleimanis Exekution riskant. (...) Doch unter den möglichen Folgen sind auch positive: Es könnte sein, dass Soleimanis Tod ein Element des Widerstands beseitigt und sich jetzt neue Türen zu einer Verständingung öffnen. Es lügt, wer zu wissen vorgibt, was jetzt geschehen wird. Wenn sich die Gemüter kühlen, könnte langfristig sogar ein neuer Iran entstehen."
"Hannoversche Allgemeine Zeitung" (Deutschland): "Zu besichtigen ist damit ein frappierender Kollateralschaden: Trump führt militärisch einen Hieb gegen einen General aus dem Iran – und verliert politisch den Irak. Trump hat das zarte Pflänzchen neuer Beziehungen zwischen Bagdad und Washington, das nach dem Krieg gewachsen war und theoretisch die Region hätte stabilisieren können, zertrampelt."
"Hospodarske noviny" (Tschechien): "Trumps Entscheidung, den iranischen General Ghassem Soleimani töten zu lassen, hat alle – nicht nur die Iraner, sondern auch seine eigenen Generale – derart überrascht, dass sie nun genau aufpassen werden, was sie als Nächstes tun. Der Iran wird zweifellos sein Gesicht wahren müssen, eine größere Aktion können sich die Iraner aber nicht erlauben, denn das Land ist nach Einschätzung von Beobachtern wirtschaftlich in der schlimmsten Lage seit 1989."
"De Tijd" aus Belgien: "Die gegenseitigen Drohungen zwischen den USA und dem Iran können einen neuen militärischen Konflikt in der Region auslösen. Die Ermordung von General Ghassem Soleimani hat die Büchse der Pandora geöffnet. (...) Aufgrund des ausgedehnten Netzwerks des Irans im Nahen Osten ist es schwierig vorherzusagen, wo, wann und wie das Land zurückschlagen wird. Aber wenn es passiert, wird die Eskalation weitergehen."
"Dagbladet" (Schweden): "Die Iraner sind ein altes, stolzes Volk, das sich nicht gerne demütigen lässt. Mit der Tötung von Ghassem Soleimani hat US-Präsident Donald Trump genau diesen Nerv getroffen. (...) Der oberste iranische Führer Ajatollah Ali Chamenei hat Soleimani schon lange vor seinem Tod als Märtyrer bezeichnet. Jetzt ist er ein wirklicher Märtyrer – und das bedeutet viel im schiitischen Iran."