David Lama klettert frei durch die Kompressorroute am Cerro Torre
Bereits als 19-Jähriger gilt der mehrfache Europa- und Jugendweltmeister David Lama als Wunderkind der Kletterszene. Kletterhallen sind ursprünglich sein Revier. Erfahrung in den Bergen, an großen Wänden hat er anfangs wenig. Mit dem Angriff des Cerro Torre betrat der mittlerweile 23-jährige Bergsteiger also eigentlich völliges Neuland.Zum Artikel: David Lama gelingt die erste freie Begehung der Kompressorroute am Cerro Torre in Patagonien
Und es ist kein leichtes Land, was er betrat: Der 3128 Meter hohe Cerro Torre (spanisch: Turm-Berg) in Patagonien gilt aufgrund seiner steilen, glatten Felswände in Bergsteiger-Kreisen als einer der größten Herausforderungen der Welt. Schon seine Erstbesteigung war von Rätseln umrankt und wurde schließlich zum Drama: Sie soll 1959 dem Italiener Cesare Maestri und dem Tiroler Toni Egger über die Nordwand gelungen sein, doch beim Abstieg verunglückte Egger durch eine Eislawine tödlich. Dazu ging dessen Kamera mit dem Gipfelfoto verloren - Maestri konnte nicht beweisen, dass er tatsächlich den Gipfel erreicht hatte.Zum Artikel: David Lama gelingt die erste freie Begehung der Kompressorroute am Cerro Torre in Patagonien
Deshalb kehrte Maestri elf Jahre später zurück, um Zweiflern den Wind aus den Segeln zu nehmen. Der Kompressor, mit dem er sich mit ungefähr 300 Bohrhaken über die Südwest-Flanke einen Weg hinauf bohrte, hängt noch heute eine Seillänge unterhalb des Gipfeleispilzes: Daher der Name Kompressorroute.Zum Artikel: David Lama gelingt die erste freie Begehung der Kompressorroute am Cerro Torre in Patagonien
Das ehrgeizige Projekt des jungen Sportkletterers, die Kompressorroute erstmals frei zu begehen (also ohne beim Klettern technische Hilfsmittel zu nutzen; Bohrhaken und ähnliches dienen nur zur Sicherung), begann bereits 2009, damals noch mit einem anderen Kletterpartner. Auf die erfolgreiche Mission 2012 brach er zusammen mit dem Tiroler Peter Ortner auf.Zum Artikel: David Lama gelingt die erste freie Begehung der Kompressorroute am Cerro Torre in Patagonien
Von Anfang an wurden die beiden Österreicher von einer professionellen Filmcrew begleitet. An der lag es aber nicht, dass die ersten Versuche misslangen, wie Lama betont: "Ich hab mir keinen Druck gemacht. Geholfen hätte das ohnehin nicht. Außerdem war die Zusammenarbeit im Team super. Wir haben alle an einem Strang gezogen. Und klar war auch: Das Klettern hat Priorität. Das Vorhaben die Kompressorroute frei zu klettern, war mir also viel wichtiger als der Film, der dabei entstand."Zum Artikel: David Lama gelingt die erste freie Begehung der Kompressorroute am Cerro Torre in Patagonien
Und es ist ein außergewöhnlicher Dokumentarfilm geworden, der nichts verschönert, nichts weglässt: Im Bild sind nicht nur Kletterer, sondern auch mal der Kameramann zu sehen. Um Bilder vom Erreichen des Gipfels zu erhalten, ist das Kamerateam um Bergführer Markus Puchner über eine andere Route den Cerro Torre hochgeklettert. Im Film wird auch die Besteigung der Crew gezeigt, was nochmal eine spannende neue Perspektive auf das Projekt wirft.Zum Artikel: David Lama gelingt die erste freie Begehung der Kompressorroute am Cerro Torre in Patagonien
Während der Begehung allerdings, waren David Lama Kameras und Perspektiven völlig egal: "Dieser Film ist zu 100 Prozent eine Dokumentation. Keine einzige Seillänge wurde für die Kamera wiederholt. Mit anderen Worten: Es gibt keine Einstellung im Film, die nachgestellt wäre. Am Ende des Films sage ich sogar einmal: 'Man will das alles kein zweites Mal klettern.'"Zum Artikel: David Lama gelingt die erste freie Begehung der Kompressorroute am Cerro Torre in Patagonien
Bei solchen nächtlichen Lagern kann man gut verstehen, warum der zum Alpinisten gereifte Kletterer hier kein zweites Mal hoch will.Zum Artikel: David Lama gelingt die erste freie Begehung der Kompressorroute am Cerro Torre in Patagonien
Das Wetter in Patagonien gehört schließlich zu den unberechenbarsten der Welt - Eiseskälte wird vor allem durch extrem starke Winde hervorgerufen. Doch das Kletterduo hat es ausgehalten und wird es auch in Zukunft: Ihr nächstes Projekt heißt Masherbrum. Am 7821 Meter hohen Berg in Pakistan wollen sie sich zusammen mit Hansjörg Auer der noch ungekletterten, 3500 Meter hohen Nordostwand versuchen.Zum Artikel: David Lama gelingt die erste freie Begehung der Kompressorroute am Cerro Torre in Patagonien
Doch der Cerro Torre wird für David Lama immer etwas Besonderes bleiben: "Der Berg war schon eine Art Lehrmeister für mich. Besser gesagt: Alles, was rund um dieses Projekt passiert ist, hat meine Entwicklung entscheidend geprägt. Zu Beginn des Vorhabens war ich ein reiner Kletterer mit einem sehr kühnen Plan. Anfangs war das Projekt vielleicht zwei Nummern zu groß, aber ich habe nicht aufgegeben, bin daran gewachsen, solange bis ich es dann durchziehen konnte." Zum Artikel: David Lama gelingt die erste freie Begehung der Kompressorroute am Cerro Torre in Patagonien
Hier trennt Bergsteiger und Gipfel nur noch ein letzter zu überwindender Abstand. Ob er hier Herzklopfen hatte? Angst? Platz für Gedanken? "Aber ich war mir dieses Mal sehr sicher. Nervös war ich nicht, aber sehr konzentriert. Eine gewisse Unruhe packt mich eher die Tage vor dem Einstieg. Der Wetterbericht ist gut, du packst dein Zeug und fragst dich: Haben wir das richtige und genügend Material mit? Sind wir zu schwer, weil wir zu viel einpacken? Ich versuche sehr rational an die Dinge heranzugehen. Insofern hält sich auch da die Nervosität in Grenzen."Zum Artikel: David Lama gelingt die erste freie Begehung der Kompressorroute am Cerro Torre in Patagonien
Und dann hat er ihn erreicht, den Gipfel der Begierde: "Dieser Berg hat mich von einem Kletterer zu einem Alpinisten reifen lassen. Aber er hat mich auch als Mensch verändert. Ich bin nachdenklicher und überlegter geworden."Zum Artikel: David Lama gelingt die erste freie Begehung der Kompressorroute am Cerro Torre in Patagonien
Die beiden Bergsteiger beim Abstieg, da denkt man über Vergangenes nach - so ging es dem jungen Österreicher nach der erfolgreichen Begehung: "Das Wort ratlos beschreibt es am besten. Ratlos darüber, was man jetzt eigentlich tun und wie man sich fühlen soll. Ich war ein bisschen verloren. Man muss sich da erst einmal sortieren. Ein Abschnitt von drei Jahren geht zu Ende und du fragst dich schon: Das war’s jetzt also? Für mich war das Torre-Projekt etwas ganz Großes. Ich wollte es unbedingt abschließen. Passiert es dann, überfordert es einen." Zum Artikel: David Lama gelingt die erste freie Begehung der Kompressorroute am Cerro Torre in Patagonien
Aus der sehr privaten Beziehung zwischen David Lama und dem Berg ist ein ungewöhnlicher Film entstanden. Nicht nur die Kletterer und bergsteigerischen Herausforderungen werden aufgezeigt, sondern auch, was es für heißt, einen Film über ein solch großes Kletterproblem zu drehen. Der Kletterer über den Film: "Ein Beispiel: Wir haben den Kameramann in der Headwall nicht wegretuschiert, was ja ein Kinderspiel wäre. Es gibt kaum eine andere Doku im Kletter- beziehungsweise Bergsport, die so ehrlich zeigt, wie es wirklich war. Die Bilder sind nicht zusätzlich aufgepeppt. Die Story alleine trägt den Film. Es gibt keine Geschmacksverstärker. Das war unser Anspruch."Zum Artikel: David Lama gelingt die erste freie Begehung der Kompressorroute am Cerro Torre in Patagonien
"Cerro Torre, Nicht den Hauch einer Chance" dokumentiert nicht nur die überragende athletische Leistung, sondern gewährt einen Einblick in das Innenleben und die Entwicklung des jungen Kletterstars. Am 13. März 2014 läuft der außergewöhnliche Kletterfilm in den Kinos an. Zum Artikel: David Lama gelingt die erste freie Begehung der Kompressorroute am Cerro Torre in Patagonien