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Zum journalistischen Leitbild von t-online.Leben Entertainer mit Flasche
Es klingt wie ein Traumjob: Den ganzen Tag ins Weinglas gucken und dafür auch noch bezahlt werden. So verschaffen sich Kellner und Kellnerinnen mit einer Zusatzausbildung zur Commis-Sommelière bessere Chancen auf dem Arbeitsmarkt. Sie beraten einen Gast im Restaurant und erklärt, welcher Wein zu welchem Gericht passt. "Ein Sommelier muss feinfühlig vorgehen und genau wissen, wie er den Gast ansprechen kann", sagt Alexander Kohnen von der Sommelier Union Deutschland. "Im Prinzip ist der Sommelier ein Entertainer!"
Eine Ausbildung zum Commis-Sommelier mit geprüftem Abschluss bietet zum Beispiel das International Wine Institute in Bad Neuenahr an, als kleine Variante der Ausbildung zum hoch angesehenen Beruf des Profi-Wein-Sommeliers. Letztere sind überall auf der Welt gefragt, sagt Kohnen. Früher habe er selbst einmal als Koch und Kellner gearbeitet, jetzt engagiert er sich in der Weiterbildung. Er gründete vor 20 Jahren die Deutsche Weinschule in Koblenz mit und ist überzeugt, dass die deutsche Ausbildung zum Sommelier inzwischen genauso wertvoll sei wie die französische.
Für die Ausbildung zum Sommelier ist eine gastronomische Vorerfahrung als Koch oder Restaurantfachmann notwendig, denn die Weinberater sind nicht nur Schöngeister und Genussmenschen, sie müssen auch Gefühl für Zahlen und Fakten mitbringen. >>
Der Sommelier eines Sterne-Restaurants hat nicht selten, einen Weinkeller im Wert von bis zu 300.000 Euro zu verwalten. Gleichzeitig spricht er täglich mit dem Koch das geplante Menü durch, macht Veränderungsvorschläge, um seine Weine optimal dem Essen anzupassen.
"Genussmanager" - so wird ein Sommelier auch genannt. Schließlich weiß er nicht nur über Wein, sondern auch über Kaffee, Tee, und Whisky Bescheid. Seinen Ursprung hat dieser Gourmet-Beruf übrigens in den Schlachten des 30-jährigen Krieges: Die Generäle leisteten sich damals schon Weinberater, die die militärischen Oberhäupter mit wohlbedachten Kombinationen von Speisen und Getränken bei Laune hielten.
Weinkonsum gesteigert
Ein erfahrener Weinberater verdient heute leicht 4.000 Euro monatlich – oder mehr. "Ein Restaurantbetreiber im Ahrtal, der sich nach reiflicher Überlegung doch einen Sommelier geleistet habe, steigerte den Weinkonsum in seinem Restaurant um satte 480 Prozent", sagt Kohnen. >>
Weniger nah am Endverbraucher sind andere Berufe in der Weinwirtschaft. Die Hochschule RheinMain in Geisenheim bietet eine akademische Ausbildung mit Schwerpunkt Weinhandel an. Dort erwerben Studenten nach sechs Semestern den Bachelor of Science in Internationaler Weinwirtschaft. Auch hier gilt: Ein Bezug zum Wein ist vorteilhaft. "40 Prozent unserer Studienanfänger kommen aus Familien mit Weinhandelshintergrund oder sogar direkt von Weingütern", sagt Wilma Mattmüller-Schultz von der Hochschule Geisenheim, die vor allem Studienanfänger berät und betreut.
Vorraussetzung für das Studium ist ein 26-wöchiges Vorpraktikum, mindestens acht Wochen soll der zukünftige Student auch auf einem Weingut verbracht haben, um zu wissen, was es überhaupt bedeutet, Wein zu erzeugen. "Weinlese ist kein Spaziergang im Weinberg", sagt Mattmüller-Schultz.
Wein-Marketing gehört dazu
Die klassischen Jobs für den Bachelor of Science in der Internationalen Weinwirtschaft liegen in Wein-Handelshäusern, im Einkauf, bei der Qualitätskontrolle oder auch als Produktmanager. Wein-Marketing ist ein wichtiger Aspekt des Studiengangs, manche Studenten vertiefen diesen und arbeiten nach ihrem Abschluss auf großen Weingütern oder in Kellereien im Vertrieb. Durch den Schwerpunkt Önologie, der Fachkenntnis vom Weinbau, grenzt sich der Studiengang vom klassischen Betriebswirtschaftslehrgang ab.
Gleich ins Ausland
Fremdsprachen sind übrigens ein Muss in diesem Studiengang: Interessieren sich ausländische Weinproduzenten für den deutschen Markt, brauchen sie kompetente Vertreter vor Ort. Das kann ein Berufsziel dieses Abschlusses sein. Manche Absolventen gehen gleich ins Ausland – so arbeitet ein ehemaliger Student inzwischen im Vertrieb einer großen französischen Kellerei, ein anderer hat sich mit einem Weinladen in Schottland selbständig gemacht. >>
Die Studenten lernen ausländische Märkte kennen und verstehen. Wer weiss schon, dass die Skandinavier, die Australier und sogar die Franzosen kein Problem mit Wein in Plastikschläuchen haben? Selbst hochwertige Tropfen verkaufen sich gut in der sogenannten "Bag-In-Box"-Verpackung. Durch das Vakuum, das der Plastikschlauch erzeugt, wird der Wein optimal vor Luft und damit vor Oxidierung geschützt und hält länger – undenkbar in Deutschland, wo ein guter Wein gefälligst aus einer verkorkten Glasflasche zu kommen hat. Für gezieltes Marketing ist solches Wissen unerlässlich.
"Lehre aufgesaugt"
Die Hochschule hat übrigens zeitweise auch einen kleinen Stamm an weinbegeisterten Gasthörern. Gegen einen Grundstudienbetrag dürfen die oft älteren Teilzeitstudenten bestimmte Fächer belegen und ihr Fachwissen erweitern. "Wir hatten da mal drei ältere Herren als Gasthörer," sagt Mattmüller-Schulz und lacht. "Die haben die Lehre geradezu aufgesaugt."