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Klimakrise und Flutkatastrophen: Wenn der Alltag im Wasser versinkt


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Flutzeit
Wenn der Alltag im Wasser versinkt


Aktualisiert am 10.10.2022Lesedauer: 4 Min.
STORM-IAN/FLORIDAVergrößern des Bildes
Flut- und Sturmschäden in Florida: Der Hurrikan "Ian" sorgte dort zuletzt auch für heftige Überschwemmungen. (Quelle: Marco Bello/getty-images-bilder)
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Die Flutkatastrophe an der Ahr war ein Vorgeschmack auf das, was kommt. Neben Pakistan kämpften zuletzt auch die USA und Australien mit den Wassermassen.

Ein Drittel des Landes stand unter Wasser: Wer im August diesen Jahres die Bilder aus dem überfluteten Pakistan sah, dürfte sich an die Flutkatastrophe erinnert fühlen, die Mitte Juli 2021 das Ahrtal zerstörte. Verwüstung, Tod und dazwischen verzweifelte Menschen, die alles verloren haben.

So wie damals an Ahr und Erft führten dieses Jahr in Pakistan ungewöhnlich heftige Starkregenfälle dazu, dass die Flüsse weit über die Ufer traten und alles mitrissn, was ihnen im Weg ist. Zwar war in Südasien gerade Regenzeit, doch solche extremen Niederschläge bringt normalerweise selbst der Monsun nicht. Die stark beschleunigte Gletscherschmelze im Himalaya verschlimmert die Situation zusätzlich.

"Die Gletscher[flüsse] bersten, bei den Unwettern kam dreimal so viel [Regen] herunter wie sonst. Wir hatten einen Anstieg um 300 Prozent", sagte Pakistans Klimaministerin Sherry Rehman Euronews. Für den Starkregen und die starke Eisschmelze im Himalaya machen Experten die Erderhitzung verantwortlich.

"Die wärmere Luft kann mehr Feuchtigkeit speichern, und der steigende Meeresspiegel kann die Bildung von Wolken verstärken, die sich dann weiter ins Landesinnere bewegen und Überschwemmungen verursachen können. Die globale Erwärmung kann auch das Abschmelzen der Gletscher begünstigen, was zu Erdrutschen, Gletschersee-Ausbrüchen und schweren Überflutungen führen kann", erklärt Muhammad Saleem Pomee vom Lehrstuhl Regionaler Klimawandel und Gesundheit der Universität Augsburg.

Nach Angaben des Weltklimarats führt die Klimakrise weltweit dazu, dass Extremwetterereignisse häufiger und intensiver werden. Doch Erdregionen wie Südasien sind besonders stark betroffen.

Pakistan steht laut Klima-Risiko-Index der Umwelt- und Entwicklungsorganisation Germanwatch an achter Stelle der Länder, die besonders von klimabedingten Wetterextremen bedroht sind. "Die Natur bestraft Pakistan, dessen Anteil an den weltweiten Treibhausgasemissionen weniger als ein Prozent beträgt, unverhältnismäßig hart", so Klimaforscher Pomee.

Seit Juni sind mehr als 1.400 Menschen in den Fluten umgekommen, 33 Millionen Pakistanerinnen und Pakistaner sind betroffen, viele mussten aus ihren Heimatregionen fliehen. Und die Katastrophensituation dauert an. Bei den verheerenden Überflutungen im Jahr 2010 verloren insgesamt fast 2.000 Menschen ihr Leben.

Inwiefern der Klimawandel die katastrophalen Regenfälle direkt ausgelöst hat, ist noch offen. Jedoch nicht unwahrscheinlich, wie die Analysen der Jahrhundertflut an der Ahr gezeigt haben.

Nur wenige Wochen brauchte ein internationales Forscherteam der Initiative World Weather Attribution, um zu bestätigen: Die menschengemachte Erderhitzung erhöht das Risiko von schweren Starkregenfällen in Westeuropa um bis zu 900 Prozent. Ein Zusammenhang, der sich in diesem Jahr auch in anderen Erdregionen aufdrängt.

Was im Weg ist, wird weggerissen

Im Juni suchte ein Jahrhundert-Unwetter die Region um den US-Nationalpark Yellowstone heim. Auch hier kamen Starkregen und Schneeschmelze zusammen - die warmen Regenmassen hatten Eis- und Schneereste in höhergelegenen Bergregionen abtauen lassen. Wasser- und Schlammlawinen rissen Brücken, Straßen und sogar ganze Häuser mit sich.

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Ende Juli erwischte es den US-Bundesstaat Kentucky: Anhaltender Starkregen ließ die Flüsse so anschwellen, dass das Wasser in kürzester Zeit meterhoch durch die Siedlungen peitschte. "In sechs Minuten war alles weg", berichtet eine weinende Anwohnerin dem Nachrichtensender Sky News.

Auch hier starben Dutzende, der Wiederaufbau von Häusern, Brücken und Straßen dürfte viele Monate dauern. Allein die Infrastruktur wiederherzustellen, werde Millionen kosten, so Kentuckys Gouverneur Andy Beshear von den Demokraten.

Im August brachen weitere Starkregenereignisse in Missouri und Illinois bisherige Wetterrekorde. In Jackson, Mississippi, legten heftige Regenfälle die Pumpen der Wasserwerke lahm - seit 29. August haben die 150.000 Einwohner der Stadt kein Trinkwasser.

Unvorbereitet für die neuen Klimarisiken

Die Unwetter treffen vielerorts in Amerika auf überaltete Infrastruktur für die Grundversorgung mit Strom und Wasser. Zu Beginn des Sommers hatte eine Hitzewelle in Texas Hunderte Wasserrohre im ausgedörrten Boden brechen lassen, im vorangegangenen Winter sorgten ungewöhnliche Winterstürme für Rohrbrüche und Stromausfälle.

"Wir befinden uns in einer Krise", sagte Ingenieur Mikhail Chester von der Arizona State University der New York Times. "Das Klima verändert sich einfach zu schnell, als dass wir unsere Infrastruktur anpassen könnten." Kurz nach dem Gespräch führte Starkregen in Teilen von Georgia, Indiana, Alabama und Ohio zum Ausnahmezustand.

Die Direktorin der für Katastrophenfälle zuständigen US-Bundesbehörde Fema (Federal Emergency Management Agency), Deanne Criswell, warnte daraufhin, dass man auf veränderte Flutrisiken durch die Klimakrise nicht vorbereitet sei. "Das wirklich Schwierige ist, dass unsere Hochwasserkarten die übermäßigen Regenfälle nicht berücksichtigen. Gleichzeitig sehen wir diese Rekordregenfälle." Doch die Vereinigten Staaten sind damit nicht allein.

Erst vor wenigen Tagen erschütterte eine Warnung die Einwohner im australischen New South Wales: Der Bundesstaat, in dem auch Sydney liegt, solle sich auf heftige monatelange Regenfälle einstellen. Vier "Rekordfluten" gab es dort seit 2020, zuletzt mussten im Juli 85.000 Australier evakuiert werden. "Australien ist auf die Klimarealität aufeinanderfolgender Katastrophen absolut nicht vorbereitet", kommentierte jüngst der einstige Katastrophenschutzbeauftragte von New South Wales, Greg Mullins.

So wie es aussieht, gilt das für die gesamte Welt. 2022 ist in vielerlei Hinsicht das schlimmste Klimajahr aller Zeiten. Und es ist noch nicht vorbei.

Verwendete Quellen
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