Trotz guter Prognosen Stromanbieter erhöht Preise um fast 16 Prozent
2023 lief für die EnBW außerordentlich gut. So wird es aber laut der Prognose nicht weitergehen. Auch Kundinnen und Kunden müssen zunächst tiefer in die Tasche greifen.
Nach einem dicken Plus im vergangenen Jahr rechnet der Karlsruher Energiekonzern EnBW 2024 wegen sinkender Verkaufspreise mit einem rückläufigen Ergebnis. Auch wenn der neue EnBW-Chef Georg Stamatelopoulos Bezahlbarkeit zu den wichtigsten Zielen der Energieversorgung zählt und bekundet, das Interesse der Verbraucherinnen und Verbraucher bei der Energiewende im Blick zu haben, müssen diese schon bald höhere Rechnungen bezahlen.
Die Kundschaft
EnBW hatte schon angekündigt, die Strompreise zum 1. April um 15,9 Prozent anzuheben. Stamatelopoulos erklärte das am Mittwoch in Stuttgart zu zwei Dritteln mit dem Wegfall des Zuschusses des Bundes bei den Netzentgelten. "Sie können nicht erwarten, dass die EnBW eine staatliche Subventionierung ersetzt." Während der Energiekrise habe das Unternehmen die gestiegenen Preise nicht genutzt, um diese unmittelbar weiterzugeben. Um die Sicherheit der Versorgung gewährleisten zu können, kaufe EnBW im Voraus ein und könne so Schwankungen ausgleichen. Dass aber teurer Strom gekauft wurde, schlage nun zu Buche.
Hinzu kämen historisch hohe Investitionen auf dem Weg zu einer bezahlbaren Energiewende, betonte Stamatelopoulos. Die EnBW hat mehr als 5,5 Millionen Kundinnen und Kunden.
Die Zahlen
"Der EnBW geht es gut", sagte Stamatelopoulos, der jüngst nach dem überraschenden Abgang Andreas Schells wegen Meinungsverschiedenheiten mit dem Aufsichtsrat über die Unternehmensstrategie an die Konzernspitze gerückt war. Das Unternehmen stehe wirtschaftlich auf stabilen Beinen. "Es besteht kein Grund für einen massiven Kurswechsel."
Das bereinigte Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (bereinigtes Ebitda) stieg – im siebten Jahr in Folge – den Angaben nach 2023 um gut 60 Prozent auf 6,37 Milliarden Euro. Das liege vor allem am Segment "Nachhaltige Erzeugungsinfrastruktur". Anders als der Name vermuten lässt, ist das Gros des Ergebnisses hier von rund 4,6 Milliarden Euro auf den Bereich thermische Erzeugung – also Kohle und Gas – und Handel zurückzuführen. Wegen gestiegener Marktpreise und Schwankungen seien die erzeugten Strommengen im Vergleich zu 2022 zu deutlich besseren Konditionen verkauft worden, hieß es.
Dank eines Ausbaus bei Windkraft und Photovoltaik machen erneuerbare Energien demnach inzwischen einen Anteil von 47 Prozent an der installierten Gesamterzeugungsleistung aus. Bis zum Jahr 2030 soll der Anteil grünen Stroms auf bis zu 80 Prozent steigen.
Verglichen mit 2022 muss man zudem berücksichtigen, dass dieses Jahr von der Energiekrise infolge des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine geprägt war. So wirkte sich seinerzeit negativ aus, dass Russland Gaslieferungen einstellte und für die fehlenden Mengen bei der Gas-Tochter VNG Ersatz beschafft werden musste. Wiederum drückte 2023 unter anderem die Schieflage beim Biogashändler BMP Greengas aufs Ergebnis.
Die Prognose
Weil der erzeugte Strom in diesem Jahr voraussichtlich zu niedrigeren Preisen verkauft werde, schraubte Finanzvorstand Thomas Kusterer die Erwartungen für 2024 herunter. Gerade im Bereich der thermischen Erzeugung und im Handel lasse sich die Entwicklung des vergangenen Jahres nicht einfach fortschreiben. Daher erwarte EnBW nun ein bereinigtes Ergebnis von 4,6 Milliarden bis 5,2 Milliarden Euro. Die Entwicklung trifft auch andere Energiekonzerne. Eon und RWE etwa erwarten nach einem Plus 2023 nun einen Rückgang.
Die Investitionen
Stamatelopoulos erklärte, aufgrund des sehr guten Ergebnisses werde EnBW die Investitionen in die Energiewende in den kommenden Jahren nochmals deutlich erhöhen. Bis 2030 seien Bruttoinvestitionen von 40 Milliarden Euro vorgesehen, rund 90 Prozent davon in Deutschland. Laut Finanzvorstand Kusterer sind das netto rund 22 Milliarden Euro.
Im Fokus stehen laut Konzernchef unter anderem der Ausbau erneuerbarer Energien und der Netzinfrastruktur, aber auch Themen wie Ladeinfrastruktur für Elektromobilität und Energiewende zu Hause. "Damit gehört die EnBW hierzulande zu den größten Investoren in die Umsetzung der Energiewende", sagte er. Ziel sei, "die drei großen übergeordneten Ziele der Energieversorgung – Nachhaltigkeit, Versorgungssicherheit und Bezahlbarkeit – wirkungsvoll und im Interesse der Energiewende und der Verbraucherinnen und Verbraucher zu verbinden".
Die Politik
Der EnBW-Chef betonte, dass stabile Rahmenbedingungen für die Energiewende wichtig seien. Die Eckpunkte der Kraftwerksstrategie etwa seien noch zu schemenhaft. Die Bundesregierung hatte Anfang Februar kurzfristig vorgesehene Ausschreibungen von zehn Gigawatt wasserstofffähigen Gaskraftwerken angekündigt. "Wenn die Kraftwerke schnell kommen sollen, brauchen wir schnell Klarheit und erste Ausschreibungen noch in diesem Jahr", sagte Stamatelopoulos. Der Plan sei ambitioniert, aber es könne gelingen.
Davon und vom geplanten Ausbau der erneuerbaren Energien hänge auch ab, ob der im vergangenen Jahr angekündigte Ausstieg der EnBW aus Kohle schon 2028 klappe. Der baden-württembergische Finanzminister und EnBW-Aufsichtsrat Danyal Bayaz bekräftigte den Appell: Es sei wichtig, dass die Bundesregierung die Kraftwerksstrategie und das Kernnetz für Wasserstoff weiter konkretisiere, erklärte der Grünen-Politiker. "Die EnBW ist einer der größten Investoren in erneuerbare Energien und damit zentral für eine nachhaltige und bezahlbare Energieerzeugung und -versorgung. Insbesondere der Ausbau der Netzinfrastruktur ist dabei von großer Bedeutung."
Die EnBW ist seit dem Jahr 2011 größtenteils im Besitz der öffentlichen Hand. Das Land Baden-Württemberg sowie der Zusammenschluss OEW von neun oberschwäbischen Landkreisen halten je fast 47 Prozent. Die Zahl der Beschäftigten stieg im Laufe eines Jahres um mehr als sechs Prozent auf 28.630 (Stand: 31. Dezember). In den kommenden Jahren sollen 9.600 weitere eingestellt werden - teils als Ersatz für ausscheidende Kolleginnen und Kollegen, sagte Stamatelopoulos. Einige Tausend Stellen würden aber auch neu geschaffen.
- Nachrichtenagentur dpa