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Zum journalistischen Leitbild von t-online.Kinder und Jugendliche "Schon kleine Alkoholmengen richten erheblichen Schaden an"
Wenn Erwachsene zu viel Alkohol trinken, kann das die Gesundheit gefährden. Bei Kindern und Jugendlichen gefährdet es ihre gesamte Zukunft.
Burkhard Blienert hat die Nase voll vom seichten Umgang mit Alkohol. Der Drogen- und Suchtbeauftragter der Bundesregierung fordert jetzt im Interview mit der Deutschen Presse-Agentur (dpa), die Altersgrenze beim Alkoholkauf von derzeit 16 Jahren anzuheben. Außerdem müsse die Regelung, dass Jugendliche ab 14 Jahren im Beisein ihrer Eltern Alkohol trinken dürfen, abgeschafft werden.
Warum Blienert so harte Forderungen stellt? In Deutschland gilt das Glas Wein oder Bier als Teil unserer Kultur und viel gerühmten Gemütlichkeit. An der sollen auch unsere Kinder Anteil haben. Ein Familien- oder Dorffest ohne Bier? Undenkbar. Und aus einem Gläschen wird dann schnell ein Gelage. Über die Folgen des Alkohols für Kinder und Jugendliche denken wir zu wenig nach – dabei sind diese drastisch.
Gehirnentwicklung bei Jugendlichen nicht abgeschlossen
Die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung BZgA schließt sich den Blienert-Forderungen an. "Kinder und Jugendliche unter 16 Jahren sollten gar keinen Alkohol trinken – denn bei ihnen ist die körperliche Entwicklung noch nicht abgeschlossen, besonders das Gehirn ist bei Heranwachsenden sehr empfindlich. In dieser Zeit kann Alkohol schon in kleinen Mengen erheblichen Schaden anrichten", sagt Diana Schulz, Sprecherin der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung, t-online.
Ein Alkoholrausch in jungen Jahren sei mit großen gesundheitlichen Risiken verbunden. Organe können geschädigt und die Hirnreifung könne beeinträchtigt werden. Auch Langzeitschäden seien nicht auszuschließen.
Nicht zu unterschätzen ist zudem: Alkohol kann schon bei relativ geringen Mengen die Sehfähigkeit und die Bewegungskoordination beeinträchtigen. Bereits bei 0,1 Promille beginnen laut Schulz zum Beispiel Einschränkungen in der Koordination, in der Reaktionszeit und auch in der Wahrnehmung.
Erhöhtes Risiko von Alkoholsucht für Kinder
Schulz warnt: "Außerdem: Je früher Jugendliche Alkohol trinken, desto größer ist die Gefahr, später gewohnheitsmäßig zu trinken oder abhängig zu werden."
Darauf weist auch Hans-Jürgen Nentwich, Kinder- und Jugendarzt sowie Mitglied des Expertengremiums beim Berufsverband der Kinder- und Jugendärzte (BVKJ), hin. "Wer im Alter von zwölf Jahren beginnt, Alkohol zu trinken, hat laut Studien ein um 41 Prozent erhöhtes Risiko, später unter Alkoholsucht zu leiden – verglichen mit 17 Prozent und 11 Prozent für diejenigen, die im Alter von 18 beziehungsweise 21 Jahren damit anfangen", so Nentwich.
Die Sucht nach dem Glücksgefühl
Das liegt auch an der Belohnungsreaktion unseres Körpers. Wie ist das gemeint? Nach einem Gläschen Wein fühlen wir uns meist gelöst und fröhlich. Das liegt daran, dass Alkohol unter anderem die Glückshormone Dopamin und Serotonin im Gehirn freisetzt, die angenehme Gefühle erzeugen. Insbesondere Dopamin ist dabei Teil des Belohnungssystems im Gehirn.
Für Pubertierende kann das drastische Auswirkungen auf den Rest des Lebens haben. "So legen Studien nahe, dass Alkoholkonsum in jungen Jahren die Belohnungsreaktion des Dopaminsystems auf Alkohol bis ins spätere Leben verstärkt und so Menschen längerfristig anfälliger für Alkoholsucht macht", sagt Nentwich.
Studie zur Wirkung von Alkohol auf Teenager
Neuropsychologen der University of California in San Diego fanden bei einer Untersuchung unter 65 Jugendlichen im Alter von 16 bis 18 Jahren heraus: Das Gehirn von Teenagern, die sich regelmäßig betrinken, erholt sich auch nach vier Wochen Abstinenz nicht vollständig von den schädlichen Auswirkungen. Bei den schulischen Leistungstests (Rechnen, Gedächtnis, Schreiben, Impulskontrolle) schnitten die Jugendlichen, die Alkohol zu sich nahmen, mit fünf bis zehn Prozent schlechter ab als nüchterne Kinder.
Wo finde ich mehr Informationen?
Zur Förderung einer kritischen Haltung von Jugendlichen zu Alkohol sensibilisiert die BZgA mit der Alkoholpräventionskampagne "Alkohol? Kenn dein Limit" die jugendliche Zielgruppe. "kenn-dein-limit.info" richtet sich an Jugendliche ab 16 Jahren. Die Kampagne informiert über die besonderen Risiken von zu hohem und riskantem Alkoholkonsum bei jungen Menschen und regt zum kritischen Nachdenken über das eigene Verhalten an.
- Schriftliches Interview mit Diana Schulz, Sprecherin der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung BZgA
- kinderaerzte-im-netz.de: "Alkoholmissbrauch als Jugendlicher zeigt noch zwei Jahrzehnte später Auswirkungen"
- Journal of the International Neuropsychological Society: "Adolescent Heavy Episodic Drinking: Neurocognitive Functioning during Early Abstinence" (englisch)
- BZgA/kenn-dein-limit-de: "So umfangreich wirkt sich Alkohol auf das Gehirn aus"
- Material der Nachrichtenagentur dpa