PLATTENSÜCHTIG: SAMMELN ALS EXTREMSPORT
Ab einer bestimmten Menge ist es fast unmöglich, alle Platten zu hören. Aber alleine die Gewissheit, eine Platte zu besitzen, beruhigt den Sammler.
Die private Sammlung des Freiburgers Andreas Schmauder umfasst 35.000 bis 40.000 Schellackplatten. Sein Spezialgebiet: der europäische Jazz. Weitere 200.000 Stück bietet er in seinem Schellackplattenantiquariat Phonopassion zum Verkauf.
Eine Schallplatte muss nicht schwarz sein. Ende der 1920er Jahre kam die Firma Phonycord mit durchsichtigen farbigen Platten auf den Markt.
Ein Sammelobjekt aus der Frühgeschichte der Schallplatte, zirka 1905. Ob – wie aufgedruckt – sie wirklich aus Schokolade besteht, ist nicht sicher.
Wer sich in seinem Sammelgebiet auskennen will, braucht auch die richtigen Bücher mit den richtigen Infos.
Das Papieretikett in der Mitte der Platte liefert wesentliche Informationen, die helfen, die Platte zu bestimmen und zu datieren. Dabei können selbst identische Angaben sich von Platte zu Platte im Design, in der Typografie, in der Farbgebung oder in der Positionierung des Etiketts unterscheiden.
Aus Sekret wird Secret: Ein fehlerhaft und ein richtig bedrucktes Cover. Solche verschiedenen Ausgaben der gleichen Platte lassen jedes Sammlerherz höher schlagen.
Plattenwaschmaschinen holen den Schmutz aus den Rillen. Hier – für 40 Euro – die einfachste Version, bei der das Vinyl per Hand an zwei weichen Bürsten vorbei durch eine Reinigungsflüssigkeit gedreht wird. Für professionellere Modelle muss man bis zu 4000 Euro hinlegen.
Wer Tausende Platten in den Regalen stehen hat, kommt ohne Ordnungssystem nicht aus.
Schutzhüllen aus Kunststoff genügen diesem Sammler nicht. Er verpackt sie zusätzlich noch in staubsichere Archivkisten.
Von jedem Rock’n’Roll-Sammler gesucht: eine der fünf Singles, die von Elvis 1954 und 1955 für Sun Records in Memphis aufgenommen wurden.
Schallplatten im Miniformat aus dem Königreich Bhutan. Auf der Vorderseite Volksmusik, auf der Rückseite eine abziehbare selbstklebende Folie, die als Briefmarke dient.
In einer solchen Sammlung steckt nicht nur viel Zeit, sondern auch viel Geld.
Edmund Thielow wurde in der ehemaligen DDR von der Beatlemania angesteckt und nicht mehr los gelassen. Von den Beatles sammelt er alles, was er kriegen kann.
Platz für Platten findet sich überall. Auch in einer Küche.
Peter Bastine sammelt Platten, bei denen das Aussehen wichtiger ist als die Musik: Picture Discs, die auf einer oder auf beiden Seiten ein Bild haben, und Shapes, das sind Platten, die in einer bestimmten Form geschnitten sind.
Nicht aus Schellack oder Vinyl, sondern aus Aluminium und Kunststoff produzierte 1946/47 die amerikanische Firma Vogue ihre Picture Discs.
Eine Serviette, die man auf den Plattenspieler legen kann. Zu hören gibt’s den Titel „An der schönen blauen Donau“.
Techno- oder House-DJs sammelten auch nach Aufkommen der CD lieber Vinylplatten. Mittlerweile digitalisieren viele ihr Vinyl und legen mit dem Laptop auf.
Wer einem dieser Plattensüchtigen begegnet, sollte sich in Acht nehmen. Sie brauchen bloß irgendeine Geschichte von irgendeiner Platte zu erzählen, schon kann’s passieren, dass sie einen anstecken mit dem Virus, einen dazu bringen, selber plattensüchtig zu werden.
Für alle, die mehr über Leidenschaft und Leiden beim Schallplattensammeln erfahren wollen, ein Buchtipp: „Plattensüchtig“ von Jürgen Schmich – ein Interviewbuch, in dem 7 Hardcore-Sammler aus verschiedenen musikalischen Richtungen ihre Sammlergeschichte erzählen. Erhältlich über www.plattensuechtig.de oder über den Buchhandel (Bestellnummer: ISBN 978-3-00-036732-8).