Eine Störung legt die Welt lahm Schluss mit den digitalen Monokulturen
Die subjektive Sicht des Autors auf das Thema. Niemand muss diese Meinung übernehmen, aber sie kann zum Nachdenken anregen.
Was Meinungen von Nachrichten unterscheidet.Millionen Menschen waren vom Fehler einer IT-Sicherheitsfirma betroffen. Doch die eigentliche Ursache liegt woanders: In den digitalen Monokulturen, die unsere Sicherheit bedrohen und den Prinzipien der Marktwirtschaft widersprechen.
Flughäfen mussten den Betrieb einstellen, Krankenhäuser Operationen verschieben, Stadtverwaltungen und Banken konnten nicht arbeiten, bei einzelnen TV-Sendern blieben die Bildschirme schwarz. Die sogenannte kritische Infrastruktur ist betroffen. Ein fehlerhaftes Update einer IT-Sicherheitsfirma hat dazu geführt, dass weltweit Systeme ausgefallen sind. Diese eine IT-Firma – Crowdstrike – beliefert Tausende Kunden, darunter Microsoft.
- IT-Konzern Crowdstrike: Diese Firma legt die Welt lahm
Wie immer reicht ein Dominosteinchen aus, um etliche andere zum Fallen zu bringen. Doch hinter den technischen Ursachen für den Zusammenbruch steckt natürlich noch ein anderer Grund: Wir legen unsere Sicherheit, unser Leben, unsere Pläne in die Hände viel zu weniger digitaler Akteure. Macht einer von ihnen einen Fehler, hat das dramatische Folgen für Millionen von Menschen. Das Fundament unserer digitalen Welt hat zu wenige Stützpfeiler.
Konkurrenz bringt bessere Produkte
Microsoft, Apple, Meta, Amazon beherrschen einen Markt, in dem Wettbewerb kaum mehr möglich ist. Die Tech-Riesen haben ihn unter sich aufgeteilt. Wer da reinwill, hat es schwer. Der hat höchstens eine Chance als Zulieferer – so wie Crowdstrike als Sicherheitsfirma. Und auch unter diesen kleineren Playern, die im Schatten der Großen mitschwimmen dürfen, ist die Konkurrenz nicht groß.
Dabei wussten doch schon die Gründerväter der Marktwirtschaft: Konkurrenz belebt das Geschäft und bringt bessere Produkte hervor. Wenn aber nur wenige Unternehmen die digitale Infrastruktur kontrollieren, haben sie eine immense Macht und Kontrolle über kritische Systeme. Ein Fehler oder ein gezielter Angriff auf diese Unternehmen hat weitreichende Folgen. Das Risiko von systemischen Ausfällen, die wir nun erlebt haben, ist extrem erhöht. Und wenn nur wenige Unternehmen dominieren, entsteht eine technische Monokultur. Da fehlt dann im Zweifel ein Sicherheitsnetz.
Zum Glück kein Hackerangriff
Vermutlich ist es sogar ein Glücksfall, dass die Ursache für die riesige IT-Störung ein technisches Problem war. Bei einem Hackerangriff wären möglicherweise die Daten von Millionen Menschen in die Hände von Verbrechern gelangt. Erst im Frühjahr hatte der Berliner Andreas Freund eine Lücke im Betriebssystem Linux entdeckt, die einen Hackerangriff unvorstellbaren Ausmaßes ermöglicht hätte. "Dieser Deutsche hat das Internet gerettet", wurde damals in den Schlagzeilen getitelt.
Die digitale Bedrohung durch Fehler oder Verbrecher steht also vor unserer Haustür, und manchmal tritt sie auch ein.
Rückkehr zur Marktwirtschaft dringend nötig
Was ist also die Folge? Wie sollten wir reagieren? Zum einen muss von staatlicher, also institutioneller Seite, der Markt wieder reguliert werden. Und zwar zu mehr echter Marktwirtschaft, mit mehr Playern, mehr Auswahl. Das mindert das Risiko von Ausfällen. Und wenn es doch zu einem kommt, sind nicht gleich so viele Menschen betroffen.
Vielleicht sollten wir uns außerdem bewusst sein, dass es noch eine analoge Welt gibt, auf die wir notfalls ausweichen können. Aber dafür dürfen wir unsere analogen Fähigkeiten nicht verlernen. In Krankenhäusern wurde auch schon vor der Digitalisierung operiert, Flugzeuge konnten starten, TV-Sender übertragen. Wer Arbeit komplett in digitale Hände legt, sollte das analoge Handwerk zur Sicherheit noch beherrschen.
- Eigene Meinung