Streit um kritische Fragen EU-Parlament nimmt Amazon-Lobbyisten Hausausweise ab
Abgeordnete des Beschäftigungsausschusses beschuldigen Amazon, nicht hinreichend auf Fragen zu seinen Arbeitsbedingungen zu antworten. Das hat nun Folgen für den Digitalkonzern.
Das Europäische Parlament entzieht den Lobbyisten des Digitalkonzerns Amazon ihre Hausausweise. Das berichten mehrere Medien übereinstimmend. Grund dafür sind Beschwerden von Europaabgeordneten, dass sich Amazon wiederholt Fragen der Parlamentarier zu seinen Arbeitsbedingungen nicht hinreichend gestellt habe.
Mit der Entscheidung reagierte das Parlament auf eine Beschwerde des Beschäftigungsausschusses. Dieser hatte Anfang Februar in einem Brief an Parlamentspräsidentin Roberta Metsola beklagt, dass Amazon mehrere Termine mit Parlamentariern nicht wahrgenommen habe. Im Dezember hatte Amazon Besuche von EU-Abgeordneten in deutschen und polnischen Werken abgesagt.
Amazon: Ausschusssitzung war "eindeutig einseitig"
Ende Januar musste eine Sitzung des Ausschusses zu den Arbeitsbedingungen bei Amazon außerdem ohne Vertreter des Konzerns stattfinden. Amazon zufolge passte der Termin nicht. Der CDU-Europaabgeordnete Dennis Radtke hatte damals dem Portal "netzolitik.org" erklärt: "Dass ein Digitalkonzern nicht in der Lage sein will, einen Vertreter des Managements wenigstens online dazuzuschalten, ist eine Farce."
Amazon wies die Vorwürfe am Dienstag zurück. Der Konzern erklärte, regelmäßig an Anhörungen des Parlaments teilzunehmen und dass er "immer wieder unsere Bereitschaft gezeigt habe, in einen konstruktiven Austausch zu politischen Fragen zu treten, die unser Geschäftsfeld betreffen."
Die Sitzung des Beschäftigungsausschusses Ende Januar nannte Amazon "eindeutig einseitig". Die Sitzung habe nicht darauf abgezielt, "eine konstruktive Debatte oder objektive Überprüfung zu ermöglichen". Amazon verwies in diesem Zusammenhang auf mehrere E-Mails und Telefonate, die das Unternehmen bezüglich der Ausschussfragen mit Abgeordneten in den vergangenen Monaten ausgetauscht habe.
150.000 Angestellte in der EU
Es ist erst das zweite Mal in der Geschichte der Europäischen Union, dass das Parlament einer Lobbyistengruppe die Hausausweise entzieht. Erstmals war dies 2017 bei Vertretern des Agrarkonzerns Monsanto geschehen. Ohne Ausweise wird es den Amazon-Vertretern zwar nicht unmöglich, aber deutlich schwieriger sein, Zugang zum Parlament zu bekommen. Für Interessensvertreter ist dies jedoch wichtig, um etwa Gespräche mit Abgeordneten führen zu können. Der "Financial Times" zufolge waren im Februar 14 Vertreter von Amazon bei der EU registriert.
Amazon, vor allem als Onlineversandhaus bekannt, ist einer der größten Digitalkonzerne der Welt. Alleine in der EU beschäftigt das Unternehmen eigenen Angaben zufolge rund 150.000 Angestellte. Kritiker, darunter auch zahlreiche Gewerkschaften, werfen dem Unternehmen immer wieder unwürdige Arbeitsbedingungen in seine Logistikzentren und für seine Paketkuriere vor.
- ft.com https://www.ft.com/content/11d20273-71e8-433d-bcac-c66d919a203a (englisch, kostenpflichtig)
- euractiv.de: "EU-Abgeordnete wollen Amazon-Lobbyisten Zugang zum Parlament entziehen"
- netzpolitik.org: "EU-Abgeordnete wollen Lobbyist:innen aussperren"
- netzpolitik.org: "Amazon-Lobbyist:innen dürfen nicht mehr ins EU-Parlament"