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Zum journalistischen Leitbild von t-online.Reisen Mit 120 Sachen in den Skifahrer-Himmel
Vars in den Hautes-Alpes hat die schnellste Piste der Welt - und (fast) jeder kann sie hinunter rauschen. . Doch kaum jemand kennt hierzulande die zweite Garde französischer Skigebiete. Oder haben Sie schon einmal etwas von Forêt Blanche gehört?
Ski der Superlative in Vars, das liegt etwa 250 Kilometer südlich von Genf: Mit jedem Meter nimmt die Steilheit auf der Piste zu, die einer Abschussrampe gleicht. Das ungute Gefühl in der Magengrube wächst exponentiell zum Abstand vom Auslauf, dessen rettende Sanftheit irgendwo da ganz weit unten wartet. Als der Punkt erreicht ist, an dem der Ehrgeiz den Selbsterhaltungstrieb nicht weiter zurückdrängen kann, heißt es: Ski in die Vertikale, tiefe Hocke, breite Skiführung, Stöcke unter die Achseln klemmen und den Rausch der Geschwindigkeit erleben.
Weltrekord von 252 km/h
Es geht richtig ab! Wie in einem Porsche, naja, vielleicht eher wie in einem Ferrari, schließlich ist der Weltrekordler in dieser Disziplin Italiener. Simone Origone stellte am 31. März 2014 mit 252,454 Kilometern pro Stunde einen neuen Weltrekord im Speed-Skiing auf. >>
Und zwar genau hier, auf der Piste de Chabrières in Vars im französischen Départment Hautes-Alpes. Damit war der Streckenrekord von Lokalmatador Philippe Billy aus dem Jahr 1997 Geschichte. Seine 243,902 Stundenkilometer waren damals Weltrekord. Auch heute ist Billy noch auf der Chabrières unterwegs - als Speed-Skiing-Lehrer. Es macht ihm offenkundig viel Freude, seine Leidenschaft weiterzugeben. Im Wettkampfgeschehen sind jetzt seine beiden Söhne aktiv.
Billy nennt man in Vars nur "Mr. Speed-Skiing", schließlich war er es auch, der die Idee hatte, diesen bis zu 98 Prozent (rund 44 Grad) steilen Couloir an der Ostflanke des Pic de Chabrières in Vars für eine Disziplin zu nutzen, deren Protagonisten in sechs Sekunden auf 200 Sachen beschleunigen.
Rekordpiste für jedermann
Seit zwei Wintern ist die Rekordpiste von mittwochs bis sonntags zwischen 10 und 14 Uhr für Schnellfahrer ab sechs (!) Jahren offen. >>
Wie schnell man fährt, hängt vor allem davon ab, wie weit man sich hochtraut. "Ganz nach oben lassen wir die Gäste natürlich nicht", schränkt Billy ein. Schließlich sollen sie heil unten ankommen und nicht solche spektakulären Stürze hinlegen, wie er am Ende seiner Rekordfahrt. Mehr als 5000 Skifahrer haben es schon ausprobiert, Geschwindigkeiten von um die 120 Stundenkilometer sind keine Seltenheit. Dann erlebt man, dass eine ausgestreckte Hand die Fahrtrichtung ändert und welchen immensen Widerstand die Luft hat, wenn man sich nach der Messzone aufrichtet.
Geübte Touristen schaffen 120 km/h
Die Chabrières ist aber nur eine von 116 Pisten im weiten Rund des Skigebietes Forêt Blanche, das neben dem alten Örtchen Vars Sainte Marie und seiner lebhaften Retortendependance Les Claux auch die architektonisch etwas charmantere Station Risoul 1850 umfasst. Skifahren kann man überall ganz formidabel, ob zwischen Bäumen auf selektiven Strecken wie der Sibières hinunter nach Les Claux oder auf den herrlich breiten Genusshängen jenseits der Waldgrenze, die an der 2580 Meter hohen La Mayt starten.
Schön auch die Abfahrt über den Pass ohne Namen, den "col sans nom". Sie stellt die leichteste Abfahrt vom 2750 Meter hohen Pic de Chabrières dar, von dessen Gipfel man im Norden an klaren Tagen den Mont Blanc erspähen kann. Im Westen hat man den tiefblauen Lac de Serre-Ponçon zu Füßen. Das Licht ist südlich, Nizza und das Mittelmeer sind schließlich nur 100 Kilometer entfernt.
Gleich gegenüber liegt die Crete de L"Eyssina. Die Nordseite dieses langgestreckten Bergkamms durchziehen Dutzende Furchen. In Kombination mit reichlich feinem Pulverschnee bis April ergibt das famoses Freeriding-Terrain. Die ersten Varianten erreicht man nach einer Viertelstunde Aufstieg vom Col des Crevoux, zu dem der gleichnamige Sessellift fährt. Bis zum 2837 Meter hohen Kulminationspunkt läuft man etwa eine Stunde. Unterwegs passiert man beständig weitere Einstiege in prächtig zu fahrende Couloirs, Kare und Rinnen. Auch wenn der felsige Grat von unten grimmig aussieht: auf seiner Rückseite sind die Varianten problemlos zugänglich. >>
Perfekt ist, dass sie alle wieder zurück ins Pistennetz führen. Fazit: Vars ist definitiv eine Reise wert. Die Anfahrt ist wegen Autobahn- und Tunnelmaut nicht gerade günstig. Wermutstropfen sind auch die sechs Stunden, die zwischen der Schweizer Grenze bei Basel und der Heimat von Philippe Billy liegen. Außerdem müssen Ski-Fans unterwegs eine Reihe ebenfalls recht vielversprechender Skiziele links oder rechts liegen lassen: Les Sybelles oder die Voie Lactée etwa, die mit jeweils um die 200 Pistenkilometern ebenfalls zu den alpinen Skigebiets-Giganten zählen.
Doch die Extrameilen lohnen sich: Weil Forêt Blanche in der Kategorie Pistenkilometer pro Skipass-Euro unschlagbar ist und so manche Überraschung bereithält. Immerhin protzt der Zusammenschluss der Stationen Vars und Risoul mit einer Pistenlänge, die in Österreich oder der Schweiz nur die absoluten Top-Areale vorweisen können. Winter-Impressionen sehen Sie in unserer Fotoshow.
Weitere Informationen: Skigebiet: Forêt Blanche hat 185 Pisten-Km, 51 Lifte, 1650 - 2750 m, Vars bietet sieben Snowparks, der spektakuläre Eyssina-Park gilt als einer der besten in Europa. Sieben Shaper kümmern sich um die insgesamt 110 Module. Sehr lebhafte Freestyle-Szene, viele Events.
Unterkunft: Hotel L"Alpage & Spa, F-05560 Vars Sainte-Marie, Tel. 0033/492465052, www.hotel-alpage.com, fußläufig zur Sesselbahn im historischen Ortskern gelegen, DZ inkl. Frühstück ab 120 Euro (7 Tage HP p.P. ab 382 Euro)
Anreise: Von der Grenze in Basel via Genf, Chambery, A43, A13, Modane, Tunnel du Fréjus (52,90 Euro retour), Col du Montgenèvre und Briançon nach Vars (545 km), von der Grenze in Bregenz via Chur, Bellinzona, Turin, Susa, Col du Montgenèvre (583 km).
Skipasspreise: Tagespass Erwachsene / Kinder (Hochsaison) 38/30,40 Euro, 6 Tage 190/152 Euro
Allgemeine Informationen: Forêt Blanche, Tel. 0033/492465131 (Vars), www.laforetblanche.com