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Ukraine-Krieg: Litauen will aus Streumunition-Abkommen aussteigen


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"Gefährlicher Präzedenzfall"
Nato-Staat will international geächtete Munition einsetzen


04.07.2024Lesedauer: 3 Min.
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Polizeibeamte betrachten in der ukrainischen Stadt Charkiw die gesammelten Reste der russischen Raketen, darunter auch Streumunition (Archivbild): Litauen will die international geächtete Munition künftig wieder einsetzen. (Quelle: Libkos/dpa)
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Streumunition ist von mehr als 100 Staaten geächtet worden, auch von Litauen. Doch der Baltenstaat plant, sich aus dem Vertrag zurückzuziehen – wegen Russlands Angriffskrieg gegen die Ukraine.

Litauen plant den Rückzug aus dem internationalen Übereinkommen über Streumunition. Die litauische Regierung hat einen entsprechenden Gesetzesentwurf des Verteidigungsministeriums am Mittwoch verabschiedet. Nun steht nur noch die Zustimmung von Parlament und Präsident Gitanas Nausėda aus. Das berichtet unter anderem das englischsprachige litauische Portal LRT.

Der auch als Oslo-Übereinkommen oder Streubomben-Konvention bekannte völkerrechtliche Vertrag verbietet den Einsatz, die Entwicklung, die Herstellung, den Erwerb sowie die Lagerung, Zurückhaltung und Weitergabe von Streumunition. Der Vertrag ist am 1. August 2010 in Kraft getreten, insgesamt haben ihn bisher 111 Staaten ratifiziert, darunter auch Deutschland. Die Ratifizierung durch weitere 13 Staaten steht noch aus. Litauen war 2011 als 55. Staat beigetreten.

Video | Warum Streubomben so umstritten sind
Quelle: Glomex

Als Streumunition werden konventionelle Gefechtsköpfe, Bomben oder Granaten bezeichnet, die sogenannte Submunition enthalten. Die bis zu 20 Kilogramm schwere Submunition wird in der Luft über dem Zielort verteilt und schlägt dann großflächig ein. Die verhältnismäßig geringe Größe der Submunition sowie das gehäufte Vorkommen von Blindgängern im Zielgebiet stellt über ein Konfliktende hinaus besonders für die Zivilbevölkerung eine große Gefahr dar. Deshalb ist Streumunition international geächtet.

"Treffen zu 90 Prozent die Zivilbevölkerung"

Die Leiterin der politischen Abteilung der Organisation Handicap International Deutschland, Eva Maria Fischer, erklärt auf Anfrage von t-online, dass der vermeintliche militärische Nutzen von Streumunition durch "ihre schrecklichen humanitären Auswirkungen" aufgewogen werde. "Diese Waffen treffen zu 90 Prozent die Zivilbevölkerung und hinterlassen eine tödliche Hinterlassenschaft nicht explodierter Munition, die die Menschen in vielen Nachkriegsregionen über Jahrzehnte hinweg bedroht", sagt Fischer.

Besonders Kinder seien durch die Submunition gefährdet, erklärt Fischer weiter. Aus ihrer Arbeit unter anderen in Laos kenne die Organisation die langfristigen Folgen des Einsatzes von Streumunition. In Laos herrschte bis 1975 ein mehr als 20 Jahre andauernder Bürgerkrieg. Auch Jahrzehnte nach ihrem Einsatz lägen weiterhin Hunderttausende Blindgänger aus Streumunition und verletzten oder töteten regelmäßig Menschen, so Fischer. Handicap International hilft unter anderem bei der Räumung von Blindgängern und der Aufklärung der Zivilbevölkerung in betroffenen Staaten.

Angesichts des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine und der damit einhergehenden Lieferungen von Streumunition aus den USA an das angegriffene Land hatte die litauische Regierung wohl schon länger mit dem Gedanken gespielt, das Abkommen zu verlassen. Bis auf Litauen hat kein Staat an der Nato-Ostflanke die Streubomben-Konvention ratifiziert, auch die USA als Nato-Partner sowie die Ukraine und Russland sind nicht Teil des Abkommens. Die meisten europäischen Staaten sowie Kanada haben den Vertrag hingegen angenommen.

"Wäre ein gefährlicher Präzedenzfall"

"Ein möglicher Rückzug Litauens wäre ein gefährlicher Präzedenzfall und würde einen folgenschweren Rückschritt für diese globale völkerrechtliche Norm bedeuten", sagt Expertin Fischer von Handicap International. "Es ist deshalb ungemein wichtig, dass Litauen diese Entscheidung nicht trifft, sondern sein Engagement für die Streubomben-Konvention bekräftigt und mit anderen Vertragsstaaten weiter zusammenarbeitet, damit die Normen des Vertrags umgesetzt und immer mehr Unterstützerstaaten gewonnen werden."

Video | Streumunition trifft russische Stellung
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Quelle: t-online

Die litauische Regierung begründet ihre Entscheidung mit einem "Ungleichgewicht" an der Nato-Ostflanke, mit der man sich beschäftigen müsse, wie Verteidigungsminister Laurynas Kasčiūnas laut LRT dem Kabinett mitteilte. Die nationale Sicherheitslage und die Bedrohungen für Litauen hätten sich grundlegend verändert. Außerdem könnten Verbündete solche Munition wegen der Konvention weder auf litauischem Boden einsetzen noch die Streubomben über litauisches Territorium hinweg transportieren.

Die USA hatten der Ukraine im Juli 2023 erstmals Streumunition geliefert. International kam danach scharfe Kritik auf. Mehr zu Streumunition lesen Sie hier. Die Ukraine hatte die Lieferungen wiederholt gefordert, um russische Stellungen wie etwa Schützengräben effektiver angreifen zu können.

Verwendete Quellen
  • Statement von Eva Maria Fischer, Handicap International
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