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Lieferkettengesetz: Sind Menschenrechte im Ausland egal?


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Lieferkettengesetz
Sind Menschenrechte im Ausland egal?

MeinungEin Gastbeitrag von Johannes Heeg

22.05.2021Lesedauer: 2 Min.
Angehörige beim Grabbesuch in Sabhar, Bangladesh (Symbolbild): Beim Einsturz der Textilfabrik Rana Plaza starben 1136 Menschen. Auch deutsche Firmen ließen hier produzieren.Vergrößern des Bildes
Angehörige beim Grabbesuch in Sabhar, Bangladesh (Symbolbild): Beim Einsturz der Textilfabrik Rana Plaza starben 1136 Menschen. Auch deutsche Firmen ließen hier produzieren. (Quelle: ZUMA Press/ Asad Rehman/imago-images-bilder)

Jeans, Kaffee, Handys: Deutsche Firmen lassen ihre Waren in aller Welt herstellen. Bisher dürfen ihnen die Arbeitsbedingungen im Ausland größtenteils gleichgültig sein. Das muss sich dringend ändern, findet Johannes Heeg.

Sollen deutsche Unternehmen per Gesetz verpflichtet werden, auf die Einhaltung von Menschenrechten und Umweltschutz in ihren Lieferketten zu achten? Angesichts anhaltender Berichte über Regenwälder, die für Palmöl abgeholzt werden, Kinderarbeit auf Plantagen oder brennende Textilfabriken fordern das immer mehr Menschen. Trotzdem streitet die Bundesregierung seit Jahren über ein entsprechendes Lieferkettengesetz.

Kurz sah es aus, als sei der Streit beigelegt. Am vergangenen Donnerstag war im Bundestag die Abstimmung über das Gesetz geplant. Doch daraus wurde nichts: Auf Drängen einiger CDU-Abgeordneter wurde der Termin wieder abgesetzt. Das Ringen geht also weiter – auch mit Argumenten, die längst widerlegt sind. Dennoch waren sie vor wenigen Tagen im zuständigen Ausschuss für Arbeit und Soziales zu hören.

Wirtschaftslobby mit langem Arm

Das wirtschaftsnahe Lager beschwor Klagewellen herauf, die den deutschen Unternehmen angeblich drohen – dabei enthält der aktuelle Gesetzentwurf schon längst keine zivilrechtliche Haftungsregelung mehr. Es ging um finanzielle Belastungen, die Firmen angeblich ruinierten – obwohl eine Studie des Handelsblatts erst kürzlich belegt hat, dass menschenrechtskonforme Lieferketten schon für 0,6 Prozent des Umsatzes zu haben sind.

Und es war wieder die Rede davon, dass ein Lieferkettengesetz das angeblich Unmögliche von Unternehmen verlange – dabei verpflichtet der Gesetzentwurf nur zum Bemühen, nicht zum Erfolg. Die großen Wirtschaftsverbände BDI und BDA tragen diese Argumente gebetsmühlenartig vor. Dass führende Unionsabgeordnete diese ungeprüft übernehmen, mag ob der guten Lobbybeziehungen nicht verwundern.

Dass damit aber eine bereits angesetzte Abstimmung über das Lieferkettengesetz im Bundestag gekippt wurde, muss empören: CDU und CSU haben sich im Koalitionsvertrag selbst zu einem Lieferkettengesetz verpflichtet – der Entwurf ist ein Kompromiss, den Arbeitsminister Heil (SPD), Entwicklungsminister Müller (CSU) und Wirtschaftsminister Altmaier (CDU) mühsam verhandelt haben.

Ein schlaffer Kompromiss

Es war also keineswegs eine Überraschung für die Union, was da im Bundestag zur Abstimmung kommen sollte. Im Gegenteil: Das CDU-geführte Wirtschaftsministerium hatte den ursprünglichen, ambitionierten Gesetzentwurf bereits so aufgeweicht, dass der Kompromiss mittlerweile hinter internationale Menschenrechtsstandards zurückfällt.

So soll ein Großteil der Lieferketten bei der geforderten Risikoanalyse zunächst außen vor bleiben, Betroffene von Menschenrechtsverletzungen werden kaum in ihren Rechten gestärkt, Unternehmen mit weniger als 1.000 Mitarbeitenden gar nicht erst erfasst. Dass selbst dieser Kompromiss für Teile der Union noch nicht schlaff genug ist, lässt nur einen Schluss zu: Der Schutz von Umwelt und Menschenrechten in den Lieferketten ist ihnen egal.

Wähler fordern Verantwortung

Repräsentative Umfragen zeigen: In Deutschland unterstützt ein enormer Anteil der Bevölkerung ein wirksames Lieferkettengesetz – und zwar über alle Parteigrenzen hinweg. Angesichts der anstehenden Bundestagswahl sollte es also im eigenen Interesse der Regierungsparteien sein, an diesem Vorhaben festzuhalten und es inhaltlich zu stärken. Im Interesse derer, die in den Lieferketten deutscher Unternehmen unter menschenunwürdigen Bedingungen arbeiten, wäre es ohne jeden Zweifel.

Die im Gastbeitrag geäußerten Ansichten geben die Meinung der Autoren wieder und entsprechen nicht notwendigerweise denen der t-online-Redaktion.

Zum Autor: Johannes Heeg ist Sprecher der Initiative Lieferkettengesetz. Das zivilgesellschaftliche Bündnis aus 128 Organisationen umfasst Menschenrechts-, Entwicklungs- und Umweltorganisationen sowie Gewerkschaften und kirchliche Akteure.

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