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Perlen-Pionier Brown: Der Millionär, der in der Baumhütte lebte


Perlen-Pionier
Er machte Millionen – und lebte in der Baumhütte


Aktualisiert am 06.08.2025Lesedauer: 7 Min.
Perlfarmer Dean Brown (M.) mit seinen Söhnen Bruce (l.) und Lyndon.Vergrößern des Bildes
Perlenzüchter Dean Brown (M.) mit seinen Söhnen Bruce (l.) und Lyndon. (Quelle: Cygnet Bay Pearl Farm)
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An der rauen Nordwestküste Australiens, wo das rote Outback auf das tiefblaue Meer trifft, liegt ein Ort voller Geheimnisse und Geschichten: die Perlenfarm Cygnet Bay.

Die Geschichte der Cygnet Bay Pearl Farm beginnt vor fast 80 Jahren mit einem Mann namens Dean Murdoch Brown. 1946, kurz nach dem Kriegsende, segelte er in einem einfachen Fischerboot die westaustralische Küste in Richtung Norden. In einer abgelegenen Bucht der Dampier-Halbinsel, mehrere Tagesreisen nördlich der Regionalhauptstadt Broome, schlug er schließlich sein Zelt auf.

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In der Einöde machte sich Brown daran, das wertvolle Perlmutt aus den Austernschalen zu sammeln. Perlmutt war in den 1940ern weltweit gefragt und erzielte hohe Preise. Die Suche nach dem Material erlebte zu jener Zeit einen Boom an Australiens Küsten.

Brown lebte in einer Holzhütte, die er aus dem Holz der Myrtenheide ("Paperbark Tree") zusammengezimmert hatte. Jeden Morgen fuhr er mit einem Holzboot aufs Meer und fischte nach den wertvollen Austern. Ein Mann im Kampf mit den Gezeiten und der Einsamkeit. Es war der bescheidene Beginn einer sagenhaften Erfolgsgeschichte.

Unterstützt wurde Brown bald von seinem Sohn Lyndon. Dem gelang Ende der 1950er-Jahre, was bis dahin nur einige wenige Japaner vermochten: Lyndon perfektionierte die künstliche Befruchtung von Austern – er revolutionierte damit die Perlenzucht in der südlichen Hemisphäre. Die australische Südsee-Auster (lateinisch "Pinctada maxima") wurde für die Browns zum Gold der Dampier-Halbinsel: Sie schürften es im türkisblauen Wasser der Cygnet-Bucht.

Großer Pioniergeist und Respekt vor den Einheimischen

Weitere bahnbrechende Errungenschaften folgten. So entwickelte die Brown-Familie in den 1960er-Jahren einen der weltweit ersten Tauchhelme, der nicht aus schwerem Eisen zusammengeschweißt war. Auch gelang es ihr, ein traditionelles Perlenfischerboot aus Glasfaser herzustellen. Bis dato waren diese "Jugger" stets aus Holz gemacht worden, was die harte Arbeit auf See enorm erschwert hatte.

Und Dean Brown, ein hagerer, von der Sonne gegerbter Pionier, machte noch etwas anders als andere australische Glückssucher jener Zeit. Er baute sein Geschäft mithilfe der traditionellen Hüter des Landes auf. Brown arbeitete eng mit den Aboriginal peoples zusammen. Er kooperierte mit ihnen, in dem Bemühen, ihre Kultur zu würdigen und ihre heiligen Stätten nicht zu zerstören. Und er nutzte ihr jahrtausendealtes Wissen über das Ökosystem Meer.

Dean Brown (M.) mit seinen Söhnen Bruce (l.) und Lyndon in den 1960er-Jahren.
Dean Brown (M.) mit seinen Söhnen Bruce (l.) und Lyndon in den 1970er-Jahren. (Quelle: Cygnet Bay Pearl Farm)

Porträt: Dean Brown

Dean Murdoch Brown gründete 1946 die Cygnet Bay Pearl Farm – als einer der ersten Pioniere der australischen Perlenzucht. Mitten im Busch schuf er ein Unternehmen, das ihn reich machte. Doch statt im Luxus zu leben, blieb Brown dem einfachen Leben treu. Sein Zuhause war eine Hütte, gebaut aus der Rinde der heimischen Myrtenheide, dem sogenannten Paperbark Tree. Keine Elektrizität, kein Luxus – er vertraute nur auf das Meer, die Stille und seine Arbeit. In der Region nannte man ihn bald ehrfürchtig den "Millionär, der in der Baumhütte lebt". Dean Murdoch Brown starb im Jahr 2003.

Heute ist die Cygnet Bay Perlfarm ein florierendes Familienunternehmen, das erste seiner Art in Australien, das sich ausschließlich im Besitz von Australiern befindet und vollständig vor Ort produziert. Wer hierherkommt, erlebt bei einer Führung hautnah, wie Perlen gezüchtet und geerntet werden. Wer mag, kann selbst eine der riesigen Austernschalen öffnen – und im Inneren mit etwas Glück eine wunderschöne, silbern glänzende Perle finden.

Tausende dieser Austern schlummern im türkisfarbenen Wasser der Bucht. Sie wachsen im kristallklaren Wasser vor der Dampier-Halbinsel, in einer der weltgrößten tropischen Gezeitenzonen. Die Meeresbiologen, die auf der Farm tätig sind, überwachen ständig die Wasserqualität, denn sie ist entscheidend für das Wachstum der Austern. Die Experten sichern so nicht nur den Ertrag für das Unternehmen, sie stellen auch sicher, dass das Ökosystem rund um die Perlenfarm intakt bleibt.

Das Erbe der Vorväter bewahren

Doch der eigentliche Schatz des Ortes liegt nicht nur unter der Meeresoberfläche – er liegt in der Verbindung zwischen Land, Kultur und Menschen. Seit Jahrtausenden leben die Bardi Jawi, das indigene Volk dieser Küste, in tiefer Harmonie mit dem Meer. Sie nennen es Saltwater Country – ein Begriff, der nicht nur das Land an sich beschreibt, sondern die spirituelle Einheit von Gezeiten, Nahrung, Geschichten und Verantwortung für die Natur, in der die Menschen wandeln.

Die Familie Brown arbeitete von Anfang an mit den Bardi Jawi zusammen. Viele der ersten Arbeiter auf der Farm waren Mitglieder der lokalen Community – ihre nautischen Fähigkeiten als exzellente Schwimmer und Taucher, ihre Ortskenntnisse und ihr fundiertes Wissen von den ökologischen Prozessen waren mitentscheidend für die Blüte und das Überleben des Unternehmens.

Seit dem Jahr 2000 führt Deans Enkel James Brown die Cygnet Bay Pearl Farm. Mit ruhiger Stimme sagt er: "Meine Familie hat das große Glück, diesen ganz und gar unglaublichen Ort unser Zuhause zu nennen".

Brown ist unter den Bardi Jawi aufgewachsen, hat von klein auf ihre Kultur, Sprache und Traditionen gelernt. Diese enge Verbindung führte dazu, dass die indigene Gemeinschaft ihn irgendwann als einen von ihnen akzeptierte – eine Anerkennung, die für einen Weißen außergewöhnlich und bedeutsam ist.

Einer seiner ältesten Freunde ist Terry Hunter, ein Bardi-Jawi-Mann. "Die ganze Perlfarm war für uns im Grunde unser Spielplatz – wir haben allerhand Unfug getrieben", sagt Terry über die Kindheit der beiden. "Einfach mit einem Speer umherzustreunen, im Busch zu zelten, das ist pure Freiheit", ergänzt James Brown.

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Aboriginal people bei einer Zeremonie in Westaustralien.
Aboriginal peoples bei einer Zeremonie in Westaustralien. (Quelle: CJ Maddock)

Aboriginal peoples

In Australien gibt es nicht die Aborigines. Es gibt mehr als 600 Einzelvölker, Clans und Stämme, die sich in ihrer Lebensart und Sprache teilweise deutlich unterscheiden. Der Sammelbegriff Aborigines stammt aus der Kolonialzeit und suggeriert eine angebliche Einheitlichkeit der indigenen Bevölkerungsgruppen, die so nie existiert hat. Im Englischen werden daher die Begriffe Indigenous peoples, First nation peoples, Aboriginal and Torres Strait Islander peoples oder einfach Aboriginal peoples verwendet.

Terry Hunter führt Besucher in die Kultur der Badi Jawi ein

Die Verbindung zwischen Terry und James hat eine lange Geschichte. Schon Terrys Urgroßvater half James' Großvater bei der Perlenzucht. Nachdem er selbst die Farm übernommen hatte, öffnete der ausgebildete Meeresbiologe James Brown den Betrieb für Touristen und Besucher. Brown hat in den vergangenen Jahren viel verändert: Er etablierte ein meeresbiologisches Forschungszentrum, die Kimberley Marine Research Station, und setzte neue Standards in puncto Transparenz und Nachhaltigkeit. "Die Menschen wollen heute wissen, woher ihre Perle kommt – und ich finde, sie haben jedes Recht dazu", sagt Brown.

Als General Manager der Cygnet Bay Pearl Farm agiert er inzwischen eher im Hintergrund, während Terry Hunter den Gästen bei täglichen Führungen sein tiefes Wissen über die Kultur der Kimberley-Region und der Bardi Jawi vermittelt.

Eine Million Dollar für eine Perle

Etwa 80.000 Perlen werden auf der Farm jedes Jahr produziert. Sie zu kultivieren ist Kärrnerarbeit: Jeden Tag rücken Farmarbeiter aus, um die Austern zu säubern. Fünf bis sechs Wochen dauert es, bis alle wertvollen Muscheln geputzt sind. Dann wiederholt sich der Prozess – die Arbeiter fangen wieder von vorn an. Doch die Schufterei lohnt sich. Perlen von der Dampier-Halbinsel zählen zu den schönsten der Welt.

Darunter auch die größte jemals gezüchtete Südseeperle: 22,24 Millimeter im Durchmesser, 70 Millimeter im Umfang und 156  Gramm schwer. Für die Perle, so erzählt James Brown, bot ihm ein Sammler eine Million australische Dollar. Brown lehnte ab. Heute ist das seltene, in Weiß und Pink schimmernde Exemplar immer noch in Familienbesitz. "Der Wert der Perle ist schlicht nicht zu taxieren", sagt Rosario Autore, Chefin des Perlengroßhändlers Autore in Sydney. "Es ist die einzige Südseeperle dieser Größe und Qualität, die uns bekannt ist".

Kein folkloristisches Beiwerk, sondern echte Verbindung

Wer den etwas beschwerlichen Weg von Broome nach Cygnet Bay auf sich nimmt, wird aber mit weitaus mehr als den Anblick wertvoller Perlen belohnt: Ruhe, unvergessliche Natur, aber auch Abenteuer. Die Farm bietet Bootstouren zu den Horizontal Falls an – einem gezeitengetriebenen Naturwunder, bei dem sich das Wasser mit gewaltiger Kraft durch zwei enge Felsschluchten drückt. Es ist eines der spektakulärsten Phänomene der Kimberley-Region – und nur mit dem Boot erreichbar.

Zurück auf dem Farmgelände können Besucher zwischen Camping unter dem Sternenhimmel und luxuriösem Glamping in Safarihütten mit Meerblick wählen. Wer es ruhig mag, kann den Sonnenuntergang mit einem Glas Wein genießen. Wer tiefer eintauchen will, bucht eine Tour zum Staircase to the Moon, einer optischen Illusion, die von März bis November in der Region zu beobachten ist: Bei Ebbe und Vollmond scheint der Horizont zu verschwinden und eine Treppe aus illuminierten Stufen direkt zum Himmelsgestirn zu führen.

Was Cygnet Bay aber vor allem so besonders macht, ist die gelebte Partnerschaft zwischen den Browns und den Bardi Jawi. Der indigene Einfluss ist kein folkloristisches Beiwerk, sondern ein echter, nachhaltiger Beitrag zum wirtschaftlichen und ökologischen Erfolg der Farm. Für James Brown ist das Erbe der Vorväter eine Verpflichtung: "Wir nutzen dieses Land nur vorübergehend, wir haben es geliehen – so wie jeder andere auch. Das gilt es zu bewahren."

So sieht es auch Bolo Angus. Der Bardi-Jawi-Mann nimmt Besucher mit auf Tour in die Mangroven der Dampier-Halbinsel. Mit Speeren bewaffnet und durch tiefen Schlamm watend, dürfen die Gäste Mudwater-Crabs, große Mangroven-Krabben, jagen. Doch die Jagd erfordert Geschick und jahrelange Übung, zumal die Scheren der Tiere kräftig sind, wenn man ihnen zu nahe kommt.

Nachdem die Gäste mit dem Speer vergeblich ihr Glück versucht haben, ist es schließlich Bolo Angus, der mehrere der imposanten Tiere erlegt. Mit traumwandlerischer Sicherheit bewegt er sich durch die Salzwassersümpfe, barfuß watet er durch die herein drängende Flut. Plötzlich dreht er sich blitzschnell um, greift ins Wasser und zieht mit bloßen Händen eine Riesenkrabbe heraus. "Wir sind nicht die Eigentümer dieses Landes", sagt Angus und wirft das zappelnde Tier wieder zurück ins Wasser. "Wir kümmern uns nur darum, solange wir hier leben."

Rosanna Angus: "Unsere Kultur ist keine Show"

Kaum jemand kann diese besondere Beziehung zur Natur, zu den Gestirnen und Gezeiten so anschaulich beschreiben wie Bolos Schwester Rosanna Angus. Sie gilt als eine der charismatischsten Stimmen ihrer Volksgruppe. Rosanna Angus ist Guide, Unternehmerin und Brückenbauerin zwischen den Welten – der indigenen und der Welt der weißen Australier, die einst als Kolonialisten in das Land kamen, auf dem ursprünglich die Aboriginal peoples lebten. Rosanna Angus' Touren führen Besucher tief in das kulturelle Herz der Region – zu den heiligen Inseln von Oolin Sunday, die in der Traumzeit der Bardi Jawi eine zentrale Rolle spielen.

"Die Leute wollen echte Geschichten", sagt Angus. "Sie wollen nicht nur mit Information, mit Fakten betäubt werden, sondern sie wollen etwas über die Verbindung zu dem Land erfahren. Und dieses Land, auf dem wir stehen, spricht ununterbrochen mit uns. Man muss nur richtig zuhören."

Sie zeigt versteckte Felsgravuren, erzählt uralte Schöpfungsgeschichten, erklärt die Gezeitenströmungen und ihre Bedeutung für Jagd und Alltag. Wer mit Rosanna Angus zu den Oolin Sunday Inseln fährt, erlebt ein magisches Stück Natur, abgeschieden, unberührt und wild. Für ihre Arbeit wurde sie 2023 als "Australia’s Top Tour Guide" ausgezeichnet.

Mit jedem Schritt auf den Inseln, mit jeder Geschichte wird klar: Hier ist nichts Kulisse – alles ist Teil eines lebendigen, sich weiterentwickelnden Erbes. Rosanna Angus bringt das auf ihre Weise auf den Punkt: "Unsere Kultur ist keine Show. Sie ist Teil unserer Identität – und sie ist immer noch sehr lebendig."

Glamping auf der Cygnet Bay Pearl Farm.
Glamping auf der Cygnet Bay Pearl Farm. (Quelle: Jarrad Seng/Tourism Western Australia)

Anreise nach Westaustralien

Die Dampier-Halbinsel befindet sich im äußersten Nordwesten Australiens, zu erreichen ist sie am besten über die Landeshauptstadt Perth. Von dort Weiterflug mit dem Flugtaxi von Nexus Airlines nach Broome oder per mehrtägiger Fahrt mit dem Auto/Wohnmobil. Übernachtung etwa im Oaks Broome Hotel oder im eigenen Wohnmobil auf ausgezeichneten Campingplätzen. Von Broome sind es rund drei Stunden Fahrt bis zur Cygnet Bay Pearl Farm. Dort Übernachtung in komfortablen Glamping-Hütten oder auf dem hauseigenen Campingplatz. Flüge von Frankfurt/Main nach Perth, etwa mit Qatar Airways, Qantas oder Thai Airways, ab 1.000 Euro.

Transparenzhinweis: Diese Reportage wurde vom Tourismusverband Westaustraliens unterstützt.

Verwendete Quellen
  • Besuch der Cygnet Bay Pearl Farm und Perlentour
  • Tour mit Rosanna Angus zu den Oolin Sunday Islands

Quellen anzeigenSymbolbild nach unten

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