Mario Gerth - Afrika - Söhne des Windes

Lippen aus TonIm heißen Süden von Äthiopien, im Mago Park, lebt die bekannteste Ethnie Afrikas, die Mursi. Sie sind berühmt für die Lippenteller der Frauen, bei den Mursi "dhebi" genannt. Um diese einzusetzen, wird bei Mädchen am Ende der Pubertät die Unterlippe aufgeschnitten, und zwei der unteren Schneidezähne ausgeschlagen. Die Tonteller werden von den Mädchen selbst geformt und gebrannt. Immer größere Exemplare werden eingesetzt, um die Unterlippe allmählich zu dehnen. Dieser Brauch ist ein Schönheitsideal - ein besonders großer Lippenteller geht mit entsprechend höherem Status und Brautpreis einher. Auch andere Stämme in Brasilien, Alaska und Südafrika leben diesen Brauch.

Kunst aus NarbenBei der sogenannten Narbentatauierung der Mursi erzielt man die Knopf- oder Wulstmuster durch wiederholte Hautritzungen oder tiefere Einschnitte an derselben Körperstelle. Durch die künstliche Verzögerung einer raschen Heilung sollen möglichst deutlich sichtbare Narben entstehen. Dies geschieht durch Einreiben der Wunden mit Asche und Wurzelsäften, Abreißen des Schorfs (auch Einbrennen) und neuerliches Aufreißen der Wunde.

Jede Narbe hat eine BedeutungDie Schmucknarben sind roher und gröber als die Ornamente einer Stich-Tatauierung. Die Ethnologie hat einen großen Reichtum an festgelegten Mustern dokumentiert, deren Bedeutung regional sehr verschieden sein kann: lineare Zeichnungen, flächenhafte Musterungen, Ornamente, religiöse Symbole, etc. Jedes Muster hat seinen Namen und seine spezifische Bedeutung.

Die Narben der NyangatomAuffallend sind die vernarbten Leiber alter Männer bei den Nyangatom. Sie bewohnen das westliche Omo Ufer und das dahinter liegende schattenlose Land bis zur sudanesischen Grenze. Der alte Mann, dessen Brust narbenzerfressen ist, erklärt seinen Körperschmuck: „Die Mursi haben meine Ziegen gestohlen. Immer und immer wieder. Dann fing der Krieg an. Tötet ein Krieger einen anderen Krieger, fügt er seiner Brust Schnitte zu. Respekt – es geht um Respekt und Furcht!“

Tuareg aus Burkina FasoDer elegant um den Kopf geworfene Turban misst neun Meter laufenden Stoff und schützt nicht zuletzt vor der aggressiven Sonne der Sahelzone. Die fragile Geometrie des Tuches bot den passenden Rahmen um das fein geschnittenes Gesicht des jungen Tuareg.

Die junge HailoHailo Wadu, eine junge Frau vom Stamm der Hamar, kommt aus dem heißgebrannten Süden Äthiopiens um auf dem Markt Turmi mit Honig zu handeln. Die junge und unverheiratete Frau sieht selbst nach diesem langen Fußmarsch durch die Dornensavanne Afrikas lebendig aus, nur die nass verschwitzte Haut zeugt von einem kräftezehrenden Marsch. „Zwei Tage haben mich meine Beine getragen. Ich bin eine Nomadin. Eine Tochter des Windes. Der Horizont allein ist mein zu Hause“.

Augen wie polierte KastanienEine junge Hamar zeigt sich auf dem Markt in Key Afar im Süden von Äthiopien mit ihrem beeindruckendem Körperschmuck.

Tanz der MoranDie Hochzeitszeremonie ist eine von wenigen Gelegenheiten, bei der Mädchen und Jungen zusammen singen und tanzen. Für Stunden zelebrieren die jungen Samburu Krieger (Moran) wilde Tänze mit ihren bunten Gewändern.

Das Volk am Jade SeeWer den Stamm der Turkana und den Turkana See im äußersten Norden Kenias besuchen möchte, muss zuerst für Tage die Chalbi-Wüste durchqueren, ein vertrocknetes und versandetes Stück Land westlich vom Rift-Valley. Hier leben die meisten der etwa 500.000 Turkanas nach wie vor als Nomaden und halten Kamele, Rinder und Schafe. Trotz des Fischreichtums bleibt diese Nahrungsquelle unangetastet und gilt als eiserne Reserve

Der Hitze mit Stolz trotzenAuch die Kinder der Turkana tragen bereits den traditionellen Schmuck, den sie selbst aus vielen kleinen Perlen fertigen.

30 Dollar für die Macht in den eigenen HändenDer Mangel an Wasser und Weideflächen aber auch die Tsetsefliege und Diebstähle machen die Viehzucht der Nomaden und Halbnomaden im Omo Tal zu einem ständigen Kampf ums Überleben. Erst in den 80er Jahren begannen die Nyangatom und Mursi (wie hier im Bild) ihre traditionellen Bögen und Speere durch die Kalaschnikow einzutauschen. Insbesondere in Afrika steht die AK-47 als Inbegriff für Zerstörung und Terror aller Art. Die bewaffneten Konflikte in Angola, dem Tschad, der DR Kongo, Liberia, Sierra Leone und Somalia sind nur einige Beispiele für den massiven Einsatz der Waffe, die ohne Schwierigkeiten für 30 Dollar zu erwerben ist.

Mursi Frauen mit traditionellem SchmuckBei den Mursi (oder Mun) wird nicht an Schmuck und Farbe gespart. Unter den traditionellen afrikanischen Kulturen ist ein gesunder und gut gebauter Körper ein Muss und wird als solcher auch geachtet und gepflegt. Männer und Frauen nutzen ihren Leib und dekorieren ihn als liebevolles Kunstwerk, um Signale zu senden, Status zu vermitteln oder Geschick zu zeigen.

Janaris dritte FrauAnders als ihre Ehemänner haben Frauen der Wodaabe keine Gesichtsbemalung, sondern begnügen sich mit Schmucknarben oder Tattoos. In ihren Augen spiegelt sich die Seelenstärke einer Nomadin der Sahel wieder.