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Cloud Seeding in Dubai? So wird der künstliche Regen erzeugt


Unwetter nach Manipulation in Dubai?
Cloud Seeding: So wird der künstliche Regen erzeugt

Von t-online, sje, sha

19.04.2024Lesedauer: 4 Min.
DUBAI-UEBERSCHWEMMUNGEN/Vergrößern des Bildes
Fahrzeuge stehen verlassen im Hochwasser auf einer Hauptstraße in Dubai.

Auch wenn der heftige Regen in Dubai laut Experten nicht künstlich erzeugt wurde: Woanders wird das Wetter längst manipuliert – auch in Deutschland. Wie funktioniert das?

Wüstenstaaten wie Saudi-Arabien, die Vereinigten Arabischen Emirate und der Oman stehen unter Wasser. Normalerweise sind diese Länder für ihre Hitze, Trockenheit und Temperaturen über 50 Grad bekannt. Schnell wurde daher spekuliert, ob es sich bei dem heftigen Regen um eine Folge von künstlichem Regen handeln könnte.

Experten schließen einen merklichen Einfluss einer Wettermanipulation im Fall der Regenfälle auf der arabischen Halbinsel zwar aus. Auch das Nationale Zentrum für Meteorologie der Vereinigten Arabischen Emiraten (NCM) wies Spekulationen zu einem möglichen Einsatz von künstlichem Regen zurück.

Aber es gibt längst Methoden, um das Wetter zu beeinflussen. Cloud Seeding wird das genannt. Die Idee dahinter: "Man möchte eine Wolke, die normalerweise nicht regnen würde, zum Regnen bringen", sagt die Meteorologin und Physikerin Ulrike Lohmann von der ETH Zürich zu t-online.

Wolken impfen

Die meisten Wolken am Himmel würden wieder verdunsten, erklärt sie. "Die Tröpfchen in einer Wolke sind ungefähr so dick wie ein menschliches Haar. Die fallen nicht einfach zum Erdboden." Beim sogenannten Impfen bringe man Partikel in die Wolke, an denen sich die Tröpfchen ansammeln. "Es entsteht Niesel oder Regen – aber nicht viel, weil die Wolke gar nicht so viel Wasser in sich trägt."

Zur Person

Ulrike Lohmann ist Meteorologin und Professorin für Atmosphärenphysik am Institut für Atmosphäre und Klima der ETH Zürich. Ihr Schwerpunkt liegt auf der Erforschung der Rolle von Wolken und Feinstaub im Klimasystem. 2007 und 2014/15 war sie eine der Leitautorinnen des vierten und fünften Sachstandsberichts des Weltklimarats (IPCC).

Damit man es also künstlich regnen lassen kann, muss es Wolken geben. Wo Wolken heranziehen, werden diese mit Silberjodid versetzt: einem Salz aus Silber und Jod – und mit toxischer Wirkung für Lebewesen in Gewässern. Das Silberjodid regnet nach dem Wolkenimpfen mit herab, allerdings nur in kleinen Mengen, so Lohmann. "Relevante Konzentrationen würde man erst nach Jahrzehnten erreichen."

China macht das seit einigen Jahren: Bis 2025 will die Volksrepublik 5,5 Millionen Quadratkilometer mit Programmen zur künstlichen Niederschlagerzeugung abdecken. Das sind 60 Prozent der Landesfläche, 15-mal so groß wie Deutschland. So soll auf Dürren reagiert und die Entwicklung von klimatisch trockener Regionen durch künstliche Beregnung vorangetrieben werden. Die kommunistische Führung unter Xi Jinping lässt sich das Milliarden kosten.

Dubai, Russland, USA

Doch China ist nicht das einzige Land, das investiert: Nach Angaben der Welt-Meteorologie-Organisation (WMO) unterhalten mehr als 50 Länder ähnliche Programme. So wollen auch die Vereinigten Arabischen Emirate mit künstlichen Niederschlägen gegen die Hitze ankommen. Sie nutzen eine Technik, bei der sich die Tropfen durch elektrische Ladung verbinden sollen. So werden sie schwerer und fallen zu Boden, wie ein Video des nationalen Wetterdienstes beweisen soll.

In Russland soll es angeblich an den Wetter-Flugzeugen liegen, dass die Parade zum Tag des Sieges über Nazideutschland in Moskau alle Jahre wieder bei Sonnenschein stattfinden kann. Die sollen demnach vor der russischen Hauptstadt zum Abregnen gezwungen werden. Technisch ist das möglich, erklärt Expertin Lohmann: "Am besten funktioniert das Abregnenlassen, kurz bevor eine Wolke sowieso regnen würde. So kann man dafür sorgen, dass es etwas früher regnet, als es das natürlicherweise getan hätte."

Die USA setzten die Wetterbeeinflussung in den Sechziger und Siebziger Jahren sogar im Krieg ein: "Operation Popeye" sollte in Vietnam für schlammige Wege und unterbrochene Kommunikation sorgen. 1978 verboten die Vereinten Nationen per Konvention den militärischen Einsatz der Wettermanipulation.

Derzeit experimentiert man in den Staaten mit künstlicher Schneegewinnung, zum Beispiel für Skigebiete – bisher mäßig erfolgreich. 0,3 Millimeter zusätzlicher Niederschlag konnten in den Rocky Mountains gewonnen werden. "Das wären 45 Minuten Nieselregen", sagt Meteorologin Lohmann.

Mit Silberjodid gegen Hagelschäden

Und auch in Deutschland steigen regelmäßig Flugzeuge mit Silberjodid beladen in den Himmel – allerdings nicht zur großangelegten Wettermanipulation, sondern zur Hagelabwehr. In Bayern und Baden-Württemberg werden sie als sogenannte Hagelflieger eingesetzt. Das Ziel: kleine Graupel statt großer Hagelkörner.

"Hagelschäden nehmen massiv zu, je größer die Körner werden", so Lohmann. Daher finanzieren teils sogar Versicherungen die Flüge. Durch die Silberjodid-Partikel haben die Wolkentröpfchen mehr Gelegenheiten, zu gefrieren – dadurch entstehen mehr, aber kleinere Körner, so die Theorie.

Video | So sollen Hagelflieger Unwetterschäden verhindern
Quelle: Glomex

Doch die Expertin stellt den tatsächlichen Effekt infrage: "Wurde eine Wolke geimpft und es gibt keine Hagelschäden, soll das oft der Beweis für die Wirksamkeit sein", sagt Lohmann. "Man bräuchte zwei exakt gleiche Wolken, mit gleichen geografischen Gegebenheiten, eine geimpft, eine nicht. Das gibt es aber nicht." Deswegen gebe es keine guten, wissenschaftlichen Beweise für die Wirksamkeit des Wolken-Impfens, so die Forscherin.

Konflikte um Regen drohen

Auch die WMO kritisiert, dass Grundlagenstudien fehlten, sowohl zur Wetterbeeinflussung selbst als auch zu den ökologischen und soziologischen Auswirkungen. Denn die Wassermenge auf der Erde ist begrenzt. Übertragen auf Europa bedeutet das: "Wenn ich in Berlin eine Wolke zum Abregnen bringen würde, fehlt das Wasser dann vielleicht in Polen. Das birgt großes Potenzial für Konflikte", sagt Lohmann.

Die Wissenschaftlerin bleibt daher kritisch: "Mit dem, was in den USA gemacht wird, bin ich einverstanden", sagt sie. Ein bisschen zusätzlicher Schnee sei in Ordnung, auch wenn sie sich nicht sicher sei, ob sich der Aufwand angesichts der geringen Mengen lohne. Von großangelegten Maßnahmen wie zum Beispiel in China halte sie aber nichts – auch weil die statistischen Nachweise über einen großen Einfluss auf das Wetter fehlen.

Das Wetter macht, was es will

Dass die Kontrolle über das Wetter trotz Manipulationsmaßnahmen beschränkt bleibt, zeigte sich den Chinesen im Jahr 2009: Aufgrund einer Dürre hätten die Behörden riesige Mengen Chemikalien in die Wolken um Peking geschossen, berichteten damals chinesische Medien.

Der Effekt habe jedoch auch den Wetterdienst überrascht: Die Hauptstadt wurde von einem heftigen Schneesturm heimgesucht, Verkehrschaos und Flugausfälle inklusive. Millionen Menschen saßen frierend in ihren Wohnungen – der Sturm Anfang November kam vor dem Beginn der Heizperiode am 15. November. 16 Millionen Tonnen Schnee sollen auf Peking gefallen sein.

Dass das Wetter irgendwann macht, was der Mensch will, glaubt Lohmann ohnehin nicht: "Gott spielen können wir nicht." Tiefdruckgebiete würden von derart vielen Faktoren beeinflusst, dass man niemals alle kontrollieren könne. "Das Wetter wird immer eine gewisse Unvorhersehbarkeit haben."

Einen Ausbau der Wetterkontrolle muss man in Deutschland und Europa daher kaum fürchten – zumal politischer Wille dazu ohnehin nicht erkennbar ist und entsprechende Vorhaben wohl auf reichlich Widerstand stoßen würden.

Verwendete Quellen
  • Telefonisches Gespräch mit Prof. Dr. Ulrike Lohmann
  • reuters.com: "Yangtze tributary runs dry as China faces another month of drought", Nachrichtenagentur Reuters (englisch)
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