So reagiert die Politik auf Johnsons Brexit-Vorschläge
Der britische Premierminister Boris Johnson macht neue Vorschläge für eine Lösung im Brexit-Streit – und widerspricht sich mehrfach selbst. Politiker in Deutschland und Europa reagieren nun.
Achim Post, stellvertretender Bundesgeschäftsführer der SPD, kritisiert den britischen Premier gegenüber t-online.de scharf: "Boris Johnson ist treibende Kraft für den atemberaubenden Verfall der demokratischen Kultur und politischen Sitten in Großbritannien. Was bisher über seine neuen Vorschläge bekannt ist, deutet darauf hin, dass es Johnson weniger um Verhandlungslösungen geht, als darum, der EU vorsorglich die Schuld für einen No-Deal-Brexit in die Schuhe zu schieben."
Detlef Seif, der europapolitische Sprecher und Brexit-Berichterstatter der CDU/CSU-Bundestagsfraktion im EU-Ausschuss, hält die Vorschläge für unzureichend: "Wie Johnson sein Versprechen einhalten will, dass keine Kontrollen an oder nahe der irisch-nordirischen-Grenze notwendig sein werden, erschließt sich nicht", sagte Seif t-online.de. Dafür seien mehr Details notwendig. Für die EU sei alles inakzeptabel, was die Integrität des EU-Binnenmarktes gefährde. "Die britische Regierung hat sich selbst in dieses Dilemma manövriert."
Franziska Brantner, europapolitische Sprecherin der Grünen, lehnt die Vorschläge des britischen Premiers gegenüber t-online.de ab: "Boris Johnsons 'final offer' ist kein neues Angebot, sondern eine klare Provokation." Johnson nutze Taschenspielertricks und vergifte das politische Klima, indem er das Abkommen als "Kapitulationsgesetz" bezeichne. "Die EU sollte sich von Johnson nicht erpressen lassen."
Alexander Graf Lambsdorff, FDP-Fraktionsvize im Bundestag, kritisiert den britischen Premier im Gespräch mit t-online.de ebenfalls: "Mit seiner Idee, den Brexit ohne Rücksicht auf Verluste bis 31. Oktober mit der Brechstange durchzudrücken, riskiert Johnson die Einheit Großbritanniens und den Frieden Irlands." Zwar müsse die EU die Gesprächskanäle offenhalten. "Eine Einigung zu Lasten des EU-Mitglieds Irland darf es aber nicht geben."
Andrej Hunko, europapolitischer Sprecher der Linken, begrüßt Johnsons Vorschläge für die irisch-nordirische Grenze – auch wenn er ihnen skeptisch gegenübersteht: "Die EU sollte sich grundsätzlich verhandlungsbereit zeigen und den Vorschlag von Johnson ernsthaft inhaltlich prüfen", sagte Hunko t-online.de. "Eine erneute Verschiebung des Austrittsdatums ist angebracht, um Zeit für Verhandlungen und möglicherweise Neuwahlen zu schaffen."