Neue Erkenntnisse Eis schmilzt: Kipppunkt in der Antarktis erreicht?
Die Klimakrise hat verheerende Folgen für die Antarktis. Neue Studien zeichnen ein düsteres Bild.
Seit Jahren warnen Wissenschaftler vor den potenziell verheerenden Auswirkungen des Klimawandels auf die Antarktis. Neue Erkenntnisse deuten nun darauf hin, dass bestimmte Gebiete der Antarktis einen kritischen Punkt erreicht haben könnten – einen Kipppunkt. Ein Kipppunkt markiert den Punkt, an dem die Schmelze des Eises nicht mehr rückgängig gemacht werden kann und zu einem dauerhaften Verlust führt.
Denn wie Hamish D. Prince und Tristan S. L'Ecuyer von der University of Wisconsin-Madison in den USA berichten, verändert sich der Energiehaushalt auf der Südhalbkugel. Ihre Studie veröffentlichten sie in der Fachzeitschrift "Journal of Climate". Das Magazin "Spektrum" berichtete davon. Demnach spiele der Südozean, der die Antarktis umströmt, eine wichtige Rolle für das weltweite Strömungssystem in den Meeren. Zugleich beeinflusse der Energiehaushalt der Polarregionen das Wetter bis in die Tropen.
Der Studie zufolge nimmt die Antarktis immer mehr Wärme auf, die Abstrahlung verändert sich allerdings nicht. Das liegt daran, dass das antarktische Meereis seit 2015 deutlich zurückgegangen ist und das Wasser unter der Eisoberfläche mehr Wärme der Sonne aufnimmt. Die Wissenschaftler analysierten, dass das Energiedefizit der Antarktis um 1,4 Prozent sank. Die Erkenntnis: Langfristig wird es auf dem Südozean weniger Eis geben.
"Critical slowing down"
Eine Forschergruppe um Will Hobbs von der University of Tasmania lieferte ebenfalls Argumente dafür, dass das antarktische Meer eine Art Kipppunkt erreicht zu haben scheint. Im "Journal of Climate" erklären sie, dass es zwei Anzeichen für "critical slowing down" gibt – einen kritischen Übergang zwischen zwei sehr unterschiedlichen Zuständen.
Zum einen sei die Schwankungsbreite in der Meereisbedeckung höher. Zum anderen schlage sich die Eisausdehnung der Saison zuvor immer stärker im nächsten Jahr nieder. Das wird als Autokorrelation bezeichnet. Laut den Experten ist die Kombination von höherer Schwankungsbreite und zunehmender Autokorrelation in vielen komplexen Systemen ein allgemeines statistisches Anzeichen dafür, dass ein Übergang in einen neuen Zustand bevorsteht.
Bestimmung der Eismenge hat sich verändert
Die Forscher nennen auch eine Vermutung für die Ursache des Trends, heißt es im Magazin "Spektrum". Demnach habe der entscheidende Einfluss auf das Meereis gewechselt. Im 20. Jahrhundert habe die Atmosphäre darüber entschieden, wie weit sich das Eis nach Norden ausbreitete. Aber seit etwa 2015 habe sich warmes Oberflächenwasser im Südozean ausgebreitet und bestimme die Eismenge.
Die Forscher stehen allerdings vor einem Problem: Bei kritischen Übergängen könne man erst hinterher sicher sagen, dass einer erreicht oder sogar überschritten wurde. Das mache Schlussfolgerungen sehr unsicher.
- journals.ametsoc.org: "Observational Evidence for a Regime Shift in Summer Antarctic Sea Ice" (englisch)
- journals.ametsoc.org: "Observed energetic adjustment of the Arctic and Antarctic in a warming world" (englisch; kostenpflichtig)
- spektrum.de: "Hinweise auf erreichten Kipppunkt verdichten sich"