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Kretschmer bei "Caren Miosga":"Es ist wirklich fünf vor zwölf"


Kretschmer bei "Caren Miosga"
"Es ist wirklich fünf vor zwölf"


Aktualisiert am 06.05.2024Lesedauer: 4 Min.
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Michael Kretschmer bei einer Pressekonferenz (Archivbild).Vergrößern des Bildes
Michael Kretschmer bei einer Pressekonferenz (Archivbild). (Quelle: IMAGO)

Michael Kretschmer kritisiert bei "Caren Miosga" das Bündnis Sahra Wagenknecht, kann eine Zusammenarbeit aber nicht ausschließen. In der Sendung wurde klar, warum.

Der sächsische Ministerpräsident Michael Kretschmer hat sich in der Talkshow "Caren Miosga" bestürzt gezeigt über den Angriff auf den sächsischen SPD-Spitzenkandidaten für die Europawahl, Matthias Ecke, in der Landeshauptstadt Dresden. "Wenn man nicht mehr für seine Meinung streiten kann, wenn man nicht mehr einen fairen Wahlkampf machen kann: Was ist das dann? Dann ist das keine Demokratie mehr", sagte der CDU-Politiker am Sonntagabend in der ARD. AfD und rechtsextreme Kameradschaften seien "Feinde der Demokratie", die Bevölkerung müsse der Hetze von Rechtspopulisten etwas entgegensetzen. "Es ist wirklich fünf vor zwölf", äußerte Kretschmer besorgt.

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Gleichzeitig wehrte sich der CDU-Politiker in der Sendung zum Thema "Hilft Reden gegen Radikale, Herr Kretschmer?" gegen Vorwürfe, selbst Argumente und Taktiken der AfD zu übernehmen, etwa wenn er der Ampelkoalition in Berlin ein Demokratiedefizit unterstelle. Vielmehr erneuerte Kretschmer seine Kritik. Demokratie heiße nicht, zu glauben, man könne nach Wahlen vier Jahre lang tun, was man wolle, sondern einen Diskursraum und echte Beteiligung zu bieten. "Das findet in dieser aktuellen Bundesregierung nicht statt", so der sächsische Landesvater.

Die Gäste

  • Michael Kretschmer (CDU), Ministerpräsident Sachsens
  • Elisabeth Niejahr, Geschäftsführerin bei der Gemeinnützigen Hertie-Stiftung
  • Ilko-Sascha Kowalczuk, Historiker und Publizist

Auch in Sachen Haushalts-, Energie- und Außenpolitik ging Kretschmer hart mit der Bundesregierung ins Gericht. Es könne doch nicht wahr sein, dass man mit neuen Schulden wettmachen wolle, was durch eine völlig verfehlte Wirtschaftspolitik schiefgegangen sei. Das habe die DDR in der Tat gemacht, und das habe in den Staatsbankrott geführt, warnte der Ministerpräsident.

Zudem drohe die Energiepolitik Deutschland völlig unwirtschaftlich zu machen, während im Umgang mit Russlands Krieg gegen die Ukraine eine diplomatische Allianz mit China, Indien und den BRICS-Staaten vonnöten sei. "Dazu braucht man Diplomaten, nur leider hat dieses Land gerade keine Diplomaten", bemängelte Kretschmer.

Kretschmer: klares Gefühl dafür, wie Russland ist

Das Verhältnis seiner sächsischen Landsleute zum gefährlichen Nachbarn, wie er Russland nannte, versuchte der gebürtige Görlitzer wie folgt zu erklären: "Die Sächsinnen und Sachsen haben ein ziemlich klares Gefühl dafür, wie Russland ist, wie brachial dieses Land auch sein kann, welche Größe, welche Kraft es auch hat." Die daraus abgeleitete Erkenntnis, dass es für die Ukraine nur mit Diplomatie und Zugeständnissen gehe, sei zwar bitter, aber der vermutlich ehrlichere Weg.

Ilko-Sascha Kowalczuk wollte sich von Kretschmers Argumentation nicht überzeugen lassen. Vielmehr erkannte der Historiker in den Äußerungen des CDU-Politikers ein Beispiel für das grundlegende Problem mit den radikalen Strömungen der Gegenwart. "Nicht die Gesellschaft rückt nach rechts, sondern der rechte Sprech rückt in die Mitte der Gesellschaft", so der Experte für die Aufarbeitung der SED-Diktatur.

Putin etwa wiederhole unentwegt, dass er an Verhandlungen kein Interesse habe. Kretschmers Forderung nach Diplomatie kommentierte Kowalczuk in diesem Zusammenhang mit den Worten: "Das ist Populismus, das ist AfD-Sprech, das ist BSW-Sprech." Dabei sei es die Strategie der AfD, Unsagbares immer sagbarer zu machen. "Und das ist ein Geschäft, was eben nicht nur die AfD und andere Faschisten betreiben, sondern was eben zunehmend auch Konservative betreiben", lautete Kowalczuks Vorwurf an die Union.

Historiker wirft CDU Doppelmoral vor

Die CDU solle sich zudem ehrlich machen, wenn es um das Verhältnis zur Linkspartei oder dem Bündnis Sahra Wagenknecht gehe. Dass die Christdemokraten überlegten, ausgerechnet mit der Kommunistin Sahra Wagenknecht zusammenzuarbeiten, während man entsprechend dem Unvereinbarkeitsentschluss jede Kooperation mit dem gemäßigten Linken Bodo Ramelow in Thüringen ausschließe, sei kaum zu erklären.

Der sächsische Ministerpräsident äußerte sich zwar kritisch zu Sahra Wagenknecht und ihrer neuen Partei BSW, wollte sich aber dennoch nicht festlegen. "Die Temperatur ist um fünf Grad gesunken, wenn sie den Raum betreten hat", sagte Kretschmer über Wagenknecht, mit der er während seiner Zeit im Bundestag nicht geredet habe. Der CDU-Politiker gehörte dem Parlament von 2002 bis 2017 an.

Das Bündnis Sahra Wagenknecht bezeichnete der sächsische Ministerpräsident als Medienkonstrukt und Mischung aus Kommunistischer Plattform, neokapitalistischen Unternehmern und Gewerkschaftsfunktionären. "Ich finde, man kann zu dieser Truppe gar nichts sagen. Nichts, gar nichts ist geklärt", befand Kretschmer.

Zusammenarbeit mit BSW als "kleineres Übel" denkbar

Elisabeth Niejahr zeigte durchaus Verständnis dafür, dass Kretschmer sich hinsichtlich eines unwahrscheinlichen, aber nicht unmöglichen Arrangements mit dem BSW nicht festlegen wollte. Die ehemalige Top-Journalistin leitet als Geschäftsführerin den Bereich "Demokratie stärken" der Gemeinnützigen Hertie-Stiftung. Das selbsterklärte Ziel der Nichtregierungsorganisation besteht in der Unterstützung von Menschen, die sich für die Demokratie einsetzen.

Als Situation, in der es nach den sächsischen Landtagswahlen am 1. September dieses Jahres für die CDU nötig werden könnte, in irgendeiner Form mit dem BSW zusammenzuarbeiten, nannte Niejahr den Fall, dass SPD und Grüne an der Fünfprozenthürde und damit am Einzug ins Landesparlament scheitern könnten.

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"Ich würde immer sagen, das soll man sich anschauen, wenn es so weit ist", riet die NGO-Vertreterin. Zwar werde eine Kooperation mit dem BSW für Kretschmer sicher sehr, sehr schwierig, trotzdem sei eine Situation denkbar, in der sie das kleinere Übel im Vergleich zu Absprachen mit der AfD wäre.

"Deswegen drückt sich die CDU glaube ich im Moment davor, irgendwelche Ausschlusserklärungen abzugeben, und ich kann das ehrlich gesagt auch nachvollziehen", erklärte Niejahr.

Es war eines von mehreren Beispielen in der Sendung, die deutlich machten, dass sich die CDU und ihr Ministerpräsident in Sachsen in einem Dilemma befinden. Am Ende könnte Kretschmer selbst auf bittere Kompromisse und eine diplomatische Allianz angewiesen sein.

Verwendete Quellen
  • ARD: Sendung "Caren Miosga" vom 5. Mai 2024
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