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Zum journalistischen Leitbild von t-online.Schulkind & Jugendliche Elternbeirat - nur ein Kuchenbäckeramt?
Jeder kennt das. Die Wahl zum Elternbeirat steht an und plötzlich muss der Großteil der Anwesenden dringend etwas in seinen Unterlagen nachsehen oder gar unter dem Tisch suchen. Das kollektive Wegducken beginnt. Letztendlich sind es immer wieder ähnliche Persönlichkeiten, die sich trotzdem zur Wahl stellen. Viele von ihnen sind voller Motivation, manche scheinen aber einfach auch nur den Klang des Titels zu lieben. Diese Dinge sollte ein Elternbeirat mitbringen.
Engagement kann sich bezahlt machen
Es ist per Gesetz vorgeschrieben: Einrichtungen, die Kinder betreuen, brauchen auch Gehör für die Stimme der Eltern: vertreten durch den Elternbeirat, manchmal auch Elternkuratorium oder Elternrat genannt. Das gilt trotz Föderalismus in allen Bundesländer. Die Träger beziehungsweise Leiter der Einrichtungen sind verpflichtet, den Elternbeirat bei wichtigen Entscheidungen zu informieren und anzuhören. Das Verständnis der Eltern für die Bildungs- und Erziehungsziele soll geweckt werden und Wünsche, Anregungen und Vorschläge aus der Elternschaft an die Führung der Einrichtung weitergeleitet werden, ehrenamtlich und im Sinne der Kinder. Soviel zur Theorie.
Ein undankbares Amt, in dem man gegen Windmühlen kämpft?
In der Praxis haben viele engagierte Eltern das Gefühl, gar nichts ausrichten zu können. "Wir waren gut, um der Leitung das lästige Einsammeln von Spenden abzunehmen, um Feste zu organisieren und Essen vorzubereiten", beschwert sich Ella, die nach zwei Jahren Elternbeirat in der Schule ihrer Tochter genervt das Handtuch schmiss. "Sobald es aber darum ging, dass vonseiten der Einrichtung etwas geschehen sollte, vielleicht sogar festgefahrene Strukturen mal aufgebrochen werden sollten, da wurde sofort gemauert." Dieses Phänomen kennt Heike Hein nur zu gut: "Es gibt Schulleitungen, die ihre Eltern tatsächlich als Kuchenbäcker ansehen. Doch diese Spezies ist auf dem Rückzug. Viele Schulleitungen haben entdeckt, dass gut informierte Eltern der Schule in vielen Bereichen helfen können."
Die Vorsitzende im Gemeinsamen Elternbeirat für die Volksschulen Nürnberg gibt zu bedenken, dass die Mauern auch oft aufgrund schlechter Erfahrungen aufgebaut wurden. Dass man erst einmal hinterfragen sollte, warum gemauert wird. "Auch die Leitungen der Einrichtungen möchten ernst genommen werden. Oft hapert es beim Engagement von Eltern an der gegenseitigen Wertschätzung."
Einfach rummeckern kann jeder
Gut durchdachte Konzepte sind der wichtigste Schritt auf dem Weg zur Umsetzung. Die Vorschläge sollten fundiert sein, integrierbar in den Alltag und sie sollten beweisen, dass die Elternvertreter tatsächlich informiert sind über die Einrichtung und deren Abläufe. Besonders wertvoll sind Beispiele anderer Einrichtungen, bei denen die angedachte Veränderung bereits Erfolg gezeigt hat. Hier zeigt sich der Vorteil einer engen Vernetzung der verschiedenen Elternvertreter. "Eine gewisse Hartnäckigkeit ist auch immer gut. Schulleitungen fürchten sich manchmal vor zu viel Aktionismus, der dann im Sande verläuft. Eltern haben nur eine begrenzte Zeit an der Einrichtung, die Leitungen nicht. Möglicherweise müssen die dann mit dem angefangenen Projekt fertig werden."
Äußere Umstände wirken auf die Arbeit des Elternbeirats
Andere Eltern zu aktivieren und zu motivieren gehört zu den Aufgaben des Elternbeirats. Besonders kompliziert ist das oft in Vierteln, die als soziale Brennpunkte gelten. "Es ist ungleich schwieriger, hier Geld aufzutreiben." Aber auch in Schulen in einem beschaulichen Viertel gibt es Kinder, die finanzielle Unterstützung benötigen, zum Beispiel, um mit zum Skilager zu fahren. "In solchen Vierteln", erklärt Heike Hein, "ist aber eher der Druck der Eltern auf die Kinder höher." Was zwar nicht unmittelbar mit dem Elternbeirat zu tun habe, aber doch seine Arbeit beeinflussen kann.
Gerade in sozialen Brennpunktvierteln lohnt sich der Einsatz
"Schulen in Vierteln mit sozialen Problemen haben dagegen oft auch ein Elternklientel, das verlernt hat, für sich Verantwortung zu übernehmen und damit auch keine Verantwortung für andere übernehmen kann." Dass dies natürlich nicht für jeden Bewohner eines schwierigen Viertels gilt, das betont Heike Hein ausdrücklich. Doch gerade, wenn das Kind zum Beispiel eine Grundschule besuchen muss, deren schlechter Ruf ihr bereits vorauseilt, ist man gut beraten, sich von Anfang an aktiv im Elternbeirat einzubringen. Denn das bringt Einfluss- und Gestaltungsmöglichkeiten und gibt die Möglichkeit, die Rahmenbedingungen auch fürs eigene Kind zu verbessern.