Mercedes-Maybach S 600 im Fahrbericht
Mercedes-Maybach S 600: Wanted.de-Autor Christian Sauer nahm in Kalifornien das neue Flaggschiff mit Stern aus mehreren Perspektiven unter die Lupe.
Neben China gelten die USA, Russland und der Mittlere Osten als wichtigste Märkte – in Deutschland bleibt wahrscheinlich nur ein Prozent der extralangen S-Klasse.
Gegenüber der langen S-Klasse wuchs der Maybach um 20 Zentimeter auf eine stattliche Fahrzeuglänge von 5,45 Meter und 3,36 Meter Radstand. Die größten optischen Unterschiede sind dementsprechend von der Seite erkennbar: Chrom ziert die B-Säule ebenso wie die in die C-Säule integrierten Dreiecksfenster und …
…die serienmäßigen 20-Zoll-Schmiederäder, die ausschließlich dem neuen Maybach vorbehalten sind. Alternativ stehen auch andere Felgen zur Wahl. Die matte Lackierung trägt übrigens den Namen "designo allanitgrau magno" und ist für alle S-Klassen bestellbar.
Relativ dezent fallen die optischen Änderungen gegenüber der "normalen" S-Klasse an der Front und am Heck aus – zusätzlich zu den drei Doppellamellen und den vertikalen Zierstreben im Kühlergrill, hätte dem Mercedes-Maybach aus unserer Sicht mehr Eigenständigkeit gut gestanden.
Wer "inkognito" unterwegs sein will, kann seine XL-Luxus-Limousine sogar ohne Maybach-Schriftzüge an den Flanken und am Heck bestellen. Zumindest bislang lassen sich die "Sterne" nicht gegen das Logo der Maybach Manufaktur als Doppel-M austauschen.
Die optionale Bordbar mit Kühlfach verkleinert den ansonsten 500 Liter großen Gepäckraum um rund 40 Liter. Das hört sich nicht viel an, für größere Koffer wird es dann aber doch knapp.
Wer sich für das First-Class Fond mit Einzelsitzen und durchgehender Mittelkonsole entscheidet, kann in den Cupholdern seine Getränke auch kühlen oder warm halten. Die versilberten Champagnerkelche aus der Flensburger Manufaktur Robbe & Berking kosten extra.
Leider steht nicht nur dort feinste Handarbeit und beste Qualität im Kontrast zu einigen lieblosen Details aus der Großserie. Anders als bei Bentley oder Rolls-Royce sieht und fühlt man teilweise schnödes Plastik statt Leder, echtem Holz oder Metall.
Die aus der S-Klasse bekannten, ausklappbaren Tische sollen sich auch zum Arbeiten eignen. Bislang wurden sie allerdings sehr selten bestellt und präsentieren sich immer noch weniger stabil als die vergleichbaren Tische in der First- und Business Class von Flugzeugen.
Der neue Maybach soll die beste Chauffeurs-Limousine der Welt sein und die technischen Features der S-Klasse mit dem exklusiven Image des Namens Maybach verbinden. Ein Highlight sind sicherlich die Executive Sitze mit Belüftung, Heizung und Massage, die sich bis zu 43,5 Grad neigen lassen.
Vom Chauffeur-Paket für maximale Beinfreiheit kann jedoch weiterhin ausschließlich der Gast diagonal hinter dem Fahrer profitieren. Das zweiteilige Panoramadach mit Magic Sky Control lässt sich per Knopfdruck in zwei Stufen transparent oder dunkel schalten.
Dank verfeinerter Aerodynamik und weniger Windgeräuschen ist die Maybach S-Klasse im Fond leiser als jede andere Serien-Limousine. Den Ton gibt das Burmester High-End 3D-Surround-System an, das übrigens auch die Kommunikation mit dem Chauffeur unterstützt. Als optisches Highlight werden die Hochtöner in den Fondtüren durch eine Schraubbewegung in Szene gesetzt.
Maybach-Embleme und -Schriftzüge setzt Mercedes-Benz überraschend sparsam ein. Selbst die Einstiegsleisten und …
…das Lenkrad ziert stattdessen der Name des Stuttgarter Herstellers. Bis auf wenige Details unterscheidet sich das Hightech-Cockpit mit komplett digitalen Instrumenten nicht von den anderen S-Klassen.
Wer genau hinschaut erkennt wie bei den AMG-Versionen im Armaturenbrett der Maybach S-Klasse eine spezielle IWC Analoguhr: Sowohl die Ziffern als auch die Zeiger sind einzeln aus Metall gefräst. Das neue Zierelement nennt sich "Klavierlack Flowing Lines" und wird aufwendig aus Holzfurnier hergestellt.
Private Eigner fahren vor allem in Asien am Wochenende auch gern selbst. Dafür präsentiert sich der S 600 mit dem bekannten 530 PS und 830 Nm Drehmoment starken 6,0-Liter-Zwölfzylinder bestens gerüstet. Äußerst kultiviert säuselt die Top-Motorisierung des neuen Maybach und meldet sich akustisch nur bei Vollgas zu Wort.
Während unserer Testfahrt mit dem S 600 Maybach in Kalifornien überraschte uns das Magic Body Control Luftfahrwerk samt Stereokamera, die die Dämpfer automatisch auf Unebenheiten einstellt, mit für das Gewicht und die Größe erstaunlicher Handlichkeit.
Komfort hat selbstverständlich höchste Priorität und eine sportliche Maybach-Version mit noch stärkerem Motor steht zumindest derzeit nicht zur Debatte. Somit bleibt der S 65 AMG mit 630 PS sowie über 235.000 Euro Listenpreis vorerst die stärkste und zugleich teuerste S-Klasse.
Wer die Qual der Wahl hat, entscheidet sich also für den Mercedes-AMG zum Selbstfahren und den Mercedes-Maybach S 600 zum Chauffieren lassen.